Platz 2: Andreas Strausfeld, DAK

Der Revolutionär

28.11.2008 von Christoph Lixenfeld
Im kommenden Jahr wird Andreas Strausfeld nicht mehr CIO der DAK sein. Was durchaus als Erfolg seiner Arbeit zu werten ist.
Andreas Strausfeld, CIO der DAK.

ueine berufliche Welt verändert sich gerade in einem Tempo, dass Andreas Strausfeld kaum noch nachkommt mit dem Beschreiben der Strukturen. Im Fragebogen zum 'CIO des Jahres' hatte er über die "Ausgründung der DAK-IT zur 100-prozentigen DAK-Tochter Esanio GmbH" berichtet. Beim Interviewtermin, nur ein halbes Jahr später, sagt Strausfeld: "Die Esanio gibt es übrigens nicht mehr." Es ist mehr eine beiläufige Bemerkung als eine große Ankündigung. Und in der Tat handelt es sich eher um eine Petitesse gemessen an den sonstigen Umwälzungen rund um den DAK-CIO. Die wichtigste: Andreas Strausfeld wird im kommenden Jahr kein CIO mehr sein und auch nicht mehr Angestellter der DAK. Jedenfalls nicht direkt, sondern er ist dann einer von drei Geschäftsführern der BITMARCK Holding GmbH, einem IT-Dienstleister der Sozialversicherungsbranche (siehe Interview). Die DAK hält etwa 25 Prozent an dem Unternehmen. Esanio ist darin aufgegangen, und rund 300 IT-Mitarbeiter der DAK werden im kommenden Jahr für BITMARCK arbeiten.

Der Steckbrief von Andreas Strausfeld.

Das ist allerdings nicht der Grund, warum es Strausfeld bei der Wahl zum CIO des Jahres aufs Treppchen geschafft hat. Entscheidend war, wie er das komplexe Gebilde, dass die IT einer jeden Krankenkasse darstellt, vorher fit gemacht hat für diese Revolution.

Zentraler Ansatzpunkt war das Projekt "proDAK", die Integration von Prozessen und Arbeitsabläufen der fachlichen Kernanwendungen auf einer zentralen Plattform. Deren Name ist Programm: "DAKOR" steht für DAK KundenOrientierung, Ziel war es, den Kunden ins Zentrum aller Vorgänge zu rücken. "Wir wollten eine CRM-Lösung in Verbindung mit einer integrierten Vorgangssteuerung," erzählt Andreas Strausfeld. "Vorher waren die Kundendaten im Unternehmen über verschiedene Softwareapplikationen verteilt. Die Herausforderung bestand darin, all diese Informationen zusammen zu führen."

Dabei alles auf einmal und von Grund auf neu zu programmieren, kam nicht in Frage: zu groß, zu komplex das Vorhandene. Beispiel DAKIDIS: Allein diese Kernanwendung für die Mitgliederbestandsführung und das Beitrags-Management umfasst etwa 5.000 Programmmodule. Andreas Strausfeld und sein Team haben DAKIDIS ebenso wie andere Anwendungen in DAKOR integriert. Zentrales Werkzeug dabei war die Integrationslösung des CRM-Spezialisten Chordiant.

Zum Interview mit Andreas Straußfeld

Mit Hilfe von DAKOR sind die DAK-Mitarbeiter jetzt in der Lage, über eine einzige Oberfläche Zugriff auf alle Kundendaten zu bekommen, das Wechseln zwischen verschiedenen Anwendungen ist vorbei. Jeder Vorgang kann während der Bearbeitung an einen Kollegen weitergereicht werden. Schließlich ist die Integration von Daten- und Sprachnetz ebenso Teil von DAKOR wie ein Dokumenten-Management-System namens DMSplus. Das ermöglicht ein papierloses Bearbeiten von Anträgen und anderem Schriftverkehr. "Wir digitalisieren im Endausbau mit dem System täglich etwa 100.000 Eingangspoststücke. Das entspricht über zehn Tonnen Papier pro Monat," sagt Andreas Strausfeld.

DAKOR, in nur elf Monaten umgesetzt, war ein großer Schritt, dem allerdings viele nicht weniger wichtige folgen werden. Andreas Strausfeld wird die Entwicklung weiter vorantreiben, allerdings ab dem kommenden Jahr nicht mehr als DAK-CIO, sondern als einer von drei Geschäftsführern der BITMARCK Holding GmbH, Dachgesellschaft der zukünftig vier operativen Konzerntöchter. Eine von Strausfelds wichtigsten Aufgaben wird die Weiterentwicklung der Softwarelösung "IKSV 21c" sein, einer komplett neu geschaffenen Mega-Software für alle Aufgaben der gesetzlichen Krankenversicherung. Das modulare, Service-Orientierte System läuft im Piloteinsatz bei den ersten Kassen und wird - in einigen Jahren - vorhandene Systeme zur Kundenverwaltung wie das beschriebene DAKIDIS ablösen.

"Wir schaffen damit eine skalierbare und moderne Standardlösung für die gesetzliche Krankenversicherung," sagt Andreas Strausfeld, den es natürlich reizt, in dieser aufwändigen Inszenierung eine Hauptrolle zu spielen. Der Preis dafür: viel Arbeit. Im Augenblick kommt Strausfeld auf 60 Stunden in der Woche, "mindestens", wie er zugibt. Schließlich hat er aktuell zwei "Hüte auf“, einen DAK-Hut und einen BITMARCK-Hut. Ob die Menge der Arbeit in Zukunft abnimmt? "Das muss weniger werden, ganz klar. Meine Frau beschwert sich schon." Strausfeld hofft, dass der Stress Ende 2009 abnimmt, wenn die Integration der DAK-IT in die BITMARCK abgeschlossen sein wird. Dann will er sich auch mehr Zeit nehmen für sein - ziemlich seltenes - Hobby. Andreas Strausfeld ist Schwimmtrainer. Oder vielleicht sollte man lieber sagen: Schwimmlehrer. Während er früherer in seiner westfälischen Heimat eine Mannschaft der zweiten Bundesliga trainierte, bringt er heute Kleinkindern das Schwimmen bei. "Dabei kann ich total abschalten. Und es gibt nichts schöneres als die Freude einer Siebenjährigen, die gerade ihr Seepferdchen geschafft hat.“

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