Mitarbeitermotivation

Das Problem sind die mittleren Manager

23.05.2016 von Christiane Pütter
Wer das Wort "Mitarbeiter" nur sagt, löst schon eine lebhafte Diskussion aus. Top-Entscheider sehen das Problem beim mittleren Management. Eine zu kurze Sicht, fand jedenfalls eine Expertenrunde in München.
Markus Klups von den "Zukunftsagenten" moderierte den Talk mit Coach Svenja Hofert, Publizist Edgar Geffroy, Dell-Experte Heiner Bruns und Markus Albers von der Agentur Rethink (v.l.)
Foto: Eva Thar/Dell

"Das ist ein Tsunami, der auf uns zurollen wird", verkündet Edgar Geffroy und meint damit Themen wie Fachkräftemangel und Mitarbeiterführung. Der Publizist und Berater ist einer von vier Experten einer Gesprächsrunde des IT-herstellers Dell im Haus der Bayerischen Wirtschaft in München.

Geffroy übernimmt gleich zu Anfang die Rolle der Kassandra. Vor 20 Jahren habe er bereits von der Macht des Kunden gesprochen, wofür man ihn bei Veranstaltungen rausgeschmissen habe. Heute stelle jeder den Kunden in den Mittelpunkt. Eine ähnliche Entwicklung prophezeit er seiner aktuellen These, die "Herzenssache Mitarbeiter" lautet.

Bewusstsein schaffen muss er dafür wohl nicht mehr. Geffroy selbst schildert Gespräche mit Top-Entscheidern so: "Sie brauchen nur das Stichwort Mitarbeiter zu nennen, und schon geht das hoch wie eine Rakete!" Allein seine Gesprächspartner setzten nicht bei sich selbst an, sondern reichten das Thema weiter. Er höre oft: "Das Problem sind nicht die Mitarbeiter, das Problem sind meine Manager", sagt Geffroy.

Eine zu kurze Sicht, da ist sich die Runde einig. Markus Albers, Chef der Berliner Agentur Rethink, identifiziert drei Ansatzpunkte in den Unternehmen. Das sind Folgende:

  1. Das Büro neu erfinden: "Es muss ja nicht überall aussehen wie bei Google", sagt Albers. Die Unternehmen müssten aber verstehen, was ein Büro für die kommende Mitarbeitergeneration ist: ein Ort, an dem sie ihre Kollegen treffen, statt eines "Arbeitsplatzes".

  2. Die richtigen Tools (etwa für vernetztes Arbeiten und Fernzugriff) bereitstellen: In diesem Punkt attestiert er deutschen Unternehmen Lernfähigkeit.

  3. Die Firmenkultur ändern: "Und das ist das Schwierigste", seufzt Albers.

Er appelliert an Unternehmen, diese Bereiche als großen Zusammenhang zu begreifen, statt wie bisher getrennt voneinander zu diskutieren. Albers: "ITler und Personaler sollten mal zusammen Mittagessen gehen!" Eine Forderung, mit der er bei Heiner Bruns, Dell-Experte zur Zukunft der Arbeitswelt, offene Türen einrennt. Wie Bruns beobachtet, wissen viele Firmen überhaupt nicht, was ihre Mitarbeiter mit der IT eigentlich machen. Das kann Albers bestätigen: Da schalte mancher Konzern um 18 Uhr die Server ab, damit die Mitarbeiter keine Mails mehr bearbeiten - diese aber leiten sich die Nachrichten einfach auf ihren privaten Account um.

Unternehmen sollen Mitarbeiter nach ihrer Motivation fragen

Coach Svenja Hofert umreißt den neuen Führungsstil, den Firmen brauchen werden, so: "Wer Ffhren will, muss Menschen lieben." Wie oft das Gegenteil der Fall ist, erlebt sie in ihrer Praxis. Geht es nach Hofert, sollten Unternehmen viel häufiger nach der Motivation der Mitarbeiter fragen. Leistung ist für sie eine Gleichung aus Wollen, Können und Dürfen. Derzeit schauten die Firmen zu stark auf das Können. Falsch, findet Hofert. Neue Skills könne sich fast jeder aneignen, wenn er will.

Hofert glaubt, dass sich Firmen aus zwei Gründen so stark auf nachweisbare Kompetenzen fokussieren: zum einen lassen sich diese leicht messen. Bei der Motivation eines Menschen ist das schon schwieriger. Zum anderen agierten viele HR-Abteilungen immer noch verwaltungsorientiert.

Dabei wäre es eigentlich ganz einfach, überlegt Markus Albers: "Die Unternehmen könnten doch ihre Mitarbeiter einfach mal fragen: Wie wollt ihr arbeiten?"

Top-10-Faktoren der Jobmotivation
Top 10 Faktoren der Jobmotivation
Die Studie der ManpowerGroup hat die zehn wichtigsten Faktoren der Motivation im Arbeitsalltag identifiziert.
1. Gutes Arbeitsverhältnis zu Kollegen und Vorgesetzten
Der menschliche Faktor zählt: 65 Prozent der Befragten sind motivierter im Job, wenn sie mit Kollegen und Chefs gut auskommen. 2014 waren es noch 77 Prozent.
2. Flexible Arbeitszeiten
Gleitzeit oder ein Arbeitszeitkonto bleiben wichtige Motivatoren, sind allerdings auf dem Rückzug. Nur jeden zweiten Arbeitnehmer (50 Prozent) spornt flexibles Kommen und Gehen an. Im Vorjahr war dies noch bei 67 Prozent der Fall.
3. Freundschaftliches Verhältnis zu Kollegen
Für 42 Prozent der Deutschen ist es wichtig, auch nach Feierabend den Kontakt zu anderen Kollegen zu pflegen und gemeinsam etwas zu unternehmen. Letztes Jahr war es 45 Prozent.
4. Kostenlose Getränke vom Arbeitgeber
Geringer Aufwand, große Wirkung: Für 33 Prozent Arbeitnehmer sind kostenlose Getränke am Arbeitsplatz motivierend für den Job – ein Prozent mehr als bei der Vorjahresbefragung.
5. Teamarbeit
33 Prozent der Arbeitnehmer haben mehr Spaß im Job, wenn sie häufig in Gruppen arbeiten. „Die Arbeitnehmer schätzen zwar den Kontakt zu ihren Kollegen – doch ständige Meetings und Arbeitsgruppen empfinden zwei Drittel eher lästig als motivierend“, sagt Herwarth Brune, Vorsitzender der Geschäftsführung der ManpowerGroup Deutschland.
6. Ansprechende Raumgestaltung
Die Büroatmosphäre hat auf ebenso wenig Befragte eine motivierende Wirkung. 32 Prozent arbeiten aus eigener Sicht produktiver, wenn die Optik im Büro stimmt. Das bedeutet drei Prozentpunkte Einbuße im Vergleich zum Vorjahr.
7. Betriebliche Gesundheitsförderung
Beratung durch den Betriebsarzt und vom Arbeitgeber bezahlte Präventionskurse sind gut für die Motivation. 31 Prozent der Mitarbeiter arbeiten befreiter, wenn sie wissen, dass ihr Unternehmen die Gesundheit der Angestellten fördert. 2014 waren es 38 Prozent.
8. Guter Kaffee
Augen auf beim Kaffeekauf: Für 28 Prozent der Mitarbeiter fördert die Qualität des Koffeingetränks die Motivation am Arbeitsplatz. Guter Kaffee rutscht damit in die Top 10 der Arbeitsmotivatoren und holt im Vergleich zu 2014 fünf Prozentpunkte auf.
9. Pflanzen im Büro
Grünpflanzen heben die Stimmung und sorgen für ein besseres Raumklima. Ein Prozent mehr als letztes Jahr, nämlich 27 Prozent der Befragten, können besser arbeiten, wenn Zimmerpflanzen im Büro stehen.
10. Motivation durch Büromöbel
Mit Investitionen in moderne Bürowelten können Arbeitgeber punkten: 25 Prozent der Arbeitnehmer lassen sich durch zeitgemäßes, ergonomisches Design motivieren – vier Prozent mehr als 2014.