Job-Profile bei Kingfisher

Die drei Rollen eines CIOs

06.11.2007 von Jean-Jacques Van Oosten
Diese Profile sollte ein guter IT-Manager abdecken: 1. Cheap Information Officer, 2. CIO im klassischen Sinne und 3. Chief Innovation Officer. Man achte auf die Reihenfolge, sagt Jean-Jaques Van Oosten, CIO des Handelsunternehmens Kingfisher aus London.
Jean-Jacques Van Oosten, CIO von Kingfisher: "Seien Sie demütig, nehmen Sie zur Kenntnis, wenn Sie einen Fehler gemacht haben oder Ihr Team gerade einen macht."

Um die Kunst des Möglichen zu entdecken, um Visionen zu kommunizieren und um Menschen vom Wandel zu überzeugen, müssen Sie auf drei Arten CIO sein. Ich meine damit nicht, dass es drei Leute braucht, um den Job des CIO auszufüllen - auch wenn viele Kollegen das behaupten. Ich will sagen, dass Sie in drei verschiedene Rollen schlüpfen müssen. Bei Kingfisher, dem weltweit drittgrößten Händler für Heimwerkerbedarf, arbeite ich mit diesem Ansatz, um die IT global auszurichten.

Unsere Change-Reise begann vor zweieinhalb Jahren. Wie bei den meisten CIOs, die neu in eine Firma kommen, war die initiale Herausforderung, die operative Effizienz zu optimieren. Diesen Job nenne ich den "Cheap Information Officer", die erste der drei CIO-Rollen. Ich habe angefangen, mir die IT-Kosten in allen unseren elf Märkten anzugucken und sicher zu stellen, dass wir transparenter werden. Gleichzeitig bin ich auf den Lastwagen mitgefahren und habe hinter der Kasse gestanden, um das Verhalten der Kunden zu beobachten. Genau an diesen Stellen müssen wir uns als neue CIOs Respekt verdienen, insbesondere, wenn wir Geschäftswandel anregen wollen. Es hat uns ein ganzes Jahr gekostet, um die Herzen und die Köpfe der wesentlichen Business-Leader zu erobern und die richtigen Mitarbeiter an Bord zu holen. Wir haben dabei mehrere hundert IT-Mitarbeiter aus ihren lokalen Einheiten in eine zentrale Abteilung überführt, "Kingfisher IT Services" (KITS).

Erst die Leute, dann Zielarchitektur

Auf dem nächsten Teil der Change-Reise haben wir die IT an die Geschäftsstrategie angepasst. Bei diesem "Alignment" habe ich die traditionelle Rolle eines Chief Information Officers als Business-Partner übernommen. Im Handel meint Alignment, dass ich IT dazu nutze, Ressourcen in verschiedenen Verkaufskanälen zu bündeln und Chancen für neue Marken zu schaffen - während ich weniger Kapital verbrauche. Als wir die richtigen Leute dafür an Bord hatten, haben wir unsere Zielarchitektur und unser IT-Betriebsmodell überdacht, debattiert, gebaut und erweitert. Zum Beispiel haben wir Prozesse und Systeme in unseren Brico Depot Stores vereinfacht, um näher an die Kunden zu kommen. Unsere Mitarbeiter haben jetzt Echtzeit-Daten über alle verfügbaren Artikel. Kundenwünsche können sie sofort bearbeiten, ganz gleich ob der Kunde im Laden steht oder mobil ordert.

Als respektierter IT-Manager und vertrauenswürdiger Business-Partner war ich jetzt in der Position, die dritte CIO-Rolle auszufüllen, den "Chief Innovation Officer". Als solcher können Sie dauerhaft Unternehmenswert schaffen und Ihre Firma in neue Geschäftsbereiche führen. Wir haben dabei vielen unserer Führungskräfte durch ein Szenario die Augen geöffnet, wie sich die Einkaufswege in Zukunft ändern beziehungsweise wie sie sich bereits geändert haben: Unser Musterkunde, Herr Braun, erledigt dabei alle seine Nachforschungen über ein Produkt vor seinem Einkauf. Er recherchiert im Web 2.0 und trägt dort nebenbei zur kollektiven Intelligenz seiner Einkäufer-Community bei. Erst dann betritt er einen Laden, den wir "Store of the Future" genannt haben (hat nichts mit dem "Future-Store" der Metro zu tun, Anm. d. Red.). Herr Braun wird dort über sein Handy wiedererkannt. Da sein Profil und seine Wünsche bekannt sind, erhält er elektronisch Vorschläge zu den 35.000 Artikeln, die für ihn relevant sind.

Wir sind noch weit davon entfernt, den "Store of the Future" zu realisieren. Aber die wesentlichen Schritte dazu sind bereits getan, indem wir eine IT-Einheit, eine Architektur, eine Operationsmodell und eine IT-Belegschaft für alle Marken von Kingfisher in Europa und Asien geschaffen haben. Natürlich hatten die Führungskräfte dabei Bedenken, die für sie tätigen IT-Teams zu verlieren. Niemand gibt gerne Kontrolle ab. Aber wir haben eine Governance-Struktur geschaffen, in der die Senior Executives in einem eigenen Gremium die Entscheidungen über Personal, Services und Prozesse treffen. Ich unterstütze dieses Gremium, aber ich bin nicht der CIO, der zerrt und zieht. Das Gremium treibt seine eigene Agenda - und es treibt sie weiter, als ich das tun könnte.

Verkaufen auf allen Kanälen

Das Führungsgremium heißt IT Executive Board oder ITxB. Ein Executive Director sitzt ihm vor. Er trifft sich vierteljährlich mit sieben Mitgliedern, um unsere Strategie weiter voranzutreiben. Wir sind jetzt gerade dabei, Business-Prozesse wie den Multikanalverkauf, den Installationsservice für die Kunden daheim und die Lieferkette für unsere Marken neu zu verorten. Ich kann jetzt noch nichts Genaueres zu diesen Themen sagen, weil sich das alles zu einem signifikanten Wettbewerbsvorteil zusammenaddieren wird, der in einem Jahr evident sein sollte. Es gibt jedoch schon eine ganze Reihe von Lehren, die man aus unserem Change-Prozess ziehen kann.

Die erste ist: Seien Sie demütig; nehmen Sie zur Kenntnis, wenn Sie einen Fehler gemacht haben oder wenn ihr Team gerade einen macht; nehmen Sie den Fehler an und lernen Sie von ihm. Einer der häufigsten Irrtümer ist, zu schnell zu sein. Irgendwer im Unternehmen wird sowieso frustriert sein, weil Sie nicht schneller sind. Aber Sie müssen ein Schritttempo vorgeben, das Herausforderung genug darstellt und von der Organisation noch zu bewältigen ist. Sie werden das richtige Schritttempo erkennen, wenn Sie Ihre Unternehmenskultur genau anschauen.

Verbunden damit ist Folgendes: Ich habe gelernt, dass es überhaupt keinen Sinn hat, nach absoluter Perfektion zu streben. Wer auf Perfektion beharrt, wird von Kunden und Mitarbeitern nicht respektiert, weil wir nun einmal nicht in einer perfekten Welt leben. Sie müssen Menschen herausfordern, aber nicht über das Maß hinaus, was sie in Ihrer Organisation erreichen können. Beispiel: In einer idealen Welt würde man die Strategie entwickeln und dann die richtigen Leute engagieren, um sie umzusetzen. Aber es ist viel realistischer, die richtigen Leute zu holen und mit ihnen zu überlegen, wo man hinwill und wie man dort hinkommt.

Beim Wandel in Vorleistung gehen

Change ist eine Team-Anstrengung. Es bringt nichts, Grabenkämpfe zu führen. Als CIO müssen Sie beim Wandel in Vorleistung gehen. Damit Wandel jedoch erreichbar und dauerhaft wird, muss das Team dahinterstehen. Teams halten Sie bescheiden (es geht nicht immer um Sie) und menschlich (Sie werden Ihr Team verlieren, wenn Sie die Menschen falsch behandeln). Teams können dann effektiv arbeiten, wenn sie einen klaren Auftrag haben, der die Werte verkörpert, die Sie für Kunden oder Shareholder schaffen wollen. Einige Mitarbeiter werden Ihnen sagen: "Sie sind die Führungskraft, Sie werden uns sagen, wo es langgeht." Meiner Ansicht nach ist das falsch, so sollten Sie nicht sein. Um neue Herausforderungen und Chancen zu erkennen, ist es viel effektiver, als Katalysator zu wirken und kontinuierlich nach neuen Verbesserungsmöglichkeiten zu suchen.

Schließlich und endlich: Auf allen Stationen Ihrer Change-Reise dürfen Sie das Operative nicht aus den Augen verlieren. Das ist Ihr Brot-und-Butter-Geschäft. Dafür brauchen Sie ein starkes Team, an das Sie delegieren können. Das operative IT-Geschäft muss wie ein Schweizer Uhrwerk laufen, sonst werden alle Ihre Change-Bemühungen zum Stillstand kommen.

CIO-Council: Das Forum für Ideen.

Ich bin in der glücklichen Lage, ausreichend respektiert zu werden und genügend Macht zu besitzen, um Wandel tatsächlich geschehen zu lassen. Wenn ich über den Tellerrand schaue, sehe ich aber viele CIOs, die ein gespanntes Verhältnis zu ihren CEOs oder CFOs haben. Sie haben sich verstrickt in Cost-Cutting und Beschwerden über Ihren Service. Sollten Sie in dieser Position sein, werden Sie zu Change erst gar nicht gefragt. Dann werden Sie Teil einer Strategie, die jemand anderes bestimmt.