CO2-neutral bis 2013

Deutsche Bank modernisiert Rechenzentren

14.10.2011 von Ariane Rüdiger
In zwei Jahren will die Deutsche Bank kohlendioxidneutral wirtschaften. Das geht nur mit einer IT-Infrastruktur, die die Power Usage Effectiveness verbessert.
Marc Banks, Domain Architect Eco-Efficient IT bei der Deutschen Bank: "Auch wir haben noch alte Anlagen mit schlechter Power Usage Effectiveness im Programm."
Foto: Deutsche Bank

Bisher galt "Green IT" häufig als Exotenthema, dem man sich widmete, um sich anschließend ein paar grüne Federn an den Firmen-image-Hut zu stecken. Doch langsam scheint sich das zu ändern.

Die Deutsche Bank jedenfalls positioniert das Thema seit 2008 oben auf ihrer Agenda. Damals verkündete das Geldinstitut, spätestens ab 2013 kohlendioxid-neutral zu wirtschaften. Mindestens die Hälfte der dafür nötigen CO2-Minderung möchte die Bank mit eigenen Aktivitäten erreichen, den Rest durch den kompensatorischen Erwerb hochwertiger Ausgleichszertifikate. Dazu muss auch die IT ihr Scherflein beitragen, was nebenbei die Energiekosten senkt.

Gerade in der Finanzwirtschaft, deren Geschäfte zunehmend im virtuellen Raum abgewickelt werden, gehört die IT-Infrastruktur zu den wesentlichen Energiefressern. Vorstand Hermann-Josef Lamberti verabschiedete ein Acht-Punkte-Programm, das unter anderem eine Halbierung des IT-Energieverbrauchs in den Büros und eine Vervierfachung der Energieeffizienz in den größeren Rechenzentren der Deutschen Bank vorsieht.

Neue Hardware im Rechenzentrum

"Reden über die Power Usage Effectiveness ist deshalb bei uns, inzwischen aber auch in vielen anderen Firmen, ganz normal", sagt Andrew Stokes, Chief IT In-frastructure Architect. Das energetisch beste Rechenzentrum kommt auf eine PUE (siehe Kasten unten).

PUE - Energieeffizienz messen

Die PUE (Power Usage Effectiveness) ergibt sich, wenn man den Stromverbrauch des gesamten Datenzentrums inklusive Kühl- und Klimatisierungsanlagen durch den Stromverbrauch ausschließlich der IT selbst teilt. Energie, die nicht in Form von Strom fürs Rechenzentrum verbraucht wird, etwa Ferngas oder Festbrennstoffe, fließt, nach festgelegten Faktoren in kWh-Äquivalente umgerechnet, in die Kalkulation ein.

Herkömmliche Rechenzentren haben häufig PUE-Werte zwischen 2 und 3. Das sollte eigentlich jedem Kostenrechner einen Schrecken einjagen. Denn das bedeutet, dass ein Rechenzentrum neben der Energie zum Rechnen noch einmal dieselbe (PUE 2) oder sogar die doppelte (PUE 3) Menge Strom für die Nebenaufgaben verbraucht. Und das ist schlicht Verschwendung. Ideal wäre ein Wert von 1,0 - dann würde alle verbrauchte Energie ausschließlich zum Rechnen verwendet.

"Auch wir haben noch alte Anlagen mit schlechter PUE im Programm", sagt Marc Banks, Leading Domain Achitect Eco-Efficient IT. "Rechenzentren, die schon zehn Jahre alt sind, solche in feuchtheißen Klimata oder welche, die Schritt für Schritt leer geräumt werden, während die Klimatechnik weiterhin vollständig da ist. Trotzdem messen wir unsere durchschnittliche PUE und arbeiten daran, sie dauerhaft zu senken."

Multicore-Prozessoren verbrauchen, relativ betrachtet, weniger Strom

Andrew Stokes, Chief IT Infrastructure Architect bei der Deutschen Bank: "Wenn es draußen heiß ist, können wir die Luftfeuchtigkeit auf 80 Prozent erhöhen, um das Konzept der Verdunstungskühlung zu maximieren."
Foto: Deutsche Bank AG

Zu den angestrebten RZ-Verbesserungen soll die Hardware - vor allem durch den Austausch alter Systeme - drei Viertel beitragen, der Rest kommt vom Facility-Management. Das funktioniert, weil es im Prozessordesign seit einigen Jahren nicht mehr um steigende Taktzahlen, sondern um effiziente Multicores geht. Sie verbrauchen, relativ betrachtet, erheblich weniger Strom.

Aber auch andere Methoden sind gefragt. Wie beim Deutsche-Bank-Rechenzentrum im Raum New York: Die seit 1985 betriebene Anlage befindet sich in einem 100 Jahre alten Werftgebäude. 2009 sollte das alte zunächst durch ein komplett neues Rechenzentrum ersetzt werden. Doch wegen der Wirtschaftskrise besann sich die Bank umzurüsten, um das Beste aus dem Vorhandenen zu holen. Auf einer Fläche von 500 Quadratmetern hat der Komplex heute eine Leistung von 27 kW pro Rack. Gekühlt wird mit Umgebungsluft mit einem Verdampfungskühler auf Wasserbasis, die dafür nötigen Einheiten stehen auf dem Dach. Für Notfälle gibt es ein traditionelles Stand-by-Kühlsystem. Bei Inbetriebnahme wurde besagter PUE-Wert von 1,17 gemessen.

Bei den Richtwerten für die Umgebungsbedingungen in Eco Data Centers legt die Deutsche Bank inzwischen großzügigere Maßstäbe an als die empfohlenen Werte des amerikanischen Verbandes der Kühl- und Klimatechniker ASHRAE. "Wenn es draußen heiß ist, können wir die Luftfeuchtigkeit auf 80 Prozent erhöhen, um das Konzept der Verdunstungskühlung zu maximieren", sagt Stokes. "Jede Serverspezifikation zeigt, dass die Geräte eigentlich mehr aushalten müssen."

Die strengen Grenzwerte hätten Gewährleistungsfälle vermeiden sollen. Doch heute verschiebt die teure Energie die Gewichte - das ändert auch die Standards. Empfohlen sind jetzt von ASHRAE schon 27 Grad Umgebungstemperatur im RZ. "Eine solche Anpassung der Standards geht in die richtige Richtung", so Stokes.

Gute Erfahrungen haben die Frankfurter auch mit einer ausgefeilten Steuerung der Luftzufuhr im Kaltgang gemacht. "Wir steuern die Ventilatoren so, dass sie sich nur so schnell drehen wie nötig. Der Energieverbrauch eines Lüfters entspricht der dritten Potenz seiner Umdrehungsgeschwindigkeit, deshalb wirkt sich hier jede Umdrehung weniger stark auf die Stromrechnung aus", erklärt Stokes. Dafür wurde mit einer Frankfurter Firma eigens eine Monitoring-Lösung samt Elektronik entwickelt. Anfang 2011 wurde das System in einem Londoner Rechenzentrum in Betrieb genommen, und die PUE sank direkt um zehn Prozent.

Einziger Anwender aus Deutschland

Aber man arbeitet auch kontinuierlich an ausgefeilteren Parametern für RZ-Effizienz. PUE nämlich sei teilweise ungenau. Ein Beispiel: "Wenn ein Serverlüfter besonders schnell läuft, ist das eigentlich negativ. Aber weil er in den Nenner der Berechnung eingeht, senkt dieser Lüfter den PUE-Wert, statt ihn zu erhöhen", sagt Stokes. Die Deutsche Bank ermittelt daher auch die Effizienz der IT insgesamt und die jedes Servers, bezogen auf die maximal mögliche Servereffizienz in Relation zum effizientesten Gerät, das sie einsetzt.

Als erster deutscher Anwender außerhalb der Provider-Branche ist der Konzern der weltweit bekanntesten Green-IT-Organisation The Green Grid beigetreten. Von Anfang an gehörte das Unternehmen zum Kreis der beratenden Mitglieder. Warum die Deutsche Bank bisher der einzige Vertreter deutscher Anwender ist, kann sich Stokes, der den Beitritt über die Deutsche Bank USA organisierte, nicht erklären: "Vielleicht ist dies für den einen oder anderen, dessen Muttersprache Deutsch ist, schwieriger. Wir jedenfalls wollten die Möglichkeiten eines solchen offenen Dialogs nutzen."

The Green Grid ist nicht die einzige "grüne" Organisation, die der Finanzgigant unterstützt. Auch im 2007 in San Francisco gegründeten Corporate Eco Forum ist die Deutsche Bank vertreten. Ihm gehören rund 100 internationale Großkonzerne mit einem Gesamtumsatz von drei bis vier Billionen Dollar an. Ein Vertreter der Deutschen Bank führt dort das IT-Forum, eine Untergruppe mit 30 Mitgliedern, die sich um Themen wie das papierlose Büro, IT-Recycling oder eben energieeffizientere Rechenzentren kümmern.

"Wir sind jetzt so weit, dass wir auch in der Öffentlichkeit über das reden, was wir bei Green IT tun", sagt Stokes. Man wolle das eigene Wissen weiterverbreiten. Stokes setzt dabei auf Lernen durch Nachahmung: "Vielleicht denken dann ja doch einige: Wenn das die Deutsche Bank kann, dann können wir das auch."