Analysten warnen vor Konservatismus

Deutsche Führungskräfte scheuen Change Management am stärksten

04.07.2008 von Christiane Pütter
Wer kein leistungsfähiges Change Management entwickelt, bleibt auf der Strecke. Wie die Analysten von Booz & Company herausgefunden haben, erweisen sich deutsche Manager dabei als die kräftigsten Bollwerke gegen Neuerungen.
Beim Change Management wird am stärksten gemauert, je weiter es nach unten geht.

Das mit der Lehre von Charles Darwin ist oft genug falsch verstanden worden. "Survival of the fittest" heißt nicht, dass die Stärksten überleben, sondern die, die sich am besten anpassen können. In einer globalisierten Welt mit ihren sich ständig verändernden Bedingungen sind die Zeiten, in denen Change Management belächelt wurde, denn auch vorbei. Auf Vorstandsebene hat sich mittlerweile durchgesetzt, dass nur "das lernende Unternehmen" eine Chance hat. Soweit die Theorie.

In der Praxis sind es aber nicht Vorstände, sondern Linienmanager, die Veränderungen im Unternehmen durchsetzen müssen. Und sie sind denn auch diejenigen, die Change-Programme ablehnen. In Zahlen: 25 Prozent der Studienteilnehmer erklären, das Senior Management blockiere in ihrem Unternehmen Veränderungen - gegenüber 46 Prozent, die die Front-Line-Belegschaft nennen und 40 Prozent, die Front Line Manager angeben.

Kein Wunder, so die Analysten. Veränderungen - egal, ob es um IT-gestützte Arbeitsabläufe geht, um neue Anwendungen oder was auch immer - stehen und fallen mit dem Menschen. Da der prinzipiell zur Gewohnheit neigt, ernten Change-Programme meist erst einmal Skepsis bis hin zum Zynismus. Damit klarzukommen, ist Aufgabe der Linien-Manager.

Ein Blick auf Deutschland zeigt, dass hier sogar 28 Prozent der Senior Manager negativ auf Veränderungsprogramme reagieren. Immerhin erweisen sie sich als lernfähig: 88 Prozent derer, die Erfahrungen mit Change Management haben, würden die Linienfunktionen bei einem neuen Projekt früher mit ins Boot holen.

Erfolgreiches Change Management nach Booz & Company.

Wer Veränderungen schnell und erfolgreich umsetzen will, dem legen Booz & Company folgende acht Schritte ans Herz: Zunächst müssen die Veränderungen (neudeutsch: "der Change") definiert werden. Danach müssen die Entscheider ein gemeinsames Bedürfnis ("Shared need") entstehen lassen, bevor eine von allen geteilte Vision entworfen werden kann.

Danach - bei Punkt vier - geht es ans Konkrete: Der Change muss geleitet werden, das heißt, die Führungskräfte müssen die Veränderungen aktiv anweisen und vor allem vorleben. Nur dann lassen sich - Schritt fünf - alle Beteiligten mobilisieren. Das bringt es mit sich, Verantwortlichkeiten festzulegen (Stufe sechs).

Ziel ist eine Unternehmenskultur, die auf Veränderungen flexibel reagiert

Im siebten und achten Schritt geht es schließlich darum, Systeme und Strukturen auf den Change abzustimmen, um die nötigen Veränderungen zu stützen - und eine Firmenkultur, die fähig ist, kommende Veränderungen ebenfalls umzusetzen.

Die Analysten betonen, dass es ohne eine solche Firmenkultur künftig nicht mehr geht. Arbeitsverhältnisse, Performance-Bewertung, Incentives - alles wird sich an den Kriterien der lernenden Organisation orientieren.

Damit rücken auch der Mensch und seine Befindlichkeiten stärker in den Fokus. Die Manager von Morgen müssen fähig sein, das zu erkennen und zu meistern. Ob in den USA oder in Deutschland.

Der Strategieberater Booz & Co hat für die Analyse "Change Management graduates to the boardroom" weltweit mit 353 Entscheidern gesprochen, die meisten davon aus Nordamerika und Europa.