Trotz Social Collaboration

Die E-Mail stirbt doch noch nicht

28.03.2013 von Bettina Dobe
Zwar wird der E-Mail mittlerweile regelmäßig das Ende vorhergesagt. Doch laut Umfrage von Toluna hängen Firmen wie Mitarbeiter noch sehr an ihr.

Wieder reißt einen das "Ping" des Computers aus der Konzentration: Eine neue E-Mail ist da. Doch die elektronische Post kann stören, denn etwa zwei Drittel aller Nachrichten sind für die Arbeit komplett überflüssig. Sie enthalten Klatsch, Links zu lustigen Katzen-Videos oder sind Teil eines riesigen Verteilers, dessen Inhalt einen gar nicht betreffen. Dennoch hängen die Deutschen an E-Mails, wie eine Umfrage des Marktforschungsinstituts Toluna unter 1000 Deutschen ergab.

Verzicht für die meisten unvorstellbar

Zwei Drittel der Befragten können sich nicht vorstellen, die E-Mail zu beerdigen.
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Knapp zwei Drittel (65 Prozent) der Befragten gaben an, dass sie sich nicht vorstellen können, auf die E-Mail zu verzichten. Von den vielen E-Mails gestört fühlt sich nur ein Drittel der Befragten (35,5 Prozent). Aber warum dann die E-Mail abschaffen, wenn sie doch angeblich niemanden stört? "Die Leute sind einfach diese Belastung so gewohnt, dass ihnen gar nicht mehr auffällt, dass es auch anders sein könnte", sagt Christian Klöppel, Leiter des Mobile Business Center of Excellence bei der Beratungsgesellschaft CSC. "Sie können sich gar nicht vorstellen, dass es auch anders - und zwar effizienter - geht."

Schreiben Sie weniger E-Mails
Jede geschriebene elektronische Nachricht provoziert eine oder mehrere Antworten. Weniger, dafür durchdachter und pointierter formulierte E-Mails rufen weniger Nachfragen hervor.
Gewinnen Sie Zeit
Verlieren Sie kein Geld und konzentrieren Sie sich auf Ihre eigentlichen Aufgaben. Vermutlich steht in Ihrem Berufsprofil nicht "E-Mail-Schreiber". Nutzen Sie die E-Mail-Korrespondenz nur, um sich über wichtige Inhalte mit Kollegen und Kunden auszutauschen.
Keine Kritik in einer E-Mail
Auch sachlich gemeinte Verbesserungsvorschläge kommen per E-Mail vermutlich falsch an. Das persönliche Gespräch schafft schneller Klarheit und ist in den meisten Fällen weniger verletzend.
Feste Lesezeiten einhalten
Deaktivieren Sie alle akustischen und optischen Signale für eingehende Nachrichten. Die erste Stunde am Morgen sollten Sie für wichtige Aufgaben verwenden und keinesfalls für scheinbar witzige Ketten-Mails von Kollegen. Idealerweise sollten Sie nur dreimal täglich Nachrichten lesen und beantworten.
E-Mails am besten gleich bearbeiten
Am effektivsten ist es, E-Mails nur dann zu lesen, wenn man auch zum Antworten kommt. Die "Sofort-Regel" spart Zeit. Jedoch leidet darunter oft die Konzentration.
Richten Sie ein Ablagesystem ein
Bearbeitete und beantwortete E-Mails sollten Sie möglichst sofort ablegen. Ins Posteingangsfach gehören nur neu angekommene und ungelesene Nachrichten.
Löschen Sie großzügig
E-Mails löschen wirkt befreiend, selbst wenn der Speicherplatz Ihres E-Mail-Accounts besonders groß ist.

Ein weiterer Kritikpunkt - E-Mail-Kommunikation ist zu langsam - war daher auch nur bei knapp 28 Prozent der Befragten zu hören. "Aber die E-Mail ist einfach nicht mehr das, was sie mal war", sagt Klöppel. Obwohl die Kommunikation so einfach und standardisiert abläuft, häufen sich Probleme. Unüberlegt verschickte E-Mails, wie Klöppel sie nennt, sind dabei ein großer Teil des Problems. Insgesamt ist die Kommunikaiton per E-Mail zu belastend und ein großer Störfaktor im Alltag. Kann man daran etwas ändern?

Kann Zero-Email funktionieren?

Einige Unternehmen versuchen, der Flut Einhalt zu gebieten. Zum Beispiel der Konzern Atos: Das Projekt "Zero-Email" soll alle internen Mails abschaffen. Nun, nicht ganz abschaffen - es soll natürlich ein firmeninternes E-Mail-System geben, das aber zusammen mit Mikrobloggingdiensten á la Twitter und Plattformen den Mitarbeitern das Arbeiten erleichtern soll. Aber ob das funktioniert?

E-Mail-Netiquette
Als das Internet beziehungsweise die E-Mail-Kommunikation laufen lernte, gehörte es zum guten Ton, einige Benimmregeln zu beachten. Diese sind im Lauf der Jahre ein wenig aus der Mode gekommen. Im Internet gibt es aber nach wie vor unzählige Verhaltensempfehlungen. Hier ist eine Auswahl.
1) Freundliche Anrede und Grußformel
Eine allgemein gültige Formel gibt es nicht, übliche Anreden in der Geschäftskommunikation sind heute "Hallo Herr XX" oder "Sehr geehrte Frau YY". Wichtig sind eine freundliche und respektvolle Anrede zu Beginn der Kommunikation und eine ebenso gestaltete Grußformel zum Abschluss.
2) Signatur und Footer
Hier stehen vollständiger Name samt Titel sowie sämtliche Kontaktdaten. Geschäftliche Korrespondenz benötigt zudem laut Gesetz formelle Angaben, etwa zu Geschäftsleitung oder Handelsniederlassung.
3) Betreffzeile
Sie sollte den Anlass der E-Mail knapp und verständlich darstellen, so dass der Empfänger sogleich die Relevanz der Nachricht einschätzen kann. Als dringend gekennzeichnete E-Mails müssen wirklich dringend sein.
4) Verteiler
Die cc-Funktion ist nützlich, um weitere Kommunikationspartner über aktuelle Entwicklungen in Kenntnis zu setzen, sollte aber immer zurückhaltend genutzt werden.
5) Antwort
Gehen Sie sparsam mit der Funktion "Antwort an alle" um.
6) Schreibweise
Hier gelten die üblichen Rechtschreibregeln. Viele Schreibfehler signalisieren Nachlässigkeit. Textpassagen in Großbuchstaben wirken aufdringlich. Durchgängig Kleingeschriebenes gilt als Hinweis auf eine geringe Wertschätzung des Adressaten.
7) Länge der E-Mail
Gute E-Mails sind kurz gehalten. Die gesamte Kommunikationshistorie hängt nur an, wenn sie notwendig ist. Ganz bestimmt sollten Mails keine alten Diskussionen enthalten, die nichts mit dem aktuellen Thema zu tun haben.
8) Format
Bunte E-Mails sind in der geschäftlichen Kommunikation überflüssig. Im Zweifel wird nur Text ohne HTML-Code verschickt. Emoticons sollten der privaten Korrespondenz vorbehalten sein. Längere Textpassagen mit Absätzen gliedern.
9) Anhänge
Die Zeiten knapper Speicherressourcen und schlechter Verbindungen sind passé. Anhänge mit mehreren Gigabyte Volumen sollten dennoch die Ausnahme sein. Auch die Zahl der Anhänge sollte im niedrigen einstelligen Bereich bleiben.
10) Kettenbriefe
An die geschäftliche E-Mail-Adresse zugestellte Kettenbriefe wandern in den Mülleimer.

Alternative: Firmen-Facebook

Wie Atos könnten Unternehmen versuchen, ein firmeninternes Facebook aufzubauen, um lästige E-Mails einzudämmen. Damit arbeiten laut Umfrage erst 27 Prozent der Befragten. Aber noch mehr Menschen halten nichts von solchen Netzwerken als Arbeitsplattform: 36,2 Prozent. Dass die Kommunikation durch Firmen-Facebooks schneller und besser würde, daran glaubt die Mehrheit auch nicht. "Die Mitarbeiter sind das Arbeiten auf Plattformen einfach noch nicht gewöhnt", glaubt Klöppel.

Firmeninterne soziale Netzwerke fordern von Mitarbeitern eine andere Herangehensweise und sind vielen noch nicht geheuer.
Foto: Doris Heinrichs - Fotolia.com

Vorteile von Unternehmens-Netzwerken sahen die Befragten lediglich darin, dass mehrere Teammitglieder gleichzeitig an einem Dokument arbeiten können. Das wird in herkömmlichen E-Mails schnell zum Alptraum und frisst wertvolle Arbeitszeit: Wer kann schon die Bearbeitungsschritte nachvollziehen? Ohne Zweifel ist eine solche Gruppenabstimmung per E-Mail nicht effizient. Trotzdem trauen sich viele noch nicht an neue Arten des Arbeitens heran, wie die Umfrage zeigt.

Neue Arbeitskultur

Denn ein Problem der Firmen-Facebooks bleibt: "Die Mitarbeiter müssen aktiv damit umgehen, anders als bei E-Mails, die man morgens einfach abarbeiten kann", sagt Klöppel. "Das geht natürlich mit mehr Eigenverantwortung einher." Da müsse es erst einen Kulturwandel in den Unternehmen geben, weg von der Passivität der E-Mails hin zu einem aktiven Nutzer. Nur ist das eben für viele Mitarbeiter noch ungewohnt. "Dieser Prozess ist erst sehr am Anfang." Das bestätigen die Umfragezahlen.

Parallele Systeme

Firmen halten auch weiterhin an E-Mails fest, weil das System grundsätzlich auf der ganzen Welt standardisiert ist. Die Kommunikation von Unternehmen zu Unternehmen kann also weiterhin nur per E-Mail erfolgen. Da bringen einem auch die schönsten Firmen-Facebooks nichts, wenn man weiter mit der Außenwelt so kommuniziert. "Ich erwarte nicht, dass sich da schnell ein anderes System durchsetzt", sagt auch Klöppel. Das bedeutet aber, dass Mitarbeiter mit parallelen Systemen arbeiten müssen. Und das kann unter Umständen mehr Arbeit bedeuten.

Die E-Mail ist kein Auslaufmodell

Dass die E-Mail irgendwann verschwinden wird, glauben nicht viele. Nur 17 Prozent der Befragten gaben an, dass dieser Weg der Kommunikation in fünf Jahren obsolet sein wird. Das sieht auch CIO Martin Gnass von Hapag-Lloyd so: Erst in zehn Jahren würden Unternehmen so weit sein, glaubt er. Das Fax lebt ja auch immer noch.

1. Verfassen Sie Ihre E-Mails knapp und präzise.
Alles was mehr als zwei Seiten umfasst, gehört in eine angehängte Datei.
2. Überprüfen Sie Rechtschreibung und Grammatik.
In den meisten E-Mail-Systemen gibt es entsprechende Funktionen. Da dies bekannt ist, werden entsprechende Fahrlässigkeiten übel genommen. Fehler suggerieren: Der Autor hat sich entweder für mich keine Zeit genommen oder er ist ein Schlendrian.
3. Beantworten Sie E-Mails schnell.
Reaktionsschnelligkeit ist einer der entscheidenden Vorteile von elektronischer Post. Vor allem auf erwartete Messages sollte zügig geantwortet werden. Wenn man nicht gerade extrem beschäftigt ist, sollte man den Posteingang mehrmals täglich checken. Allerdings ist es nicht nötig, die automatische Benachrichtung (Auto Notify) zu jeder eingehenden E-Mail zu aktivieren - das lenkt zu sehr von der Arbeit ab.
4. Gehen Sie sparsam mit der Funktion "Antwort an alle" um.
Es besteht die Möglichkeit, die Nachricht an eine Gruppe zu versenden, aus der sich vielleicht nur ein Prozent der Beteiligten dafür interessiert. Der Effekt ist vergleichbar mit einer Fahrt in einem öffentlichen Verkehrsmittel, in dem man gezwungen ist, dem Handygespräch eines Unbekannten zuzuhören. Wer ohne Notwendigkeit allen antwortet, erzeugt außerdem jede Menge elektronischen Müll. Insbesondere, wenn Anhänge mitgeschickt werden, führt das unnötige Versenden an große Verteiler zu Ressourcenproblemen.
5. Sorgen Sie dafür, dass Ihre E-Mail einfach lesbar ist.
Experton empfiehlt, die E-Mail in einem Stil zu verfassen, der einem schriftlichen Dokument (zum Beispiel Geschäftsbrief) gleicht. Grußformel und Unterschrift (Automatische Signatur) sind selbstverständlich. Außerdem sind kurze Sätze sowie - bei längeren Texten - Absätze zu empfehlen.
6. Halten Sie sich an die rechtlichen Bestimmungen für den E-Mail-Verkehr.
In Deutschland gilt seit Anfang 2007 eine neue Rechtsprechung, der zufolge im Anhang Pflichtangaben über das Unternehmen (Rechtsform, Sitz, Registergericht, Geschäftsführung) vorgeschrieben sind. Außerdem kann es manchmal nützlich sein, Angaben zu Urheberrecht, Vervielfältigung oder sonstige Rechtsklauseln anzuhängen. Im Übrigen sollten Unternehmen Regeln für den E-Mail-Verkehr formulieren (E-Mail-Policy), die regelmäßig zu verbreiten sind, damit auch neue Mitarbeiter auf dem Laufenden gehalten werden.
7. Antworten Sie niemals auf Spam.
Eigentlich eine Binsenweisheit, und doch ein immer wieder gemachter Fehler. Viele Spammer statten ihre Nachricht mit einer Opt-out-Funktion aus, indem die Mail im Betreff-Feld vorgeblich mit "unsubscribe" abbestellt werden kann. Für manche Spam-Programme, die für den automatischen Versand des elektronischen Mülls sorgen, bedeutet eine solche Antwort: Der Adressat ist da, er kann mehr Spam in Empfang nehmen.
8. Nutzen Sie Blindkopien, um Dritte zu informieren.
So bleibt der Verteilerkreis im Unklaren darüber,wer die Nachricht noch erhalten hat.
9. Formulieren Sie den Betreff aussagekräftig.
Nur so ragt die Botschaft aus der Fülle der Spam-Mitteilungen heraus, die heute die meisten Postfächer füllen.
10. Keep it simple.
Es gibt heute viele Möglichkeiten, E-Mails aufzuhübschen (Emoticons, Bilder etc.). Versender sollten vorsichtig damit umgehen, da nicht jedes Mail-Programm damit fertig wird und außerdem Ressourcen verschwendet werden. Zudem sind Emoticons mitunter mit Spyware infiziert. Deshalb: Nichts von unbekannten Quellen herunterladen!
11. Nutzen Sie die Features moderner E-Mail-Programme.
Rückruf: Eine E-Mail, die fehlerhaft oder ohne Anhang versandt wurde, wird zurückgerufen. Sparsam verwenden, lieber Botschaften noch einmal genau checken, bevor sie verschickt werden. Oft werden E-Mails schnell geöffnet und lassen sich nicht mehr zurückrufen. <br/><br/> Automatische Antwort: Die Out-of-Office-Funktion ist wirklich nützlich und sollte angewendet werden! Allerdings sollte man sie schnell deaktivieren, wenn man wieder im Büro ist.<br/><br/> Wiederversenden: Manchmal erreichen E-Mails nie den Adressaten, etwa weil der Mail-Server ausfällt. Mit der Resend-Funktion lassen sie sich umstandslos ein zweites Mal verschicken. Vor dem Versand in die Betreffzeile eine Bemerkung wie "zweiter Versuch" einfügen.<br/><br/>Übermittlungsbestätigung: Nice to have, aber nicht zwingend nötig. Funktioniert auch nicht mit jedem E-Mail-System. <br/><br/>Lesebestätigung: Ebenfalls nice to have.
12. Nutzen Sie E-Mails um Gespräche und Diskussionen anschließend zu bestätigen.
Elektronische Post bietet die Chance, sehr schnell Gesprächsergebnisse aus Konferenzen oder Telefonaten zu protokollieren. So lassen sich für alle Beteiligten die Ergebnisse sichern, bezüglich geplanter Maßnahmen sind alle auf demselben Stand. Was schriftlich fixiert wurde, wird von den Beteiligten ernster genommen.
13. Verlassen Sie sich bei dringenden Informationen nicht auf E-Mail.
Dazu lieber das Telefon benutzen. Es gibt keine Garantie, dass eine E-Mail gelesen wird. Oft wird die Nachricht übersehen, die Lektüre wird vertagt oder die Botschaft wird als vermeintlicher Spam gelöscht.
14. Nutzen Sie E-Mails nicht für unangebrachte Kommunikation.
E-Mail für die Verbreitung von Spam zu missbrauchen, ist nicht nur ein Ärgernis, sondern möglicherweise auch noch illegal. Und: In den meisten Fällen kann der Absender schnell ermittelt werden.