Buchtipp

Die Fehler der Führungskräfte

22.11.2018 von Bettina Dobe
Wenn etwas schief läuft, ist das Personal schuld? Falsch. Jörg Knoblauch zeigt in seinem Buch "Die Chef-Falle", was Chefs alles falsch machen.
Professor Jörg Knoblauch ist Unternehmer und Buchautor.
Foto: Campus Verlag

Ohne Zweifel, Professor Jörg Knoblauch ist als Experte gefragt: Der "Unternehmer-Berater" steht für die ABC-Einteilung von Mitarbeitern. Das Konzept kennt man aus seinem Buch "Die Personalfalle", das vor einigen Jahren erschien. Darin empfahl Knoblauch, Mitarbeiter in drei Kategorien einzuteilen und nur die besten zu fördern. Die unproduktivsten Mitarbeiter würden dann von selbst gehen. Das sei sehr wichtig, denn schlechte Mitarbeiter verringern den Umsatz.

Viele Leser waren begeistert, aber einige "schlechte" Mitarbeiter beklagten sich: Wie sollten sie gute Arbeit leisten, wenn sie von ihrem Chef ausgebremst würden? Im Nachfolger "Die Chef-Falle" sieht Knoblauch die Schuld nun bei den Vorgesetzten. Der Mitarbeiter könne so gut sein, wie er will - wenn der Chef nicht handelt, wie ein guter Vorgesetzter handeln sollte, schadet das dem Unternehmen noch mehr. Eine Erkenntnis, die eine große Basis von Arbeitnehmern sicher bestätigen kann.

Das Mitarbeiter-ABC

Wer den Vorgänger von Knoblauch nicht gelesen hat, kennt die Theorie zu A-, B-, und C- Mitarbeitern nicht. Der geneigte Leser kann es sich erschließen (A ist hui, B ist Mittelmaß, C ist pfui) und folgt der Argumentation, dass sich das ABC-Prinzip auf Chefs anwenden lässt. Offenbar tummeln sich in deutschen Chefetagen jede Menge C-Exemplare: "Auch in unserem Mittelstand gibt es landauf, landab Unternehmen, die von schwachen Führungskräften an den Rand des Ruins getrieben werden", schreibt Knoblauch, der den Mittelstand berät. Und die Nieten machten alle dieselben Fehler.

Diese Fehler machen Chefs

Knoblauch beschreibt mit vielen Anekdoten sieben Fehler, die Chefs begehen können. Zum Beispiel sei Nokia an Nummer sechs gescheitert: "Das haben wir schon immer so gemacht". Die Firma verpasste den Smartphone-Boom und war nicht bereit zu schmerzhaften Einschnitten oder Wandel, sondern habe an Althergebrachtem festgehalten. Was Chefs auch noch alles falsch machen könne, legt Knoblauch gleich im ersten Kapitel dar: Schlechte Führungskräfte vermeiden Mikromanagement, blockieren Entwicklungen und Ideen, beuten ihre Mitarbeiter aus oder erniedrigen sie, überschätzen sich selbst maßlos oder leiden unter planlosem Aktionismus.

Mit ganzer Kraft
Wenn sich Mitarbeiter voll einbringen, erwarten sie für ihren hohen Arbeitseinsatz ...
... eine leistungsgerechte Bezahlung.
Diese versprechen gute Arbeitgeber in der Regel.
Für seine Loyalität ...
... zum Arbeitgeber erwartet der Mitarbeiter ...
... Anerkennung.
Auch Arbeitsplatzsicherheit gehört zu den ungeschriebenen Versprechen, die Unternehmen geben.
Mit neuen Ideen ...
... verspricht sich der Mitarbeiter einzubringen.
Preisgekrönt
Gute Ideen der Mitarbeiter sollten nicht nur anerkannt, sondern auch honoriert werden.
Ich werde das schaffen!
Für ihren Ehrgeiz, ihre Weiterbildungsbereitschaft und Mobilität erwarten Mitarbeiter ...
... entsprechende Aufstiegsmöglickeiten ...
... und Personalentwicklungsmaßnahmen, die in der Regel auch zu den ungeschriebenen Versprechen der Arbeitgeber gehören.
Für ihre Bereitschaft zu Überstunden ...
... erwarten Mitarbeiter auch eine Gegenleistung ...
... in Form von Geld ...
... und Wertschätzung durch den Chef. Wird diese Erwartung nicht erfüllt, staut sich der Frust auf.

Seine Thesen lockert der Autor mit zahlreichen Geschichten auf, die sich flüssig lesen. So erzählt Knoblauch von einem Chef, der einen hoch begabten Investment-Banker einstellte. Das ebenso hoch bezahlte Talent hatte jedoch psychische Probleme und war Patient in der Psychiatrie - oder wie ihn Knoblauch bezeichnet: "irre". Auch weiß der Autor von einer Geschichte, wo die Führungskraft, selbst Patient, noch in der Notaufnahme E-Mails beantwortet.

Das ist alles sehr unterhaltsam und man lernt das ein oder andere, etwa "Das Unternehmerparadoxon". Dieses besagt, dass gute Unternehmensgründer nicht unbedingt gute Chefs sind. Knoblauch beschreibt die Wachstumsphasen einer Firma, die eine Führungskraft mitgehen muss. Wer den Wandel versäumt, ist ein C-Chef.

Personaler in den Vorstand!

Jörg Knoblauch: "Die Chef-Falle". Campus Verlag, 212, Seiten, 29,99 Euro.
Foto: Campus-Verlag

Zum Glück gibt es aber auch die A-Chefs: Gute Chefs sind mit Herzblut dabei und motivieren ihre Mitarbeiter. Sie kümmern sich um jeden einzelnen Kunden. Wie wird man zu einem vorbildlichen Chef? Knoblauch hat ein paar Tipps: "Lassen Sie sich selbst und sämtliche Führungskräfte einmal pro Jahr von den Mitarbeitern beurteilen", schreibt er. Chefs sollten auf ihre Mitarbeiter hören, sie sollten mit ihnen gemeinsam die Strategie festlegen, sie motivieren. Nur so könnten Sie die Besten finden. Er plädiert dafür, das Mauerblümchen-Dasein der Personaler zu beenden und sie in den Vorstand zu holen.

Mit Kapitel 5 ("Warum nur A-Chefs auch A-Mitarbeiter haben") gewinnt der Leser die große Erkenntnis: "Schlechte Führungskräfte ruinieren ihr Unternehmen nicht zuletzt deshalb, weil sie genauso schlechte oder noch schlechtere Mitarbeiter einstellen." Gute Mitarbeiter bräuchten sowieso kaum Vorgesetzte, wie im nächsten Kapitel zu lesen ist. Insgesamt ruinierten schlechte Chefs Mitarbeiter und Firma gleichermaßen.

Fazit: "Die Cheffalle" ist unterhaltsam geschrieben, die Anekdoten sind amüsant und erschreckend zugleich. Knoblauch präsentiert neben seinen eigenen Thesen auch viele Management-Theorien von Kollegen. Für den erfahrenen Management-Buch-Leser nichts Neues, andererseits eine gute Zusammenstellung gängiger Theorien inklusive ausführlicher Literaturhinweise. Störend wirken allerdings etwas zu häufige Bemerkungen des Autors wie diese: "Dazu habe ich gemeinsam mit Johannes M Hüger und Marcus Mockerl das Buch Dem Leben eine Richtung geben geschrieben". Weniger Selbst-Marketing würde dem Buch gut tun.