DRG-Einführung erfordert Umrüstung

Compliance zwingt Gesundheits-IT zum Umdenken

19.07.2005 von Dorothea Friedrich
Die IT im Gesundheitswesen steht vor großen Herausforderungen. Gesetzliche Vorgaben, aber auch die anstehenden Harmonisierungen im zersplitterten europäischen Gesundheitsmarkt zwingen Anbieter und Nutzer im öffentlichen und privaten Sektor zum Umdenken. Das ist das Ergebnis einer Studie des Beratungsunternehmens Frost & Sullivan.

Die europäische Gesundheitsindustrie wird sich demnach künftig verstärkt mit Compliance- und Sicherheitsfragen, aber auch mit Normierungen und Standards auseinandersetzen müssen. Diese unterscheiden sich zwar noch von Land zu Land. Doch die Bestrebungen der EU zur Vereinheitlichung machen auch vor Kliniken, Ärzten und Gesundheitszentren nicht Halt.

So muss die IT in immer größerem Umfang Programme zur Erfüllung von Corporate-Compliance-Anforderungen implementieren. Gesundheitsdienstleister sind darüber hinaus zunehmend mit gesetzlichen Anforderungen an die Ausfallsicherheit ihrer IT konfrontiert. Mit Blick auf Sicherheitsvorschriften müssen sich CIOs darauf einrichten, dass Zugriffsberechtigungen und –kontrollen immer enger gefasst werden.

Unter anderem sollen eigene Richtlinien künftig dafür sorgen, dass Anwendungen so konfiguriert werden, dass sie den besonderen Sicherheitsansprüchen im Gesundheitswesen und dem Schutz sensibler Daten entsprechen. Gefahren- und Schadens-Management sollen ebenso wie spezielle Tools interne und externe Schadensfälle erkennen, analysieren und im besten Fall verhindern.

In Deutschland hat außerdem die Einführung von so genannten Diagnosis Related Groups (DRG – Diagnose-bezogene Fallgruppen) Anbieter und Nutzer gezwungen, ihre Programme entsprechend umzurüsten.

Patienten suchen - nicht nur aus Kostengründen - längst grenzüberschreitend nach passenden medizinischen Angeboten. Deshalb sind spezielle Module für die Migration von Patientendaten zwischen Ländern, die DRG einsetzen und solchen, die es nicht verwenden, erforderlich.

Der lange Weg zur Vereinheitlichung

Gerade das Beispiel DRG zeigt, dass es in Europa mit der Vereinheitlichung im Gesundheitswesen längst nicht so weit her ist, wie das manche Funktionäre gerne hätten. Frost & Sullivan hat dafür verschiedene Ursachen ausgemacht:

Das sind beispielsweise die unterschiedlich aufgebauten Gesundheitssysteme in den EU-Mitgliedsländern. Demografische Faktoren spielen ebenso eine Rolle wie unterschiedliche Lebensstandards. Auch die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen oder der politische Stellenwert des Gesundheitswesens sind von Land zu Land unterschiedlich.

Nicht zuletzt sind die Infrastruktur der Gesundheitsindustrie, aber auch die Lobbytätigkeit großer Unternehmen, die ihren Absatz steigern wollen, von Bedeutung.

Das alles interessiert die IT einer Klinik zunächst nicht. Doch sie ist direkt in das nationale Gesundheitssystem eingebunden. Und daher haben die äußeren Rahmenbedingungen Einfluss auf interne IT-gestützte Abläufe.

So ist im öffentlichen Sektor der IT-Etat generell Teil des Gesamtbudgets der Einrichtung. Im privaten Sektor wird dagegen auch bei IT-Ausgaben mehr auf wirtschaftliche Aspekte geachtet. Hier spielt der Return on Investment (RoI) eine viel größere Rolle als im staatlich kontrollierten Gesundheitsbereich.

Effizienz und Kostenkontrolle

Lange Zeit lebten IT-Manager im öffentlichen Gesundheitswesen quasi stressfrei. Es gab ausreichend finanzielle Mittel, um Diagnostik, modernste chirurgische Ausstattung oder die Infrastruktur in Gesundheitseinrichtungen auf dem neuesten Stand zu halten. Das hat sich mittlerweile gründlich geändert.

Effizienz und Kontrolle der galoppierenden Kosten, ohne Abstriche bei der Qualität zu machen, stehen im Vordergrund. Diese Faktoren verlangen bei gleich bleibenden oder gar reduzierten Budgets nach entsprechenden IT-Lösungen.

Im privaten Sektor, der europaweit immerhin 30 Prozent des gesamten Gesundheitswesens ausmacht, sieht es etwas anders aus. Hier wurde immer schon in IT-Systeme und –Services investiert, um möglichst viele Vorteile der Technologie zu nutzen.

In diesem Bereich spielen, so die Studie, außerdem Haftungsfragen traditionell eine größere Rolle. Deshalb hat man schon frühzeitig auf entsprechende IT-Lösungen und –Systeme zurückgegriffen.

Für die Analysten von Frost & Sullivan hat die zunehmende Regulierung im europäischen Gesundheitsmarkt auch positive Auswirkungen auf die IT: Standardisierungen und die Verfügbarkeit von kompatiblen Lösungen für alles Segmente werden nach ihrer Meinung zu mehr Wachstum am Markt führen.

In seiner Studie "Strategic Analysis of the Impact of Regulations on the Healthcare IT-Markets in Europe" untersucht das Beratungsunternehmen Frost & Sullivan die Auswirkungen gesetzlicher Vorgaben auf die IT im Gesundheitssektor.