Firmen fordern mehr Beteiligung an der Implementierung

Deutscher Beratungsmarkt steigt auf 4,8 Milliarden

01.09.2008 von Nicolas Zeitler
Der Markt für IT- und Managementberatung wird bis 2012 um jährlich 1,7 Prozent wachsen. Stärker wird nach Ansicht des Beratungshauses Gartner die Trennung zwischen Firmen, die Beratung von der Stange liefern und solchen, die genau auf die Bedürfnisse ihrer Kunden eingehen.

Die vielzitierte "Beratungsresistenz" deutscher Unternehmen ist offenbar schwächer ausgeprägt als häufig angenommen. Das betont Michael von Uechtritz, Research Director beim Beratungshaus Gartner. Deutschland sei der zweitgrößte Beratungsmarkt in Europa, erklärte der Analyst in einer Vorausschau auf die Marktentwicklung der kommenden Jahre.

Michael von Uechtritz sagt für den Beratungsmarkt eine stärkere Differenzierung zwischen Leistungen "von der Stange" und maßgeschneiderten Konzepten voraus.
Foto: Gartner

Derzeit setzen Firmen mit IT- und Management-Beratung in der Bundesrepublik 4,5 Milliarden US-Dollar im Jahr um. Innerhalb der kommenden vier Jahre soll diese Zahl auf bis zu 4,8 Milliarden anwachsen. Der größte Treiber für den Beratungsmarkt ist von Uechtritz zufolge der Wunsch der Kunden, Geschäftsprozesse zu verbessern. 94 Prozent der IT-Dienstleister bieten laut dem Gartner-Anaylsten mittlerweile auch Beratung an, was auf dem Markt zu viel Konkurrenz führt.

Beratungsfirmen müssen künftig stärker als bisher auch Verantwortung für die Implementierung von Konzepten übernehmen. Die Kunden wünschten dies zunehmend, erklärte von Uechtritz. Bisher erstellten Berater im Rahmen von Projekten meist nur Konzepte. Immer öfter wünschten die Kunden aber auch eine Begleitung bei deren Umsetzung.

Die finanzielle Lage der Kunden gewinnt künftig weiter an Einfluss darauf, wie sich Beratungsfirmen am Markt aufstellen müssen, wie von Uechtritz erklärte. Die einen agierten vor dem Hintergrund gesunder Finanzen, die anderen müssten dringend Kosten senken. Vor allem diesen Unternehmen müssten Berater den "Mehrwert ihrer Dienstleistung" verständlich machen. Beratungsfirmen müssten auch überlegen, ob sie die Preise für eine Standardberatung möglicherweise senken, während Premiumleistungen teurer werden.

Diese Schere zwischen Beratung von der Stange und einem intensiven Eingehen auf die Anforderungen jedes einzelnen Kunden wird den Markt nach Erkenntnissen von Gartner stark prägen. Beratung, die sich eingehend mit den Kundenbedürfnissen auseinandersetze, sei sehr forschungs- und entwicklungsintensiv. Ein Anbieter, der dies leisten wolle, müsse unter anderem Mitarbeiter mit besonders hoher fachlicher Qualifikation haben.

Industrialisierte Beratung muss schnell umsetzbar sein

Für eine eher industrialisierte Beratungsleistung sind von Uechtritz zufolge hingegen eher methodisches Wissen und eine deutliche Abgrenzung zu Wettbewerbern erforderlich. Beratung von der Stange erfordere eine schnelle Umsetzung von Konzepten und ein Portfolio von innovativen Leistungen, die sich unkompliziert zu Paketen schnüren lassen.

Sowohl hoch individualisierte als auch standardisierte Beratung können nach Meinung des Gartner-Analysten derzeit nur vier Firmen in der Bundesrepublik leisten. Namentlich nannte von Uechtritz diese Consulting-Unternehmen nicht.

Bezahlung nach Erfolg

Mancher Beratungskunde kann womöglich bald mit einer veränderten Abrechnungsstruktur rechnen. Nach Ansicht von Gartner werden Konzepte an Bedeutung gewinnen, bei denen sich die Bezahlung der Berater streng am Erfolg eines Projekts misst. "Wenn sich ein Beratungsunternehmen das leisten kann, kann es durchaus ein Differenzierungsmerkmal sein", erklärte von Uechtritz. Allerdings sei diese Form der erfolgsabhängigen Bezahlung steuerlich für manche Kunden nicht attraktiv.

Möglicherweise werden Beratungsfirmen sich künftig verstärkt auch über das Thema gesellschaftliche Verantwortung zu profilieren versuchen. Ein Consulting-Unternehmen sollte sich beispielsweise überlegen, was es zur CO2-Reduktion tun könne, empfahl von Uechtritz seinen Branchenkollegen.