DSL statt Satelliten

Die Schüssel kommt weg

05.03.2006 von Christoph Lixenfeld
Das Mineralölunternehmen Total baut gerade seine störungsfreien Satellitenverbindungen zu den Tankstellen ab. Beim Vernetzen bietet die DSL-Technik vor allem den Vorteil, problemlos skalierbar zu sein.

Die Geschichte der DSL-Technik ist noch relativ kurz. Und durch den Siegeszug, den sie mittlerweile angetreten hat, erscheint es schon fast so, als habe es nie Alternativen dazu gegeben. Und doch gab es sie. Eine davon war die Datenübertragung via Satellit. Anfang der 90er-Jahre hatte Total Deutschland seine Tankstellen mit Hilfe dieser Technik an die Zentrale in Berlin angebunden. „Damals war das eine preiswerte Alternative zur normalen Telefonleitung“, so Jan Petersen, IT-Chef von Total Deutschland. „Wir hatten eine Art Flatrate, das heißt, es gab einen monatlichen Festpreis für jede angebundene Station.“ Technische Probleme traten kaum auf, „nur bei extremem Schneefall oder starkem Regen wurde die Verbindung manchmal schlechter“, erzählt Petersen.

Solche gelegentlichen Empfangsstörungen, die Heim-Usern von Satellitenschüsseln her vertraut sind, waren allerdings nicht der Grund, warum Total Deutschland die Datenanbindung seiner Tankstellen jetzt schrittweise auf die DSL-Technik umstellt. Das Unternehmen will vor allen Dingen die Möglichkeit haben, ohne großen technischen Aufwand maßgeschneiderte Bandbreiten abrufen zu können.

Der Datenverkehr wächst

„Schon heute übertragen wir in beide Richtungen wesentlich mehr Daten als noch vor einigen Jahren. Zu den Tankstellen hin fließen mehr Preisinformationen. Total stellt die Kraftstoffpreise in den Kassensystemen zentral über die Leitung ein. Und von den Stationen weg ist der Traffic vor allem durch die vielen Zahlungsinformationen angestiegen, weil immer mehr Kunden mit EC- und Kreditkarten bezahlen“, erläutert Jan Petersen. Diese Datenströme werden in den kommenden Jahren bei Total noch stärker wachsen, weil das Unternehmen Zahlen aus der Warenwirtschaft der einzelnen Stationen für Auswertungen nutzen will. Ziel ist es, den Umsatz genauer als bisher steuern zu können. Jan Petersen: „Wir wollen zum Beispiel wissen, wie viel Bier einer Sorte an einer bestimmten Station verkauft wird.“

Im Augenblick ist das zwar noch Zukunftsmusik, aber das Unternehmen wollte schon heute die notwendigen Kapazitäten zur Verfügung haben.Deshalb fand vor etwa einem Jahr eine Ausschreibung statt: Ziel war die Installation einer ADSL-Infrastruktur zum monatlichen Festpreis. Die Kapazität der Leitungen sollte so weit wie möglich skalierbar sein, allerdings wollte Total in jeder Ausbauphase nur genau für das Tempo bezahlen, das auch wirklich genutzt wird. Am Ende der Ausscheidung lagen Arcor und QSC gleichauf. „Beide Angebote waren hervorragend und preislich fast gleich“, so Jan Petersen, „da hätten wir es als unfair betrachtet, einem von beiden eine Absage zu erteilen.“ Auch der Umfang des Roll-outs legte es nahe, sich auf zwei Partner zu stützen: Mehr als 350 Tankstellen wurden bis Juni 2005 angebunden, je zur Hälfte durch QSC und durch Arcor.

Umstellung in acht Wochen

Dass die ganze Sache am Anfang etwas hakte, dafür macht der Total-IT-Chef keineswegs die DSL-Dienstleister verantwortlich.„Wir mussten einfach sehr viele Einstellungen vornehmen, weil unterschiedlichste Technik beteiligt war.“ Dabei handelte es sich nicht nur um verschiedene Kassensysteme, die an die Zentrale in Berlin angebunden werden mussten; auch die vorhandenen Verkabelungen in den Tankstellen waren keineswegs identisch. „Nach sechs bis acht Wochen hatten wir die Probleme aber im Griff“, so Petersen. Entstanden ist ein VPN (Virtual Private Network) mit privaten IP-Adressen. „Das bedeutet, das sämtlicher Datenverkehr in diesem Netzwerk von außen nicht sichtbar und damit auch nicht angreifbar ist“, erläutert Marco Wienrich, Key-Account-Manager bei QSC.

Die Geschwindigkeit der Anbindung hat sich in etwa verzwanzigfacht: Via Satellit wurden in diesem Fall maximal 40 Kilobit pro Sekunde im Downstream übertragen, bei der DSL-Anbindung sind es aktuell 1024 Kilobit, wobei eine Verdreifachung dieses Tempos ohne großen technischen Aufwand möglich wäre. Natürlich hätte Total das Tempo auch erhöhen können, wenn das Mineralölunternehmen bei der Satellitentechnik geblieben wäre, nur wäre das erheblich teuer geworden als im Falle von DSL. Aktuell kostet die neue Lösung etwa 20 Prozent weniger als die alte. Auch jetzt gibt es eine Flatrate, das heißt, Total bezahlt einen fixen Preis pro Monat und Tankstelle.

Insgesamt ist Jan Petersen, IT-Chef von Total Deutschland, mit der gewählten Lösung sehr zufrieden. „Besonders erfreulich und für mich eigentlich überraschend war die Verhandlungsbereitschaft unserer Partner. Vor drei bis vier Jahren war das noch ganz anders“, erzählt Petersen. „Im Augenblick scheint es doch einen ziemlichen Preiskampf auf diesem Gebiet zu geben.“

Von den etwa 1100 Total-Tankstellen arbeiteten Anfang Februar 450 über DSL. Weitere 300 DSL-Anbindungen waren betriebsbereit oder standen kurz vor der Inbetriebnahme. Nach deren Produktivsetzung in diesen Wochen wird sich die Anzahl der über DSL angebundenen Tankstellen damit auf etwa 750 erhöhen, verdrahtet je zur Hälfte von Arcor und von QSC. 350 Stationen müssen allerdings auch mittelfristig mit der Satellitenverbindung weiterarbeiten, teilweise weil sie noch mit Kasssensystemen arbeiten, die nicht IP-fähig sind. Diese einzeln auszutauschen wäre zu teuer, die Umstellung auf DSL wird erfolgen, wenn bei Total ohnehin ein größerer Austausch von Kassensystemen ansteht.

Und einige Tankstellen werden auch danach auf eine schnelle DSL-Verbindung verzichten müssen. „Es gibt eben immer noch Gegenden auf dem Land, in denen diese Technik einfach nicht zur Verfügung steht“, so Jan Petersen.