Diskussion um Prognosen für 2022

Die CIO-Wetten im Stresstest

03.04.2012 von Horst Ellermann
Im CIO-Jahrbuch 2012 haben IT-Chefs gewettet, wie das Jahr 2022 aussieht. In vier Roundtable-Debatten haben CIOs darüber diskutiert. Hier der Stand der (Gegen-)Wetten.
Wettkönig Sven Lorenz: Der CIO von Porsche erhielt mit 66 Stimmen den größten Zuspruch für seine Cloud-Wette.
Foto: Joachim Wendler

"Ich wette, dass in zehn Jahren Cloud-Services so selbstverständlich sind wie heute Mobilfunk oder Stromversorgung", schreibt Sven Lorenz, CIO von Porsche, im CIO-Jahrbuch 2012. Vor zehn Jahren hat die IT-Community den Harvard-Professor Nicolas Carr für die gleiche These noch geteert und gefedert. Heute wettet keiner mehr dagegen. Sowohl bei der Buchpräsentation als auch bei drei weiteren Präsentationen im Microsoft Executive Circle erhielt Lorenz abgesehen von zwei Enthaltungen nur Zustimmung. 66 IT-Manager wetteten für ihn. Dagegen: keiner (n = 68).

Edgar Aschenbrenner, CIO bei E.ON, wettete, dass es in zehn Jahren keinen Job mehr ohne IT gibt – 26 Gegenstimmen.
Foto: Joachim Wendler

Wettkönig Lorenz hatte allerdings auch den Vorteil, dass er bei der Buchpräsentation seine Wette selbst begründen konnte. SAP-CIO Oliver Bussmann hingegen war verhindert und erntete prompt die meisten Gegenwetten. "Ich wette, dass relationale Datenbanken in zehn Jahren im Enterprise-Umfeld keine große Rolle mehr spielen", erklärte der Hana-Promoter. Fünf IT-Manager wetteten dafür, 57 dagegen.

Beiden Wetten ist gemein, dass sie nicht eindeutig quantifizierbar sind. Formulierungen wie "so selbstverständlich wie Strom" oder "ohne große Rolle im Enterprise-Umfeld" verleiten die Diskutanten zum Polarisieren.

Rainer Janßen, CIO der Munich Re: "100 Prozent aller Technologien sind in zehn Jahren weiter im Rennen" - 55 Gegenstimmen.
Foto: Joachim Wendler

Dabei sind derlei Wetten nicht zwingend die spannendsten. Den meisten Diskussionsstoff boten die Thesen, bei denen sich das Publikum so gar nicht entscheiden konnte, ob es dafür oder dagegen wetten soll, zum Beispiel:

"Ich wette, dass in zehn Jahren die Hälfte aller von der IT zu betreuenden Mitarbeiter nicht mehr aus der eigenen Belegschaft stammt", erklärte zum Beispiel Hans Rösch, Business Division Information Officer beim Stromerzeuger Vattenfall. Zulieferer, Leiharbeiter, Freelancer und andere Outsourcing-Dienstleister müssten 2022 genauso oft eingebunden werden wie eigene Kollegen. Für die interne IT heiße das: Sicherheitsrichtlinien anpassen, argumentiert Rösch. 29 IT-Manager wetten dafür, 34 halten das für übertrieben.

Neues Event-Format: Nach fünf Minuten Impulsvortrag wird diskutiert und gewettet.
Foto: Joachim Wendler

"Ich wette, dass in zehn Jahren ein Großteil der Unternehmen E-Mails als Kommunikationsmedium verbannt haben wird", sagt Daniel Hartert, CEO von Bayer Business Services. Wikis, Chats, Blogs, Foren und Videokonferenzen seien die besseren Verbreitungswege für Informationen in Unternehmen. Harterts Kollege Matthias Moritz, CIO von Bayer HealthCare, verteidigte dieses These beim Microsoft Executive Circle in Köln so vehement, dass am Ende 21 IT-Manager dafür wetteten und die Zahl der Enthaltungen gegenüber Frankfurt und München anstieg. 28 Zuhörer hielten aber immer noch dagegen.

"Ich wette, dass in zehn Jahren 80 Prozent der Menschen in Deutschland ihr privates IT-Equipment in der Firma nutzen", erklärte Steffen Roehn, beim Erscheinen des Buches noch CIO der Telekom. Die Generation der Digital Natives werde sich nicht mehr vorschreiben lassen, welchen Standard-PC man im Job zu nutzen habe, argumentiert Roehn. Integrationsaufwand hin oder her: Bei iPads und allem, was in zehn Jahren noch auf uns zukommt, zählt die emotionale Bindung an das (eigene) Gerät. 39 IT-Manager wetten dafür, 24 halten das für übertrieben.

Das CIO-Jahrbuch 2012.
Foto: IDG Business Media GmbH

"Ich wette, dass in zehn Jahren 100 Prozent aller Technologien weiter im Rennen sind", skandierte Rainer Janßen, CIO der Munich Re. "Ich hoffe nicht", textete ein anonymer Besucher unter das Thesenplakat. Janßen erhielt hinter Bussmann die zweitmeisten Gegenstimmen: Neun IT-Manager wetten für seine These, 55 dagegen.

Leider konnten bei den vier Roundtables nicht alle 38 Thesen aus dem Jahrbuch 2012 diskutiert werden. Das soll sich ändern: Im Jahrbuch 2013 werden weniger Thesen ausführlicher beschrieben (siehe Kasten).

Call for Papers - Autoren gesucht

Auch im nächsten Jahr wird die CIO-Redaktion ein Jahrbuch herausgeben. Neben dem Faktenteil zu Deutschlands 150 größten Unternehmen gibt es erneut einen Ausblick auf die Welt in zehn Jahren. Diesmal dürfen die Autoren ihre Thesen auf bis zu zehn Seiten erklären. CIOs sind als Autoren gerne gesehen. Thesen bitte an horst.ellermann@cio.de schicken (Einsendeschluss 1. Mai 2012).

Das Jahrbuch 2013 wird am 23. November 2012, also am Morgen nach der Gala zum "CIO des Jahres", im Bayerischen Hof in München vorgestellt. Autoren erhalten selbstverständlich freien Eintritt zur Gala.