Rentabilität und Arbeitszufriedenheit stimmen nicht

Deutsche Unternehmen sind ineffizient organisiert

16.12.2005 von Dorothea Friedrich
In mehr als der Hälfte der Unternehmen weltweit klappt die Organisation interner Abläufe nicht. Das hat Auswirkungen auf Rentabilität und Arbeitszufriedenheit, wie eine Umfrage des Beratungsunternehmens Booz Allen Hamilton ergab. Die Zahlen lassen sich auch auf die IT-Abteilungen übertragen. Sie wurden neben sieben weiteren Organisationseinheiten einer Firma in die Auswertung einbezogen.

Demnach haben nur knapp ein Drittel aller befragten Unternehmen und ihre IT-Abteilungen keine Defizite hinsichtlich Struktur, Informationsfluss, Verteilung und Abgrenzung von Entscheidungskompetenzen sowie Motivatoren für die Mitarbeiter.

Diese so genannten gesunden Unternehmen reagieren schnell auf Marktveränderungen, treffen rasch Entscheidungen und setzen sie auch um. Das zahlt sich aus.

"Gesunde Unternehmen weisen im Vergleich zu ungesunden doppelt so oft eine höhere Profitabilität aus als der Branchendurchschnitt", erklärt Irmgard Heinz, Geschäftsführerin von Booz Allen Hamilton.

Gute Organisationsstrukturen führen dazu, dass die Verantwortlichkeiten in den Unternehmen genau definiert sind. So geben hier 78 Prozent der Mitarbeiter an, dass in ihrer Organisation jeder genau weiß, wofür er zuständig ist.

In schlecht organisierten Firmen sind das nur 23 Prozent. Dort gehen 77 Prozent der Befragten davon aus, dass Entscheidungen rückwirkend in Frage gestellt werden.

Verblüffend ist ein weiteres Ergebnis. Drei Viertel der großen Unternehmen mit Umsätzen von mehr als zehn Milliarden US-Dollar haben schwache Organisationsstrukturen. Bei Unternehmen mit einem Jahresumsatz bis zu 500 Millionen US-Dollar Jahresumsatz) sind das nur 59 Prozent.

Schlusslicht Deutschland

Deutschland ist mit 57 Prozent der Firmen mit ungesunden Strukturen neben den Niederlanden (62 Prozent) und Großbritannien (64 Prozent) das Schlusslicht in Europa. Besonders bei den Motivatoren haben die Berater einen hohen Nachholbedarf in Deutschland ausgemacht.

Die Schweiz ist mit 64 Prozent gesunder Organisationsstrukturen am besten aufgestellt. Ein Kennzeichen für das gute Abschneiden ist, dass dort klare Zuständigkeiten bestehen, Informationsflüsse klar vordefiniert sind und somit Strategien schnell umgesetzt werden können.

Insgesamt schneidet jedes europäische Land besser ab als die USA (33 Prozent gesunder Organisationsstrukturen). Dort denken zu viele Manager nur an die nächsten Quartalszahlen und eigene Zielvereinbarungen. Sie betreiben keine langfristige Planung, wie die Studie herausgefunden hat.

Vitales China, kränkelndes Japan

Chinesische Firmen verhalten sich gegenläufig zum weltweiten Trend. 54 Prozent der Befragten haben eine gute Organisationsstruktur. In Japan sind das nur 19 Prozent.

Chinas gutes Ergebnis beruht unter anderem darauf, dass es einen überdurchschnittlich hohen Anteil an jungen Unternehmen gibt. Sie sind kleiner und dynamischer. Außerdem werden Entscheidungen schneller getroffen als bei sehr großen oder älteren Organisationen.

Energiekonzerne sind schlecht aufgestellt

Auch in den einzelnen Branchen hat die Studie Unterschiede herausgefunden. Die Versorgerindustrie hat mit 24 Prozent den geringsten Anteil an starker interner Organisation.

Auch im Gesundheitswesen (30 Prozent), der Investitionsgüterindustrie (31 Prozent) und der Hardware-Branche (32 Prozent) liegt die Zahl niedrig. Die Gründe dafür sind in langjährigen Regulierungen zu suchen. Sie haben zur Entwicklung großer Verwaltungsapparate und wenig optimaler Prozesse geführt.

Am besten schnitten der Immobiliensektor (45 Prozent), Industrie-Dienstleistungen und Nahrungs- und Genussmittel sowie der Handel ab (jeweils 42 Prozent). Hier hat der große Margendruck dazu geführt, dass viele Firmen ihre interne Organisation effizienter aufgestellt haben.

Top-Manager mit rosaroten Brillen

Gravierende Divergenzen gibt es in der Einschätzung des Status quo innerhalb der verschiedenen Unternehmensebenen. Insgesamt sehen 54 Prozent der Senior Manager ihre Unternehmen als organisationsstark an, während dies nur 33 Prozent des mittleren Managements und rund 30 Prozent der Mitarbeiter tun.

Vor allem Führungskräfte beurteilen die Situation oft positiver, als sie tatsächlich ist. Sie sind zu weit vom operativen Geschäft entfernt, um einen realistischen Blick zu haben

Wie die Untersuchung zeigt, ist in gesunden Unternehmen der Informationsfluss deutlich besser (61 Prozent). Dadurch fühlen sich Mitarbeiter in Entscheidungen einbezogen. In ineffektiven Firmen glauben nur 16 Prozent, dass es eine offene interne Unternehmenskommunikation gibt.

Das hat Auswirkungen auf die Außendarstellung: Eine gesunde Struktur schützt 78 Prozent der Befragten davor, widersprüchliche Nachrichten am Markt zu platzieren.

Für die OrgDNA-Umfrage wertete Booz Allen Hamilton 50.000 Unternehmensprofile aus 23 Branchen und rund 100 Ländern aus.