Personalberater mahnt

Cloud verlangt neues Denken vom CIO

09.08.2010 von Holger Eriksdotter
Unternehmen erwarten vom CIO intellektuelle Schärfe, Gestaltungswillen, das Verständnis als Business-Partner sowie Verhandlungsgeschick und die Fähigkeit, externe Partner zu steuern.

Cloud Computing wird die Enterprise-IT massiv umwälzen. Experten gehen davon aus, dass in den kommenden Jahren die Anzahl der IT-Mitarbeiter auf lediglich 25 Prozent der heutigen Größe schrumpfen wird. Mit der abnehmenden Workforce werde sich die Rolle des CIO dramatisch verändern: Entweder werde zum Leiter einer internen Shared Service Group oder aber zum Einkäufer und Manager von externen IT-Services.

Lutz Tilker, Partner bei dem internationalen Personalberater Spencer Stuart: "An den CIO werden heute andere Anforderungen gestellt als noch vor zehn Jahren."
Foto: Spencer Stuart

So schnell und so drastisch wird es vielleicht nicht kommen, aber Cloud Computing ist längst dabei, das Aufgabenfeld des CIO zu verändern: „An den CIO werden heute andere Anforderungen gestellt als noch vor zehn Jahren“, sagt Lutz Tilker, Partner und Berater für das IT-Top-Management bei Spencer Stuart. Die Personalberatung gehört zu den Top Five im internationalen Personalberatungsmarkt und beschäftigt weltweit 1300 Mitarbeiter in 17 Ländern. „Durch Cloud Computing muss er nicht nur den Betrieb und die strategische Planung der Inhouse-IT bewältigen, sondern zunehmend auch das Management der Beziehungen zu externen Partnern übernehmen“, sagt Tilker.

Natürlich ist es nicht so, dass CIOs keinerlei Erfahrung mit dem Outsourcing von einzelnen Aufgaben oder dem Einsatz von IT-Dienstleistern hätten. Ab einer gewissen Größe gibt es kaum ein Unternehmen, das nicht auf die Angebote von Service-Providern zurückgreift. Aber durch das immer kleinteiligere Angebot und die zunehmend branchenspezifische Ausprägung von Services aus der Cloud bekommt das Managen und Verzahnen von externen Services mit der eigenen IT-Organisation eine neue Dimension.

„Es gab vor einigen Jahren viele Fälle von Komplett-Outsourcing. Damit hatte der CIO lediglich eine zentrale Schnittstelle zum Service-Anbieter. Durch Cloud Computing wird daraus ein Beziehungsgeflecht mit einer Vielzahl von externen Schnittstellen, die der CIO managen muss“, sagt Tilker.

Er hat schon etliche CIOs in Unternehmen vermittelt – bis hin DAX-Unternehmen - und verzeichnet über die Jahre eine Veränderung in den Anforderungsprofilen. Standen vor einer Dekade noch der Betrieb der Inhouse-IT und das Selbstverständnis als interner Service-Dienstleister als zentrale Anforderungen ganz oben auf der Wunschliste, sind jetzt mehr Softskills gefragt. „Die Unternehmen erwarten heute von einem CIO einen weiteren Horizont, intellektuelle Schärfe, Gestaltungswillen, das Verständnis als Business-Partner, Verhandlungsgeschick und die Fähigkeit, externe Partner zu steuern“, hat Tilker beobachtet.

Branchen-, Business- und Prozess-Wissen wichtig

Das Fachwissen sei für Top-IT-Positionen dabei eine reine Selbstverständlichkeit. Mit der Zunahme an Cloud-Angeboten käme aber auch hier eine neue Dimension hinzu. Das Branchen-, Business- und Prozesswissen bekommt eine noch größere Bedeutung als in der Vergangenheit: „Angebote aus der Cloud erlauben in der Regel weniger Customizing als die Inhouse-IT. Der CIO bewegt sich deshalb in einem Spannungsfeld zwischen den generischen externen Services und internem Anpassungsbedarf. Er muss sich deshalb noch besser in den Businessprozessen auskennen als in der Vergangenheit“, sagt Personalberater Tilker.

Deswegen gehöre auch die Beobachtung des Anbietermarkts zu den wichtigen Aufgaben eines CIOs. „Ein IT-Top-Executive, der sich nicht intensiv mit seinem eigenen Markt beschäftigt, kann seine Aufgabe nicht mehr adäquat erfüllen, denn schließlich geht es heute um erheblich mehr als den Einkauf von ein paar Hundert Workstations“

Dabei nimmt wird nach seiner Einschätzung die Rolle des CIO im Unternehmenskontext zu. "Der CIO steht im Zentrum des Nervensystems eines Unternehmens", sagt der Personalexperte. Auf Seiten der CIOs sei indes ein Umdenken nötig. Denn wer seine eigene Stellung im Unternehmen lediglich nach der Größer der ihm unterstehenden Workforce berechne, werde es in Zukunft in IT-Führungspositionen schwer haben: "Die verbreitete Einstellung, möglichst keine Kohorten abzugeben, wird im Kontext von Cloud Computing natürlich problematisch."

Nach Tilkers Erfahrung ist diese Einstellung nicht vom Alter abhängig. „Cloud Computing und die sich ändernden IT-Landschaften verlangen eine andere Denke. Es ist keineswegs so, dass jüngere Leute diese automatisch mitbringen. Affinität und der Wille zur Veränderung ziehen sich in gleichem Maße durch alle Altersgruppen der IT-Verantwortlichen.“ Allerdings gebe es durchaus regionale Unterschiede. So seien Engländer und Amerikaner sehr viel offener für neue Entwicklungen als manches kontinentaleuropäische Unternehmen.

Geschwindigkeit verzeiht keine Fehler

Einen Big-Bang wird es nach Tilkers Meinung nicht geben. Cloud Computing werde langsam, aber stetig die IT-Landschaften der Unternehmen verändern. Vorerst gehe es noch darum, die eigene IT mit den externen Services zu Hybrid Clouds verzahnen. Der CIO steht dabei im Mittelpunkt der Umwälzung und seine zentrale Aufgabe sei es, die Veränderungen voran zu treiben. Ein Job mit viel Verantwortung - und wenig Spielraum für Fehlentscheidungen: „Anders als noch vor zehn oder zwanzig Jahren ist die Geschwindigkeit der Wirtschaft so gestiegen, dass sie keine Fehler mehr verzeiht.“