Karrieretipps

Die Fehler junger Führungskräfte

19.12.2016 von Andrea König
Auf der ersten Führungsposition lauern Fallen: Wer etwa Lieblinge pflegt, macht sich schnell Feinde. Karriere-Expertin Yasmine Limberger nennt weitere Fehler.
Yasmine Limberger im Interview mit CIO.de
Foto: Avanade

CIO.de: Frau Limberger, wie sieht ein gelungener Start als junge Führungskraft aus?

Yasmine Limberger: Besonders gut ist es, wenn die Führungskraft sich durch spezielle Trainings im Unternehmen bereits auf Managementaufgaben vorbereiten konnte und einen fließenden Übergang in die neue Rolle erlebt. Kompetenzen sollten bereits definiert und Verantwortungen klar geregelt sein. In der Realität ist das aber häufig nicht der Fall. Dann muss man sich selbst bewusst werden, dass man seinen Tagesablauf ab sofort neu strukturieren muss, um genügend Zeit für Mitarbeitergespräche und Meetingvorbereitungen einzuplanen. Ganz wichtig ist es auch, den ehemaligen Kollegen in der neuen Position kompetent und vertrauensvoll zu begegnen.

CIO.de: Wie macht man das?

Yasmine Limberger: Wie bisher auch sollte man den Kollegen respektvoll gegenübertreten. Verändert hat sich die Rolle, nicht aber die Persönlichkeit - das sollen die Mitarbeiter erkennen. Als Chef sollte man auch für die Mitarbeiter da sein, wenn sie ihre Probleme adressieren wollen. Gleichzeitig kann man es aber nicht jedem Recht machen. Da liegt es dann am Chef, das offene Gespräch zu suchen und zu versuchen, einen Kompromiss zu finden.

CIO.de: Was verändert sich noch für einen selbst?

Yasmine Limberger: Das Management steckt der jungen Führungskraft Ziele, die sie erreichen soll. Auf der anderen Seite stehen die Mitarbeiter. Der Chef muss in zwei Richtungen schauen und die richtige Balance finden.

CIO.de: Wie stellt man das an?

Yasmine Limberger: Erst einmal verschafft man sich einen Überblick und hört alle Seiten an. Dann definiert man die Baustellen. Beim Umgang mit dem Management rate ich jungen Führungskräften, offen zu kommunizieren und lösungsorientiert vorzugehen. Wer Probleme anspricht, sollte also im gleichen Moment auch Lösungsvorschläge präsentieren.

CIO.de: Wenn ein jüngerer Kollege im Team plötzlich Vorgesetzter wird, kann das auf beiden Seiten für Unsicherheit oder sogar Probleme sorgen. Was raten Sie?

Yasmine Limberger: Der jungen Führungskraft empfehle ich zu verdeutlichen, wie wichtig die Kompetenz und Erfahrung des älteren Kollegen für das Team ist. Wer für seine Leistung anerkannt wird und fest eingebunden ist, fühlt sich nicht herabgesetzt.

Feedback für Führungskräfte

CIO.de: Welche Fettnäpfchen gilt es zu vermeiden?

Yasmine Limberger: Wer als Chef im täglichen Umgang Lieblinge hat, macht sich schnell Feinde. In geschäftlichen Dingen zählt die Kompetenz. Da darf es nicht spürbar sein, dass einem der eine oder andere Kollegen sympathischer ist.

CIO.de: Von wem sollte man sich Feedback einholen?

Yasmine Limberger: Als junge Führungskraft würde ich schon nach etwa zwei bis drei Monaten bei meinem direkten Vorgesetzen um Feedback bitten. Auch die Mitarbeiter aus meinem Team würde ich im Mitarbeitergespräch ansprechen und ihnen zum Beispiel die Fragen "Wie schätzen Sie die Zusammenarbeit im Team ein?" oder "Gibt es etwas, das Sie an unserer Zusammenarbeit ändern möchten?" stellen.

CIO.de: Hilft Feedback von Außenstehenden?

Yasmine Limberger: Feedback sollte man immer als Bereicherung empfinden, weil es einem zeigt, wo man steht. Es kann zum Beispiel hilfreich sein, einen Kollegen aus einer anderen Abteilung, mit dem man gelegentlich zusammenarbeitet, zu fragen, ob man sich in der Chefrolle verändert hat. Diese Frage würde ich auch dem Partner und Freunden stellen. Wer sich in seinem Verhalten regelmäßig selbst reflektiert und darauf achtet, authentisch zu bleiben, riskiert keinen Burnout.

Yasmine Limberger ist Diplom-Betriebswirtin und arbeitet seit mehr als zwölf Jahren in der IT-Beratung. Sie ist bei Avanade Deutschland GmbH verantwortlich für das Personalmarketing und Autorin des Buches "IT-Survival Guide - Karriere- und Alltagsratgeber für Einsteiger und Professionals in der IT-Branche".