IT-Ausgaben im Ländervergleich

Deutschland nur Durchschnitt

27.06.2011 von Werner Kurzlechner
Laut einer Forrester-Studie steht Deutschland beim Volumen des IT-Markts klar vorn, beim Verhältnis der IT-Ausgaben zum Bruttoinlandsprodukt dagegen hinten.
Sieht wenig europäische Gemeinsamkeiten: Forrester-Analyst Andrew Bartels.
Foto: Forrester Research

Der west- und mitteleuropäische Markt für Informations- und Kommunikationstechnologie wächst in diesem und im kommenden Jahr auf solide Art und Weise. So weit sich überhaupt von einem gesamteuropäischen Markt sprechen lässt, denn trotz langjähriger Tendenzen der Vereinheitlichung und des Zusammenwachsens innerhalb der EU erweisen sich nationale Eigenheiten als erstaunlich schwer veränderlich. Deutschland ragt aus der Masse zwar wegen seiner enormen Marktmacht heraus, ohne aber mit besonderer Dynamik und IT-Affinität zu bestechen. Das geht aus einer aktuellen Studie von Forrester Research hervor.

Insgesamt legt der ITK-Markt 2011 in West- und Mitteleuropa laut Forrester um 3,8 Prozent auf ein Volumen von 553 Milliarden Euro zu. Im globalen Vergleich bleibt Europa damit weiter deutlich hinter den 738 Milliarden Euro in Amerika und den 675 Milliarden Euro im Großraum Asien-Pazifik zurück. Für 2012 prognostiziert Forrester in Europa ein deutlich stärkeres Wachstum von 6,8 Prozent auf ein Marktvolumen von dann 591 Milliarden Euro. Alleine die USA ohne die anderen amerikanischen Staaten liegen mit 641 Milliarden Euro deutlich über diesem Wert.

Gerade der Vergleich mit den Vereinigten Staaten über fünf Jahre zeigt typische Entwicklungsmuster. Das laufende Jahr erscheint dabei geradezu als Ausnahme, die einige eherne Regeln bestätigt. Nur 2011 legt West- und Mitteleuropa bei den Ausgaben für IT und Telekommunikation stärker zu als die USA, die in diesem Jahr mit Minus 0,1 Prozent einen kleinen Einbruch zu verzeichnen haben.

Schon für das kommende Jahr rechnet Forrester aber mit einem Plus von 12,9 Prozent in den USA, und die Schere öffnet sich wieder weiter. Die Ursache dafür ist, dass in Europa die ITK-Investitionen konsequent unter dem Wachstum des Bruttoinlandprodukts bleiben und in den USA genauso konsequent darüber. Lediglich für 2011 ist das in West- und Mitteleuropa laut Forrester anders, wenngleich minimal.

Insgesamt vier Prozent Wachstum gibt es derzeit in der Bundesrepublik, dem größten europäischen Teilmarkt. Das zeigt die Übersichtslandkarte von Forrester.
Foto: Forrester Research

Das Wachstumsfeld schlechthin in den kommenden beiden Jahren ist in Europa der Software-Bereich mit Zuwachsraten von 6,9 Prozent 2011 und sogar 9,8 Prozent 2012. Am anderen Ende der Skala liegt das Hardware-Segment. 2009 gab es hier bekanntlich einen krisenbedingten Einbruch, im vergangenen Jahr wurden dank der schnellen Erholung der Unternehmen massiv Investitionen nachgeholt. Dieses Plus von 8,4 Prozent flaut laut Forrester indes auf 4,3 Prozent und 5,4 Prozent 2011 und 2012 ab. Zwischen diesen Polen liegen die Zuwachsraten beim IT-Consulting samt Systemintegration sowie beim IT-Outsourcing. Für die Telekommunikationsdienstleistungen hingegen ist 2011 ein maues Jahr mit fast keinen Zuwächsen.

Skandinavien und Schweiz vorne

Soweit die Daten für die gesamte EU-Region, die Forrester selbst indes für allzu geglättet hält. Vor Jahren habe es so ausgesehen, als ob sich ein einheitlicher europäischer Markt für ITK-Lösungen herausbilde, so die Autoren Andrew Bartels und Peter O’Neill. „Diese Vorstellung hat sich aber mittlerweile als Mythos entpuppt“, konstatieren die Analysten. Aussagekräftiger als die Gesamtdaten sind demnach die Entwicklungen in einzelnen Ländern und Regionen. Die Analyse bedarf einer Differenzierung.

Das gilt schon alleine hinsichtlich der aktuellen ökonomischen Lage und Entwicklung. Die überschuldeten Euro-Länder Portugal, Griechenland und Irland geben zumeist weniger Geld für ITK aus als in den vergangenen Jahren, was angesichts der finanziellen Probleme dort kaum verwundert. Deutschland ist nach wie vor größter Teilmarkt innerhalb der Region und steht wirtschaftlich gut da, wird aber beim Wachstum insbesondere von skandinavischen Ländern getoppt.

Besonders aufschlussreich ist eine Übersicht, die die den prozentualen Anteil der ITK-Ausgaben am Bruttoinlandsprodukt seit 20 Jahren aufzeigt. Einer Gruppe von Ländern ist es hier seit etwa fünf Jahren gelungen, zum Vorreiter USA aufzuschließen: Dänemark, Schweden und Schweiz. Hier geht der Anteil tendenziell in Richtung vier Prozent, der Trend verläuft fast synchron zu den USA.

Hinter einer zweiten Gruppe aus Finnland, den Niederlanden und Großbritannien konnten Deutschland, Frankreich, Spanien, Österreich und Belgien über all die Jahre ihren Anteil zwar von zwei auf 2,5 Prozent steigern. Interessanterweise hat sich an den Abständen der Gruppen zueinander aber kaum etwas verändert. Es zeigt sich kaum also ein Trend zur Konvergenz – die letzte Gruppe mit Italien und den genannten Schuldenstaaten verliert aktuell sogar an Boden.

Das ITK-Marktvolumen für Deutschland gibt Forrester mit insgesamt 99 Milliarden Euro an. Das bedeutet klar Platz Eins vor Großbritannien mit 92 Milliarden Euro und Frankreich mit 85 Milliarden Euro. Zusammengenommen repräsentieren diese drei Länder die Hälfte des west- und mitteleuropäischen Marktes. Allerdings vermerken die Analysten, dass Deutschland und Großbritannien in diesem Segment deutlich enger beeinander liegen als dies dem Größenunterschied ihrer Volkswirtschaft entspräche.

Deutschland klar vorn beim IT-Consulting

Mit einem erwarteten Umsatzplus von vier Prozent insgesamt liegt Deutschland voll im europäischen Mittel, das es qua Marktmacht ohnehin entscheidend mitbestimmt. Dieser Umstand gilt im Grunde auch für jeden der genannten Teilbereiche. In Punkto Dynamik liegt die Bundesrepublik damit aber auch nur im Mittelfeld. Skandinavien weist mit einer Wachstumsrate von 7 Prozent hier einen deutlich besseren Wert auf, aber auch Großbritannien, Benelux, die Schweiz und Österreich sowie Zentraleuropa (Polen, Tschechien, Slowakei, Ungarn, Slowenien und die baltischen Staaten) liegen vor Deutschland.

Positiv gewendet bedeutet das aber auch eine hohe strukturelle Ausgewogenheit der ITK-Landschaft hierzulande, also ein weniger störungsanfälliges Gleichgewicht als anderswo. In allen Bereichen ist der hiesige Markt einigermaßen groß: 15 Milliarden Euro bedeuten Rang Eins im Hardware-Bereich, zehn Milliarden Platz Zwei bei Kommunikationsgeräten, 14 Milliarden Rang Drei bei der Software, 16 Milliarden mit Abstand Platz Eins beim IT-Consulting, 12 Milliarden Platz Zwei beim IT-Outsourcing und 32 Milliarden Rang Eins bei den Telekommunikationsdienstleistungen.

Die Studie „European Information And Communications Technology Market 2011 To 2012“ ist bei Forrester Research erhältlich.