Welcher Bewerber den Job bekommt

Der Ehrliche ist nicht der Dumme

30.08.2017 von Andrea König
Ehrliche und Demütige sind besonders gut darin, Kunden oder Produkte zu betreuen. Das sagen US-Forscher. Narzissten dagegen eignen sich eher für andere Stellen.
Wenn Mitarbeiter viel mit Kunden zu tun haben, ist Ehrlichkeit ein echtes Leistungsplus.
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Wenn Forscher sich in der Vergangenheit mit dem Zusammenhang von Leistung im Job und Persönlichkeit beschäftigt haben, standen häufig fünf Persönlichkeitsmerkmale im Mittelpunkt: Extraversion, Neurotizismus (emotionale Instabilität), Offenheit, Annehmlichkeit und Pflichtgefühl. In den vergangenen Jahren haben Forscher eine sechste Komponente ausgemacht - Ehrlichkeit und Demut.

Wissenschaftler der US-amerikanischen Baylor Universität haben untersucht, inwieweit Ehrlichkeit und Demut etwas über unsere Leistung im Job aussagen. Sie kamen zu dem Ergebnis, dass Ehrlichkeit und Demut in Zusammenhang mit guter Leistung im Job stehen - und zwar stärker als die anderen fünf Persönlichkeitsmerkmale. Besonders wenn man sich in seinem Job um andere kümmert - etwa im medizinischen Bereich um Patienten oder auch ganz allgemein um Kunden - geben die Persönlichkeitsmerkmale Ehrlichkeit und Demut Rückschluss auf die Leistungsfähigkeit im Job.

Getrennt voneinander wurden Ehrlichkeit und Demut bereits in früheren Studien untersucht. Arbeitgeber bewerteten Ehrlichkeit stets als ein positives Persönlichkeitsmerkmal. Zum Zusammenhang von Demut und Leistung im Job gibt es weniger Forschungen, vermutlich weil das Merkmal schwer messbar ist. Die Wissenschaftler definieren Demut als die Fähigkeit, eigene Grenzen anzuerkennen und die Offenheit für den Rat von anderen. Eine Studie hat zum Beispiel nachgewiesen, dass Unternehmen mit einem demütigen CEO besonders gute Leistungen erreichten.

Weil die Forscher bei ihren Untersuchungen zum Ergebnis kamen, dass Ehrlichkeit und Demut mehr über die Leistungsfähigkeit im Job aussagen als die anderen fünf Persönlichkeitsmerkmale, regen sie Veränderungen beim Einstellungsprozess an. Arbeitgeber könnten bei der Bewerberauswahl gezielter darauf achten, wie stark Ehrlichkeit und Demut bei einem Bewerber ausgeprägt sind.

Sie halten das für besonders gewinnbringend, wenn man sich bei einer Tätigkeit intensiv um ein Produkt oder eine Person kümmern muss. Narzissten hingegen würden sich besser in Positionen machen, in denen Selbstvermarktung wichtiger ist als die Betreuung eines Produkts oder eines Menschen.

Neue Bewerber-Auswahl

Was die Forscher herausgefunden haben, hat in der Umsetzung allerdings Grenzen. Denn spätestens wenn auch die Bewerber mitbekommen, dass Ehrlichkeit und Demut Pluspunkte bei Personalern einbringen, werden sie sich bemühen, diese Persönlichkeitsmerkmale zu vermitteln. Ganz egal, ob sie sie tatsächlich mitbringen.

Wie gehen Unternehmen mit Bewerbern um?
Wie Unternehmen mit ihren Bewerbern umgehen sollten
In der "Career's Best Recruiters" Studie 2013 wurden die 500 größten Unternehmen Deutschlands auf ihre Recruiting-Bemühungen hin abgeklopft. Die Ergebnisse sind teils ermutigend, teils erschreckend.
Arbeitsalltag
Bewerbern ist es wichtig, den Arbeitsalltag und das Betriebsklima zu sehen. 47 Prozent der Unternehmen präsentieren sich so auf ihren Webseiten.
Exempel statuieren
Ein etwas altbackenes Mittel des Recruiting verfolgen viele Firmen immer noch: 62 Prozent der Unternehmen stellen exemplarisch einige ihrer Mitarbeiter als Testimonial vor.
Social Bewerbung
Firmen müssen sich mittlerweile auch gut auf Facebook, Xing und Co. präsentieren. Bewerber suchen Informationen über das Unternehmen auch auf diesen Seiten. Aber 18 Prozent der Top-500-Unternehmen ignorieren das vollkommen. Immerhin 56 Prozent der Firmen bewerben sich selbst aktiv bei seinen Bewerbern im Social Web.
Komm rein!
Jede Social Web Präsens verliert gegen gegen die 3D Experience. Einige Bewerber möchten ihren zukünftigen Arbeitgeber von innen sehen, bevor sie sich zu einer endgültigen Bewerbung entscheiden. Diesem Wunsch entsprachen nur 37 Prozent der Firmen.
Ab in den Müll!
Überraschend: Auch unter den Top 500 mögen einige die Initiativbewerbung nicht. 14 Prozent verweigern sich Bewerbungen aus Eigenantrieb völlig: Sie landen direkt im Papierkorb. Mehr als ein Viertel (26 Prozent) der versendeten Bewerbungen blieben, so die Studie, innerhalb eines Zeitraumes von zwei Wochen unbeantwortet. Wer hier den Prozess verbessert, dem entgeht das Potenzial nicht mehr.
Wir sind doch alle Individuen!
Zur Bewerberwertschätzung gehört es auch, auf die Bewerbung individuell zu antworten. Das bringen viele Unternehmen fertig. 63 Prozent der getestetene Firmen antworteten individuell, zwölf Prozent immerhin noch mit einem automatisch erstellten Schreiben.
Dont' Call Me Maybe
Offensichtlich haben viele Firmen Angst, dass Bewerber sie - huch! - anrufen könnten. Deshalb gaben wohl 45 Prozent der Unternehmen keine Telefonnummer an, unter der ein Bewerber sich genauer informieren konnte.
Die Top 5 der besten Recruiter Deutschlands
Welche Firmen ihren Bewerbern am meisten entgegenkommen, sehen Sie auf den folgenden Seiten:
Platz 5: Altana AG
Der Chemiekonzern belegte den fünften Platz im Ranking. Nach eigener Aussage habe man versucht, das Hochschulmarketing in den Vordergrund zu stellen. Wo der "große" Name fehlt, gibt man sich in der Rekrutierung besonders Mühe, um Bewerber anzulocken.
Platz 4: Freie und Hansestadt Hamburg
Ausgerechnet die etwas steifen und zurückhaltenden Hamburger landen auf Platz 4. Lässt man die Vorurteile beiseite, erkennt man schnell: Die Hansestadt gibt sich Mühe, transparent zu sein und setzt auf Online-Recruiting. Die Stadt ist sogar auf Xing vertreten.
Platz 3: Philips Deutschland GmbH
Der Elektrogerätehersteller konnte sich mit der Bewerberfreundlichkeit auf den 3. Platz retten. Besser war nur noch...
Platz 2: Krones AG
...die Krones AG. Mit einem umfangreichen Social Media Auftritt und einem sehr bewerberfreundlichen Verfahren machte der Abfüllanlagenhersteller den zweiten Platz.
Recruiting-Sieger Rewe
Am besten schnitt der Rewe Konzern in der Studie ab. Das Unternehmen gehe besonders wertschätzend mit seinen Bewerbern um, urteilten die Studienmacher.

Die Forscher Megan K. Johnson und Wade C. Rowatt von der US-amerikanischen Baylor University und Leo Petrini haben ihre Forschungsergebnisse unter dem Titel "A new trait on the market: Honesty-Humility as a unique predictor of job performance ratings" in der Zeitschrift Personality and Individual Differences veröffentlicht. An der Studie nahmen 269 Angestellte aus dem medizinischen Bereich teil.