Strategien gegen Spam

Den Briefkasten sauber halten

01.12.2003 von Lars Reppesgaard
Auf 2,5 Milliarden Euro jährlich schätzen Marktforscher den Schaden durch unerwünschte Mails (Spam) bei europäischen Firmen. Nur Filter und viel Handarbeit können den Verlust an Bandbreite und Speicher eindämmen.

Gerd Armbruster hat mal wieder E-Mails bekommen: von Ronda Bucker, Zane Ivey, Cathrin Burch und wie sie alle heißen. 192 Mails hat der Spam-Experte der Stadt Mannheim an einem Wochenende aus seinem digitalen Briefkasten gefischt - Hinweise auf Sexseiten, Virenwarnungen, Werbung für Wunderpillen und windige Investmentideen. "In diesem Jahr ist der Anteil von Spam-Mails massiv angewachsen", erklärt der Abteilungsleiter im Fachbereich IT genervt.

Werbemails sind für jede öffentliche Einrichtung und für jedes Unternehmen zum Problem geworden: Die unerwünschten Nachrichten vermengen sich mit Rückmeldungen von Kunden und blockieren so den Kontakt zum Außendienstler oder Lieferanten. 37 Prozent der Unternehmen beklagen, dass es sich bei mehr als der Hälfte aller E-Mails um Spam handelt. Dies ermittelte das Content-Security-Unternehmen Clearswift. Mehr als die Hälfte aller Unternehmen sieht die verursachten Produktivitätsverluste durch die Mail-Plage als "besorgniserregend" an. Die US-Marktforscher von Ferris Research schätzen den Schaden bei europäischen Firmen auf jährlich 2,5 Milliarden Euro. Selbst wenn kaum jemand auf die Massenwerbung hereinfällt, kostet das Aussortieren Zeit und Nerven. "Spam ist für mich eine Plage", erklärt Gerd Armbruster. "Als IT-Mensch weiß ich mit angeblichen Virenwarnungen umzugehen und lösche sie ganz einfach. Aber ein normaler Mitarbeiter weiß das oft nicht." Zudem frisst Spam Bandbreite und Speicherplatz.

Auch bei Gerolsteiner sprudelt Spam

Auch die Gerolsteiner Brunnen GmbH wird zugemüllt, berichtet der System- und Netzwerkadministrator Michael Lehnert; 300 Spam Mails verzeichne er jeden Tag. "Zum einen stört es die Arbeit, zum anderen fühlen sich viele beleidigt wegen pornografischer Inhalte." Schlimmer noch: Wichtige, gar geschäftskritische Nachrichten drohen in der Müllflut verloren zu gehen. Weil der Spam-Pegel trotz gesetzlicher Verbote und Software-Filterlösungen immer weiter ansteigt, steht mittlerweile - so befürchten Experten - das Medium E-Mail selbst auf dem Spiel: 25 Prozent der Menschen, die die Non-Profit-Organisation Pew Internet & American Life Project befragte, gaben an, ihre Mail-Nutzung einzuschränken, die Hälfte habe das Vertrauen in das Medium bereits verloren. 30 Prozent fürchten laut Pew, dass Filter eingehende Mails fälschlich löschten, 23 Prozent, dass ihre eigenen Mails die Empfänger nicht mehr erreichten.

Wenn aber das Vertrauen in das schnelle Medium verloren geht, dann ist ein Großteil der digitalisierten Geschäftsprozesse am Ende. "Wenn alle Spam-Mails durchgereicht würden, hätten wir ein Problem", sagt Lehnert. Gerolsteiner hat aus diesem Grund einen Spam-Filter im Einsatz, der 99 Prozent der Stör-Mails automatisch abblockt. Auf Einsicht seitens der Spammer kann er schließlich nicht hoffen, denn der kleine Täterkreis macht mit den Massen-Mails gute Geschäfte: 90 Prozent des weltweiten E-Mail-Mülls werden dem "Register Of Known Spam Operations" zufolge von gerade mal 180 Personen oder Gruppen verursacht.

Zufallsadressen, die immer stimmen

6000 Spam-Mails prasseln täglich auf die Rechner der Stadt Mannheim ein. Doch auch dort bleibt das Gros heute in einem Filter hängen. Dabei achtet eine Anti-Spam-Software auf auffällige Textbausteine und Absenderadressen. Außerdem sind heute mehr als 150 aktuelle Blocking-Listen online verfügbar. Diese füttern die Abwehrsoftware mit den aktuellsten Informationen über bekannte Spam-Server und Mailing-Aktivitäten.

Die Spam-Versender versuchen natürlich, die ungewollten Botschaften mit immer neuartigen Tricks und Absender-Adressen an den Filtern vorbeizuschmuggeln. Anti-Spam-Lösungen dürfen deshalb keine statischen Systeme sein, sondern sie haben flexibel zu arbeiten und eine Vielzahl von Erkennungsverfahren gleichzeitig zu nutzen. Allerdings müssen die Erkennungslisten - genauso wie die Signaturdateien einer Antivirensoftware - regelmäßig aktualisiert werden, damit die Filter richtig arbeiten.

Lehnert wendet bei Gerolsteiner pro Woche drei Stunden dafür auf, um die Spam-Filter zu kontrollieren, Stichwortlisten zu aktualisieren und neue Such-Codes einzuspielen. Bei der Suche nach dem richtigen Filter war dem Administrator vor allem Flexibilität wichtig, denn nicht alle eingehenden Mails werden mit derselben Genauigkeit untersucht. Selektives Vorgehen spart Zeit und Rechenleistung, erklärt Lehnert. "Wir haben viel mit externen Agenturen zu tun. Ihre Mails werden nicht so intensiv geprüft wie die unbekannter Absender." Dagegen werden Mails mit Anhängen, Bildern oder HTML-Tags grundsätzlich gecheckt. Ergebnis: Die Nutzer sind zufriedener, Gerolsteiner muss sich täglich mit 400 bis 500 Megabyte weniger an E-Mails herumschlagen.

Filter blocken auch die Falschen

Armbruster setzt in Stadt Mannheim dagegen auf automatische Updates. "Für mich war als Abteilungsleiter die entscheidende Frage: Wo sind die Administrationsaufwände minimal?" Aus diesem Grund hat er sich gegen eine kostenlos erhältliche Version des Programms "Spam Assasin" von Network Associates entschieden. Bei der kostenpflichtigen Variante müssen die Listen nämlich nicht händisch auf den neuesten Stand gebracht werden. 90 Prozent der Spam-Mails werden in Mannheim abgeblockt. Die 500 Mails, die durchkommen, sind für Armbruster weniger problematisch als die Möglichkeit, dass aus Versehen wichtige Mails herausgefiltert werden. Die verbleibenden Mails werden in einem automatisierten Prozess intern im Haus untersucht. 0,5 Prozent der gefilterten Mails erweisen sich als solche "false positives".

Es sind immerhin 15 Mails pro Tag und Empfänger, die in der gesamten Stadtverwaltung Mannheim letzten Endes doch noch ankommen. Aber damit kann man umgehen.