Verpasste Chancen

Die Gründe für flexible Arbeitszeitmodelle

28.03.2011 von Werner Kurzlechner
Wichtigstes Plus flexibler Arbeitsmodelle ist für deutsche Firmen Familienfreundlichkeit. Die Chance, damit attraktiver zu wirken, sehen laut Regus nur wenige.
Deutschland nur im unteren Mittelfeld: Anderswo ist die Einsicht größer, dass flexible Arbeitszeiten auch ein Pfund im Werben um Talente sind.
Foto: Regus

Arbeiten im Firmenbüro oder im Home Office zu frei wählbaren Zeiten - sehr gerne. Das sehen nicht nur viele Arbeitnehmer in der Dienstleistungsbranche so, sondern inzwischen auch die meisten ihrer Chefs. 75 Prozent der Unternehmen in Deutschland ermöglichen flexibles Arbeiten. Das geht aus einer Studie hervor, die der Arbeitsplatzdienstleister Regus beim britischen Marktforschungsinstitut MarketingUK in Auftrag gegeben hat.

Kaum überraschend stellt die Befragung die Vorzüge der Flexibilität in den Vordergrund. „Flexibles Arbeiten gehört heute bereits zum Standard. Es ist eine Chance, von der jeder profitiert: Arbeitgeber, Arbeitnehmer, Familien und die gesamte Gesellschaft, ja sogar die Umwelt“, sagt Michael Barth, Deutschland-Geschäftsführer von Regus.

Tatsächlich spiegelt sich diese positive Einschätzung im Umfrageergebnis wider. Interessanter und widersprüchlicher erscheint dies jedoch im internationalen Kontext. Regus ließ seine Kontaktdatenbank mit über 17.000 Personen aus 80 Ländern für die Studie auswerten. Die Quintessenz: Die große Mehrheit findet flexibles Arbeiten richtig gut – allerdings aus den verschiedensten Gründen.

So nehmen lediglich 15 Prozent der deutschen Firmen an, durch flexible Angebote attraktiver als Arbeitgeber zu werden und so besser aus dem Reservoir an Top-Talenten schöpfen zu können. Länder wie Belgien, die Niederlande und Frankreich sind in dieser Hinsicht sogar noch verschlafener. Demgegenüber sehen in den USA und Indien mehr als 30 Prozent der Unternehmen hier ein Mittel, um im Wettrennen um die besten Köpfe Tempo aufzunehmen. Regus-Manager Barth geht davon aus, dass dieser Aspekt mittelfristig auch hierzulande an Gewicht gewinnen wird: „Durch das starke Bruttoinlandsprodukt und die sinkenden Arbeitslosenzahlen wird in Deutschland die Nachfrage an talentierten und qualifizierten Mitarbeitern steigen.“

Letztlich scheint flexibles Arbeiten eine passende Antwort auf die unterschiedlichsten Fragen zu sein. In Indien und Australien etwa bewerten 70 Prozent der Befragten die Vorteile für die Work-Life-Balance besonders hoch. Die Studie verweist hierzu auf die ständig infarktgefährdeten Verkehrsverhältnisse in den Großstädten dieser Länder. Pendeln durchs Staulabyrinth von Mumbai oder Melbourne kostet eben ungleich mehr Zeit und Nerven als in München oder Hamburg. Dennoch erkennt auch eine Mehrzahl der hiesigen Firmen an dieser Stelle wertvolles Potenzial.

Flexibilität soll Kosten senken

Hauptargument für die deutschen Unternehmen ist allerdings das Plus an Familienfreundlichkeit. 88 Prozent nennen diesen Punkt. Zum Vergleich: Im globalen Mittel liegt der Wert bei 70 Prozent. In der Studie wird die deutsche Spitzenstellung in dieser Skala auf die traditionelle Diskrepanz zwischen dem Stundenplan in der Schule und einem regulären Arbeitstag zurückgeführt.

In Spanien, Südafrika und auch den Niederlanden zählt ein anderer Vorzug deutlich mehr. Über 70 Prozent der Firmen in diesen Ländern gehen davon aus, dass sich durch Flexibilisierung der Arbeit die Betriebskosten senken lassen. Der Kostenaspekt wird in Deutschland unterdurchschnittlich wahrgenommen. Nur knapp über der Hälfte der Firmen sieht hier Sparpotenzial. Zwei Fünftel der deutschen Unternehmen denken indes, dass Flexibilität insgesamt die Produktivität der Mitarbeiter hebt. Zuversichtlicher sind da lediglich die Belgier mit über 50 Prozent. In Kanada und Japan glauben das hingegen nicht einmal 30 Prozent.

Alles in allem fällt auf, dass in den westlichen Staaten – allen voran in den USA – weit größere Hoffnungen in die Flexibilisierung gesetzt wird als etwa in den asiatischen Ländern wie China, Japan und Indien. Dort ist auch das Vertrauen in die Mitarbeiter sichtlich weniger ausgeprägt. Flexibles Arbeiten soll dort nach Meinung der Mehrheit nur für alteingesessene Führungskräfte möglich sein. In den USA und Europa herrscht weithin die Vorstellung vor, dass jeder Mitarbeiter in den Genuss kommen sollte. Eine Ausnahme ist hier Frankreich, wo ähnlich rigide gedacht wird wie in Asien. Die Niederlande und Spanien sind die stärksten Advokaten einen großzügigen Ansatzes.

Die Studie "Flexible Working Report 2011" kann auf der Regus-Website heruntergeladen werden.