Viele Fragen ungeklärt

Die neue Strategie von HP

16.03.2011 von Holger Eriksdotter
Erklärtes Ziel von Leo Apotheker: Weltmarktführer für Cloud-Services. Daneben sollen die Bereiche Konnektivität, WebOS und Business Analytics weiter ausgebaut werden.

Gut ein halbes Jahr hat der ehemalige SAP-CEO sich Zeit gelassen, eine Strategie für seinen neuen Arbeitgeber HP zu formulieren. Wenig überraschend das klare Bekenntnis zum Cloud Computing und – damit zusammenhängend – der weitere Schwerpunkt im Bereich Konnektivität. Schon seit einiger Zeit wirbt HP unter dem Begriff "Convergence" in einer groß angelegten Kampagne für seine Produkte und Services und versucht mit den "HP-Utility-Services" seinen Marktanteil im Cloud-Computing-Markt auszubauen.

Auf dem HP Summit 2011 in San Francisco verkündete CEO Leo Apotheker seine neue Strategie - und legte ein klares Bekenntnis für Cloud Computing ab.
Foto: HP

Allerdings bleiben auch nach Apothekers Ankündigung der zukünftigen Strategie noch viele Fragen offen – besonders um das Betriebssystem WebOS, das er ab nächstem Jahr mit allen neuen HP-PCs ausliefern will. Ebenfalls auf der Veranstaltung wurde eine Beta-Version des Betriebssystems für Ende dieses Jahres angekündigt. Die Rede war dabei von einem Browser-Betriebssystem, das nicht als Ersatz, sondern parallel zu Windows auf neu ausgelieferte PCs vorinstalliert werden soll.

Cloud und Konnektivität verändern IT fundamental

Apotheker geht davon aus, dass - in HP-Terminologie - die Konvergenz von Cloud und Konnektivität die Informationstechnologie und die Art und Weise, wie IT-Systeme betrieben werden, fundamental verändert. Und das gelte genauso für private PC-Nutzer wie für die Informationstechnologie in Unternehmen. Langfristig werde Cloud Computing die traditionellen IT-Infrastrukturen nachhaltig umformen. In einem ersten Schritt würden Cloud-Services die Unternehmens-IT ergänzen, langfristig die internen IT-Landschaften ersetzen.

Die zukünftig in der Cloud verfügbaren Ressourcen, kombiniert mit zunehmender Konnektivität und Mobilität werde nicht nur die Enterprise-IT radikal umwälzen, sondern letzten Endes das gesamte Leben verändern. Aber das ist selbst nach Apothekers Einschätzung noch Zukunftsmusik: Vorerst werde HP seine Aufmerksamkeit darauf richten, den Unternehmen den Umstieg von traditionellen IT-Systemen auf Cloud-Infrastrukturen zu erleichtern. "HP geht davon aus, dass hybride Architekturen, die das beste traditioneller Architekturen mit Public und Private Cloud kombinieren, noch auf lange Zeit das vorherrschende Modell sein wird", sagte der HP-CEO.

Dabei geht es ihm vor allem um die Marktführerschaft im Bereich Cloud-Technologie. Basis dafür soll die Entwicklung eines Portfolios von Cloud-Services sein, die von Infrastructure as a Service (IaaS) und Platform as a Service (PaaS) bis zu einem App-Store reichen. Ohne konkret zu werden deutete Apotheker an, dass HP die Entwicklung eines auch für Drittanbieter offenen Cloud-Marktplatzes plant, auf dem sichere, skalierbare und zertifizierte Apps angeboten werden. Neben Apps für private Anwender soll dort sowohl ein Service-Katalog als auch Enterprise-Applications für Unternehmen bereitgestellt werden.

WebOS mit jedem PC von HP

Das eigene WebOS will HP zu einer der weltweit führenden Plattformen ausbauen. Das Betriebssystem ist HP bei der Übernahme von Palm im letzten Jahr gleichsam in die Hände gefallen. Es war ursprünglich nicht als PC-Betriebssystem geplant, sondern als Betriebssystem für Smartphones entwickelt worden.

HP hatte es für die Nutzung auf Tablets und Netbooks weiterentwickelt. Mit der Installation auf allen neu ausgelieferten PCs strebt HP ohne Zweifel die Ausbreitung seiner WebOS-Plattform an und will Entwicklern einen Anreiz geben, vermehrt Apps für WebOS zu programmieren.

Analysten bezweifeln allerdings, dass HP das gelingen wird: Im Vergleich zu iPhone oder Android ist die Anzahl der Apps für WebOS bisher verschwindend gering. Mit dem Schachzug allerdings, neue PCs mit WebOS auszuliefern könnte die Nutzerschar sprunghaft ansteigen: Immerhin liefert HP nach eigenen Angaben weltweit 100 Millionen WebOS-fähige Geräte aus. In welcher Form das Betriebssystem auf den HP-Rechnern vorinstalliert wird, blieb vorerst unklar. Sicher scheint zu sein, dass es – jedenfalls auf absehbare Zeit – nicht als Ersatz, sondern parallel zu Microsoft-Windows ausgeliefert wird.

Business Analytics für große Datenvolumen

Als weiteres strategisches Unternehmensziel nannte Apotheker den Bereich Business Analytics für große Datenvolumen ("Big Data") Im Mittelpunkt steht hier die Technologie von Vertica Systems; HP hatte jüngst die Akquisition des Spezialisten für Daten-Analyse bekannt gegeben. Die Übernahme soll im zweiten Quartal abgeschlossen sein. Kurz danach soll die Vertica-Technologie unter der Marke HP verfügbar sein. Die Lösung will HP als Software, Appliance und als Cloud-Service anbieten.

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Mehr als einmal betonte Apotheker in seiner Rede die finanzielle Stärke und die Marktmacht seines Unternehmens; vieles war eher Vision als Strategie. Aber abgesehen von allen Zukunftsvisionen, PR-Floskeln und dem Beschwören der eigenen Kraft: Es bleibt eine Realität, dass es die Gobal Players sind, die weltweit Trends und Standards setzen.

Vision statt Strategie

Das klare Bekenntnis des HP-CEOs zum Cloud Computing geht weiter als das, was Analysten und Marktauguren seit längerem beschwören: Cloud Computing ist kein Hype mehr, sondern wird zur Realität. Wenn nicht sofort, dann in einigen Jahre – aber die Entwicklung ist unumkehrbar.

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