Daimler-CIO Gorriz

Die Balanced Scorecard bei der Daimler IT

11.02.2010 von Riem Sarsam
Michael Gorriz, CIO des Jahres 2009, IT-Verantwortlicher des Daimler Konzerns kann mit Hilfe einer Balanced Scorecard den Wert der IT nachweisen.
Daimler CIO Michael Gorriz.
Foto: Joachim Wendler

Zunächst mussten Vorurteile aus dem Weg geräumt werden: Der Ruf der Balanced Scorecard ist lädiert. Sie liefere nur eine historische Betrachtung etwa, ihre Ergebnisse seien oberflächlich.

Nicht für Michael Gorriz: Er sieht durchaus viele positive Seiten an einer Balanced Scorecard. Richtig angewendet, unterstützt sie die Strategie, kann durchaus aktuell sein und „sehr operativ“.

Und: Warum soll nicht auch in der Administration möglich sein, was in der Produktion des Automobilherstellers schon seit langem selbstverständlich ist? Ein Blick in die Fertigungsherstellung zeigt ein großes Ziffernbord, das hoch oben montiert ist – von allen sichtbar. Es zeigt an, wie der Stand der Produktion gegenüber dem Soll ist, in welcher Geschwindigkeit das Band läuft und – und das stelle man sich mal für die Verwaltung vor – das Bord zeigt, wo wem ein Fehler unterlaufen ist.

Wie könnte nun das Pendant einer solchen Kontrolle für das Management der IT aussehen? Vor rund acht Jahren begann die IT diese Frage zu diskutieren und die Antwort lautete: eine Balanced Scorecard, kurz BSC, die die wesentlichen Prozesse in der IT sichtbar macht.

Nur mit einheitlichen Abläufen

„Das lässt sich nicht einfach über eine Organisation stülpen“, warnte Gorriz die Zuhörer. Auch die Organisation des Unternehmens ist für die Umsetzung der BSC nicht entscheidend. „Wichtig ist die Ablauforganisation.“ Auch die Frage, welche Kriterien ausgewählt werden sollen, spielt eine zentrale Rolle, und wie und warum sie gemessen werden. Die Ziele müssen nachvollziehbar sein, sonst wird das zentrale Anliegen scheitern: die Arbeit der IT sichtbar zu machen und damit auch ihre Erfolge nachweisen zu können.

Michael Gorriz

Um weltweit einen Überblick zu bekommen, müssen also einheitliche Prozesse geschaffen werden. Diese können dann von Tools unterstützt werden, die von allen Mitarbeitern gleich verstanden werden und die entsprechende Werte aus der täglichen Arbeit – quasi nebenher – generieren können.

Gorriz führte einige Beispiele an, welche Werte die IT-BSC von Daimler ausweist: Gemessen werden die Köpfe – ergo die Ressourcen. Gemessen wird, wie sicher die Applikationen sind. Dies erfolgt anhand der Zahl der Security Assesments. Oder wie viele positive Business Cases die IT-Projekte bringen. „Mein persönliches Hobby“, schmunzelt Gorriz.

Wie viele Innovationen liefert eigentlich die IT, lautet eine andere Frage. Wie unterstützt sie das Geschäft. Mit anderen Worten: wo der Hebel der IT ist. Beispielsweise anhand der ausgefallenen Arbeitsstunden. Gorriz will aber auch wissen, wie viele PKWs oder LKWs aufgrund von IT-Störung nicht produziert werden. Und und und. Insgesamt 20 Kriterien werden monatlich zu einem Report zusammengefasst und allen Kollegen – im Business wie der IT – vorgelegt.

Und es wirkt: Der Dialog zwischen dem Geschäft und der IT intensiviert sich, spätestens wenn die Beziehung zwischen IT und Produktion an einer Zahl aus der Produktion zu messen ist. Es verändert sich aber auch das Bild der IT in den Augen anderer Verantwortlicher: Der Umstand, dass bislang nur schlechte Nachrichten bis in den Vorstand vordrangen, sorgte dafür, dass dort der Eindruck vorherrschte, nichts würde funktionieren.

Dank einer Gesamtübersicht zu den derzeit rund 700 Projekten bei Daimler kann dieser Eindruck korrigiert werden. Die BSC zeigt nicht nur, wie viele Vorhaben aktuell umgesetzt werden. Sie zeigt zudem, dass es sehr wohl einen Großteil an Projekten gibt, die ohne Probleme zu Ende geführt werden.

Einsatz für eine Balanced Scorecard lohnt sich

Dass der CEO nun genau sehen, kann wie viel nicht funktioniert, wertet Gorriz nicht als Nachteil. „Es gibt schließlich Gründe, warum die Ampel auf Rot steht“, sagt er. Diesen könne man dann nachgehen. Viele rote Ampeln beispielsweise deuten darauf hin, dass man sich in der Menge übernommen hat.

Ein gut gefüllter Saal während des Vortrags von Michael Gorriz.

Fazit: Der Einsatz für eine Balanced Scorecard lohnt sich. Die IT besitzt damit einen Ausweis, der ihre Leistung bescheinigt – eine Visitenkarte, die jeder lesen kann. Ach ja, nicht zu vergessen, Gorriz hat natürlich auch gemessen, wie viel ihn der monatliche Report kostet. Es sind gerade einmal 1,5 Aufwand Manntage.