Wie sich der Fachkräftemangel verteilt

Die Schwächen von Bewerbern

14.03.2013 von Werner Kurzlechner
Eine Studie der DIS AG bescheinigt IT-Fachkräften Mängel bei Soft Skills. Und Führungskräfte klagen über ein gestiegenes Arbeitspensum.
So verteilt sich laut Studie der Mangel.
Foto: DIS AG

Das leidige Thema Fachkräftemangel in der IT hat offenbar eine weithin ungeahnte Facette: Sehr viel mehr noch als bei Informatikern mit Hochschulabschluss herrscht ein Engpass bei IT-Fachleuten mit nicht-akademischer Berufsausbildung. Das geht aus einer Studie des Personaldienstleisters DIS AG hervor.

„Den Ergebnissen der zweiten Befragung zufolge herrscht der größte Mangel an Fachkräften in technischen und in IT-Berufen sowie im Bereich Informatik“, lautet das Fazit im nun wiederholt erhobenen Fachkräftekompass, für den TNS Infratest im Auftrag der DIS AG 253 Unternehmen befragte. Es fehlen laut Studie in über 50 Prozent aller Unternehmen mit mehr als 1000 Mitarbeitern Beschäftigte mit einem abgeschlossenen technischen Studium – zumeist Ingenieure – beziehungsweise mit einem abgeschlossenen Informatikstudium.

Auch ITler ohne Hochschulabschluss gesucht

Wie die Studie zeigt, sucht ein Drittel der Befragten nach Fach- und Führungskräften mit abgeschlossenem Informatikstudium. Noch schlimmer ist es aber bei Spezialisten mit einer abgeschlossenen Berufsausbildung in IT-Berufen. 36 Prozent der Firmen klagen hier über Bedarf. „Hier zeigt sich, wie groß aktuell der Bedarf an ITlern ist, und zwar nicht nur im hochqualifizierten Segment", sagt Martin Mahler, Geschäftsbereichsleiter IT bei der DIS AG. "Vielmehr werden Mitarbeiter aller Qualifikationsstufen gesucht."

Besonders schlimm ist die Lage offenbar in Firmen mit mehr als 1000 Mitarbeitern. 42 Prozent der Befragten suchen hier nach IT-Profis mit absolvierter Lehre. Noch ärger drückt diese Gruppe der Schuh allerdings bei den Akademikern: 54 Prozent wollen Informatikabsolventen rekrutieren.

IT-Fachleute punkten in Teilen bei den Skills, nicht aber bei den weichen.
Foto: DIS AG

Insofern lässt sich das Ergebnis der Studie offenbar ein Stück weit relativieren. Nicht-Akademiker sind besonders in Unternehmen mit weniger als 1000 Mitarbeitern knapp. 35 Prozent der Befragten aus dieser Gruppe suchen im Segment mit Berufsausbildung, aber nur 27 Prozent der großen Firmen. Das Gesamtergebnis der Studie ist somit auch der Zusammensetzung der Studienteilnehmer geschuldet, in der die kleineren Firmen offenbar ein großes Gewicht haben.

Als Sektor mit dem größten Bedarf nach IT-Fachleuten schält die Studie die Industrie heraus, in der 43 Prozent der Befragten nach Hochschulabsolventen und 39 Prozent nach IT-Spezialisten mit Berufsausbildung suchen. Zum Teil ähnlich ist die Lage im Handel, etwa entspannter bei den Dienstleistungsfirmen. Aber auch hier ist jedes vierte bis jedes dritte Unternehmen in Personalsorgen im IT-Bereich. Der Fachkräftemangel ist letztlich ein flächendeckendes Problem.

Das illustriert eine ähnliche, aber einen Tick anders gelagerte Fragestellung. Dieses Mal wollten die Studienautoren lediglich von den Unternehmen mit Personalengpässen wissen, in welchen Bereich vakante Stellen tatsächlich nicht bedarfsgerecht besetzt werden können. 42 Prozent nennen hier die IT-Bereich. Mit 38 Prozent und 31 Prozent führen weniger Unternehmen den kaufmännischen und wirtschaftlichen sowie den gewerblichen und handwerklichen Bereich an.

Nicht teamfähig sowie Probleme mit Sprache und Rechtschreibung

Die Studie fragt außerdem, welche Schwächen Unternehmensvertreter bei Bewerbern ausmachen. Anders gesagt: Welche Anforderungen Kandidaten ihrer Einschätzung nach nur unzureichend erfüllen. Das überraschende Ergebnis: Es sind nicht die Fachkenntnisse, mit denen Bewerbern nicht überzeugen können, sondern Fähigkeiten im Bereich der Soft Skills.

So bemängeln 37 Prozent der Befragten bei Bewerbern im IT-Bereiche fehlende soziale Kompetenzen und Empathie, 34 Prozent machen Defizite hinsichtlich der Teamfähigkeit aus und jeweils 28 Prozent sehen Schwächen in den Bereichen Kooperations- und Kommunikationsfähigkeit. Auch hinsichtlich der Kriterien Sicherheit in deutscher Sprache und Rechtschreibung, englische Sprachkenntnisse und Umgangsformen verteilen die Befragten durchschnittlich schlechte Noten.

Dieser Befund lässt sich aus IT-Sicht sogar noch zuspitzen: Im Vergleich mit anderen Bereich schneiden die IT-Bewerber in einigen Bereich klar am schlechtesten ab. Besonders gravierend sind relativ betrachtet die Defizite in sozialer Kompetenz und Empathie sowie Team- und Kooperationsfähigkeit. Immerhin lässt sich ebenso feststellen, dass bezüglich diverser anderer Fähigkeiten die Mängel der IT-Bewerber geringer sind als bei potenziellen Mitarbeitern in anderen Feldern.

Neue Führungsmodelle

"Die Deutlichkeit dieser Ergebnisse überrascht, vor allem da die Befragung direkt auf Bewerber im Bereich der Fach- und Führungskräfte abzielte", erläutert Mahler. "Unternehmen zeigen sie allerdings zugleich auf, wo diese ansetzen können, um dem Fachkräftemangel zu begegnen: bei ihrem internen Weiterbildungsangebot." Der Experte kann die Ergebnisse aus der Praxis bestätigen: "Wir beobachten immer häufiger, dass Unternehmen bei der Besetzung von Stellen nicht nur auf die Qualifikation von Bewerbern achten, sondern auch großen Wert darauf legen, dass diese zum Betrieb und seiner Kultur passen", so Mahler. "Auch in Zeiten des Fachkräftemangels scheint die Bedeutung von Soft Skills nicht abzunehmen."

Im Fokus einer weiteren Frage stehen ausschließlich die Führungskräfte. Die DIS AG wollte hierzu wissen, wie sich speziell bei Führungskräften ihrer Einschätzung nach die Arbeitsmodelle in den vergangenen fünf bis zehn Jahren verändert haben.

Fast die Hälfte der Befragten stellt fest, dass neue Führungsmodelle wie virtuelle Führung Einzug in Unternehmen halten. Die zunehmende Globalisierung und Technologisierung von Arbeitsabläufen könnte treibend für diese Entwicklung sein. Der Anteil an Interims- und Freelance-Management liegt bei 38 Prozent, der Anteil der Bedeutung von Zeitarbeit als Management-Instrument bei 36 Prozent.

Zudem hat die Bedeutung von Zeitarbeit im Bereich der Führungskräfte nach Angaben von einem Drittel der Befragten verstärkt Einzug in Unternehmen gehalten. 46 Prozent der Befragten geben an, dass Führungskräfte ihrer Einschätzung nach heute deutlich mehr arbeiten als früher.