Windows und Linux verbinden

Die neue Mainframe-Strategie von IBM

25.07.2011 von Hartmut  Wiehr
IBM hat neue kleinere Großrechner für mittelgroße Firmen vorgestellt. Der Anbieter verspricht mehr Leistung und die Integration von Linux- und Windows-Blades.

Roland Trauner, Mainframe-Marketier von IBM, ist glücklich: Nach einer gewissen Stagnation 2009 und 2010 habe das Mainframe-Geschäft jetzt wieder deutlich angezogen, berichtete er auf einer Presseveranstaltung in München. Keine Rede mehr auf Kundenseite, dass der "Großrechner tot" sei. Nicht nur bei den ganz großen Kunden verspüre man eine verstärkte Nachfrage, auch im Mittelstand gebe es Interessenten. Und genau für diese Klientel hat IBM erneut Einstiegsmaschinen vorgestellt, die die Installation dieser speziellen Technologie schmackhaft – und nicht zuletzt preislich attraktiv – machen sollen.

Lothar Lux, Leiter der IT bei der Datev, nimmt die hohen Kosten von Mainframes in Kauf. Mehr Kopfschmerzen bereiten ihm die Software-Lizenzen für diese Technologie.
Foto: Datev

Wie bei IBMs Großrechnern so üblich – fast die komplette Konkurrenz hat man mit dieser Methodik im letzten Jahrzehnt schon platt gemacht –, verspricht man auch dieses Mal eine um mindestens 25 Prozent höhere Performance der Maschinen gegenüber der Vorgängergeneration, außerdem jede Menge Verbesserungen und Tools da und dort. Mehr Prozessoren und Reserve-Prozessoren, mehr Flexibilität für Clouds, weitere Tivoli-Verwaltungs-Software oder neue Netzwerkverbindungen sollen den Anforderungen mittelständischer Unternehmen gerecht werden.

IBM spricht inzwischen von "hybriden IT-Infrastrukturen". Damit ist gemeint, dass große wie mittelständische Unternehmen nun ihre Workloads von x86-Systemen mit denen von Mainframes mischen können. Auf dem neuen Mainframe z114 lassen sich Blade-Module (zEnterprise Blade Center Extension) für Linux- und demnächst auch für Windows-Umgebungen einsetzen. Alle Umgebungen können dann gemeinsam mit den klassischen Management-Tools des Mainframes verwaltet und gesteuert werden.

Trauner betonte, dass die Großrechner schon immer nach dem Prinzip der Virtualisierung arbeiteten: Mehrere Applikationen konnten von Anbeginn an nebeneinander auf der gleichen physikalischen Server-Basis betrieben werden. Dieses Prinzip wird nun auf die Linux- und Windows-Module des zEnterprise ausgedehnt, die ebenfalls von Haus aus virtualisiert seien. Dafür werde man allerdings Open-Source-Virtualisierung von Red Hat (KVM), Suse/Novell und anderen Linux-Flavours einsetzen. VMware werde dafür, so Trauner, nicht gebraucht. Dies hänge auch damit zusammen, dass man auf einen schlanken Hypervisor setze. Über die Management-Funktionen von VMware verfüge man ja schon durch die Mainframe-Plattform.

Hier ist auch zu berücksichtigen, dass IBM und andere Hersteller wie HP, Intel, Novell oder BMC die Open Virtualization Alliance unterstützen, die im Mai rund um KVM von Red Hat gegründet wurde. Klar formuliertes Ziel dieser Allianz ist es, ein Gegengewicht zu VMware zu schaffen. Inwieweit dieses Ziel umgesetzt wird, hängt von der Intensität ab, mit der die Unterstützer den hehren Worten auch Taten folgen lassen. Zumindest IBM scheint es ernst zu meinen, wie das Beispiel zEnterprise zeigt.

Blades bringen Linux- und Windows-Applikationen in den Mainframe

Die neue Mainframe-Generation für den Einstiegsbereich soll weniger als die Vorläufermodelle kosten. Wie viel genau allerdings Kunden auf den Tisch legen müssen, damit wollte auch diesmal keiner der IBM-Offiziellen herausrücken. Die kleinere Einstiegsvariante M05 sei schon für einen höheren fünfstelligen Betrag zu haben, ließ sich Trauner auf wiederholte Nachfrage entlocken. Um aber schnell hinzuzufügen, dass man dafür natürlich nur eingeschränkte Funktionalitäten erwarten dürfe.

Neue Dimensionen für die Mittelstandskunden: IBM verspricht eine einfache Integration alter Anwendungen in eine Mainframe-Umgebung.
Foto: IBM

Umgekehrt ließ es sich der Vorzeigekunde Datev, vertreten durch Lothar Lux, Mitglied der Geschäftsführung und Leiter der IT und des Rechenzentrums, während der Münchner Pressekonferenz nicht nehmen, mehrfach darauf zu verweisen, dass man weniger mit der Hardware als mit den Software-Preisen ein Problem habe. Mainframes gehörten neben den Servern und Speichergeräten anderer Hersteller zum festen Inventar der drei Datev-Rechenzentren. Allein um schon die Peak-Zeiten rund um die Abgabe der Steuerunterlagen der vor allem mittelständischen Unternehmen abfedern zu können, sei man auf extrem leistungsfähige Infrastruktur angewiesen. Hardware-Preise spielten da angesichts des effektiven Mehrwerts keine so große Rolle.

Ob das für einen normalen mittelständischen Betrieb in gleichem Maße zutrifft, muss sich erst noch herausstellen.

Dieser Artikel basiert auf einem Beitrag der CW-Schwesterpublikation CIO.