Steigender Druck erzeugt Zwist um Verantwortlichkeiten

Die neun größten IT-Streitpunkte bis 2010

28.11.2008 von Christiane Pütter
Unrealistische Erwartungen vom Business, Kostendruck und die Weigerung der Linien-Manager, Verantwortung zu übernehmen sind die größten Probleme eines CIOs in den kommenden zwei Jahren. Die Analysten von Gartner haben eine Liste der drängendsten Konflikte erstellt.
Ken McGee, Vice President bei Gartner, lächelt. Dabei weiß er, was in den kommenden zwei Jahren auf CIOs zukommt.

Es gibt immer was zu tun und die Zukunft war auch schon mal besser. "Die wachsende ökonomische Instabilität erhöht weltweit den Druck auf die IT, Unternehmen in ihren Geschäftszielen zu unterstützen", sagt Ken McGee, Vizepräsident des US-Marktforschers Gartner. Damit CIOs wissen, wo es brennt, haben die Analysten eine Liste der neun dringendsten Konflikte erstellt, die 2009 und 2010 auf sie zukommen werden.

1. Das Business verlangt mehr, als die IT liefern kann. Fachabteilungen sind zum internen Kunden geworden, die IT zum Dienstleister. Wer meint, die IT solle auch noch zum Enabler neuer Geschäftsprozesse und Produkt-Innovationen mutieren, sticht in das Wespennest Nummer Eins.

Gartner sieht das realistisch: Diese Erwartungen kann der durchschnittliche CIO nicht mehr erfüllen, weil er gar nicht die Leute dafür hat. Konsequenz: Bei Neueinstellungen versuchen, den Spagat zwischen Technik und Business zu schaffen.

2. Eine moderne Infrastruktur muss her. Die soll aber nichts kosten. Natürlich muss die Infrastruktur den Veränderungen an betrieblichen Abläufen und Kapazitätsbedarf angepasst werden. Weil im Hintergrund immer der Controller mit dem Rotstift wedelt, rät Gartner, wo es geht, zu konsolidieren und zu virtualisieren. Ziel ist eine Modernisierung, die sich quasi selber finanziert.

3. Auch das Business soll für Risiken haften. Unternehmen, die die Verantwortung für Security und Risk Management ausschließlich der IT anlasten wollen, provozieren Streit. Da kann sich die IT den Mund fusselig reden - so lange das Business nicht durchsetzt, dass Prozess-Eigner und Linien-Manager Verantwortung übernehmen, steht jeder Sicherheits- und Risk-Manager auf verlorenem Posten.

Es bleibt aber Sache des Risiko-Managers, Prozesse und Policies zu entwickeln.

4. Es fehlt an Klugheit im Umgang mit Business Intelligence. Die Analysten hören viele Klagen über die praktische Nicht-Umsetzung von BI-Strategien. Nach wie vor entscheiden viele Business-Manager ad hoc. Da nützen dem CIO seine Visionen auch nichts.

5. Der Dienstleister hält nicht, was er versprochen hat. Dass Outsourcing-Verträge kleiner und kürzer werden, hat seinen Sinn. Gartner ruft beide Seiten zu mehr Flexibilität auf. Künftig wird immer öfter nachjustiert. Dafür müssen alle Vertragspartner Kompetenz und Zeit mitbringen.

6. Auf ins Gewühl! Glaubt man den Analysten von Gartner, haben CIOs ja schon genug mit dem Business zu kämpfen. Kompetenzgerangel zwischen einzelnen IT-Verantwortlichen können sie daher nicht gebrauchen. Werden sie aber bekommen. Tipp der Analysten: Sich auf die drei Kernbereiche Unternehmensarchitektur, Geschäftsprozess-Management und Service Management konzentrieren.

7. Was soll modernisiert werden? Und wann? Viele geschäftskritische Anwendungen wurden vor Urzeiten von Programmieren entwickelt, die schon längst nicht mehr im Unternehmen sind. Die Frage, wann welche Systeme migriert werden sollen, ruft verschiedenste Interessengruppen auf den Plan. Es wird eine knifflige Aufgabe bleiben, nach Bedarf und Budgets zu entscheiden.

8. An wen sollen Prozess-Eigner berichten? Gartner rät Unternehmen, Business Process-Kompetenzzentren zu bilden. Diese sollten für die Dauer des jeweiligen Projektes eingerichtet werden und an den Chief Operating Officer (COO) berichten. Ihre Besetzung besteht aus dem Fachbereichsleiter, den Prozessverantwortlichen und IT-Mitarbeitern. Nach Projektabschluss kehren die Kollegen an ihre jeweiligen Arbeitsplätze zurück.

9. Wie viel Formalität braucht Programm- und Portfolio-Management? Die Einen sagen, zu viele Regeln blockieren die so sehr geforderte Flexibilität. Die anderen sagen, Disziplin erzeuge bessere Resultate. Die Analysten von Gartner glauben, dass diese Streitgespräche mittelfristig abebben. Dann werden Veränderungen in Projekten als normal akzeptiert werden. Folge für das Programm- und Portfolio-Management: Immer kleinere Units werden unter die Lupe genommen, um ständige Änderungen gleich auszutarieren.

Gartner hat die "Nine most contentious IT issues for the next two years" Mitte Oktober auf einem Symposium in Orlando ausgeführt.