Benchmark Anwenderzufriedenheit

Die Sieger mit den zufriedensten Usern

14.03.2017 von Rolf Röwekamp
Sobald die IT intensiv und in verständlicher Sprache mit den Mitarbeitern redet, steigt automatisch die Anwenderzufriedenheit. Diese Erfahrungen machen alle Sieger des diesjährigen IT Excellence Benchmark (ITEB).
  • Technologien wie Artificial Intelligence oder Machine Learning werden Aufgaben weiter automatisieren und beschleunigen, aber persönlichen Kontakt am Service darf nie abgeschafft werden
  • Es gibt oft weniger ein Innovationsproblem der IT als ein Kommunikationsproblem
  • Je mehr die IT kommuniziert, desto mehr konstruktives Feedback bekommt sie von den Mitarbeitern zurück
  • Die Anwenderzufriedenheit hängt nicht mit Funktion, Alter oder Arbeitsort zusammen, sondern mit der Skepsis gegenüber der digitalen Welt
Die Sieger (v. l. n. r.): CIO Eric Heinen-Konschak von der GIZ (Platz 2), CIO Michael Sonne von Interhyp (Platz 1) und CIO Andreas Miehle von Constantia Flexibles (Platz 3).
Foto: Foto Vogt

Kommunikation lohnt sich. Das ganze Jahr über besuchte das IT-Management die großen Standorte des Baufinanzierers Interhyp, stellte dort die IT vor und sprach mit den Mitarbeitern über die aktuellen Projekte. Darüber hinaus holte die IT auch immer wieder Feedback von den Anwendern ein, um auf ihre Verbesserungsvorschläge eingehen zu können. "Ein großer Erfolgsfaktor für die Beliebtheit der IT ist sicher die Nähe zum internen Kunden", sagt CIO Michael Sonne.

Michael Sonne, CIO, Interhyp: „Ein großer Erfolgsfaktor ist die Nähe zum internen Kunden.“
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Diese Wertschätzung spiegelte sich erneut beim diesjährigen IT Excellence Benchmark wider. Wie schon im vergangenen Jahr gewann die Interhyp den Benchmark zur Anwenderzufriedenheit - und das sogar mit einem geringfügig besseren Ergebnis. Beim Kriterium der "Allgemeinen Zufriedenheit" erreichte Interhyp 2016 den Spitzenwert 1,60 nach 1,62 im Jahr 2015. Der Durchschnittswert aller Teilnehmer lag hier wie im Vorjahr bei 2,66, wobei die Mitarbeiter auf einer Skala von 1 (vollkommen zufrieden) bis 5 (unzufrieden) abstimmen durften.

Über 10.000 Abrufe der Erklärfilme

Für die positive Beurteilung der Anwender hat CIO Sonne neben der Kommunikation noch eine weitere Erklärung parat: Im vergangenen Jahr hatte die IT-Organisation des Immobilienfinanzierers mit Hauptsitz in München jede Menge zu tun. Nachdem Interhyp 2015 angefangen hatte, Windows 10 einzuführen, erfolgte 2016 das Windows 10 Anniversary Update, 2017 soll nun das Creators Update kommen.

Neben Windows 10 und Office 2016 schuf die IT für die Mitarbeiter ein Serviceportal, auf dem sie mit selbst erstellten Videos den Mitarbeitern Hilfe rund um alle IT-Themen anbietet. Mehr als 10.000-mal riefen die Anwender im vergangenen Jahr die Erklärfilme ab.

Sicher und unkompliziert über VPN ins Firmennetz einloggen

Sehr gut kam bei den Mitarbeitern auch an, dass sie sich jetzt mit Anyconnect schnell, sicher und unkompliziert über VPN in das Firmennetz einloggen können. Und um in Zukunft das kabellose Arbeiten noch besser zu unterstützen, testete die IT in den Besprechungsräumen neue Technologien wie den Drahtlos-Standard Miracast aus. Er soll nun flächendeckend eingeführt werden.

Kritikpunkte aus den Benchmark-Ergebnissen vom Vorjahr nahm die IT auch auf und arbeitete sie ab. So erleichterte sie den Vertriebsmitarbeitern das Drucken, indem sie eine neue moderne Druckerzuordnung entwickelte. Außerdem hatten Vertriebler 2015 die Ausstattung mit Monitoren bemängelt. Ein Problem, das die IT leicht beheben konnte, indem sie firmenweit zweite Bildschirme aufstellte. Gut, dass man darüber geredet hat.

Platz 2: GIZ - Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit

Dass die Anwenderzufriedenheit gar nicht so sehr von Innovationen, sondern vielmehr von einer guten Kommunikation abhängt, stellte auch die Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) fest. Die Organisation war 2011 aus der Fusion der Deutschen Gesellschaft für Technische Zusammenarbeit (GTZ), der Internationalen Weiterbildung und Entwicklung gGmbH und dem Deutschen Entwicklungsdienst hervorgegangen. Wie der jüngste ITEB-Benchmark zeigt, sind die Mitarbeiter zufrieden mit ihrer IT. Sehr zufrieden sogar, denn die GIZ belegte Platz zwei.

Eric Heinen-Konschak, CIO, GIZ: „Die Zufriedenheit hängt von der Offenheit gegenüber dem Digitalen ab.“
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Bei der Analyse früherer ITEB-Ergebnisse zeigte sich überraschend, dass die IT viele von den Mitarbeitern geforderte Lösungen schon längst bereitstellte. "Daraus haben wir den Schluss gezogen, dass wir in erster Linie ein Kommunikationsproblem haben", sagt Wolfgang Wahler, Leiter des IT Service Center.

Kommunikation unter anspruchsvollsten Bedingungen

So hatten sich die Mitarbeiter im Benchmark 2013 von der IT insbesondere gewünscht, das Dokumenten-Management-System (DMS) zu verbessern. Wie sich herausstellte, kannten infolge der Fusion nicht alle Mitarbeiter die Features des eingesetzten DMS und auch nicht den Support für mobiles Arbeiten. "Die GTZ hatte schon seit vielen Jahren auf Laptops gesetzt, wogegen in den anderen Unternehmen noch mehr Desktops verbreitet waren", sagt Wahler. Seitdem schulte und kommunizierte die IT intensiv, so dass im Benchmark 2016 die Punkte DMS und mobiles Arbeiten auf der Kritikliste weit nach unten rutschten.

Kommunikation findet bei der GIZ unter anspruchsvollsten Bedingungen statt. Das gemeinnützige Bundesunternehmen beschäftigt über 18.000 Mitarbeiter, davon rund 3150 in Deutschland, die übrigen verteilen sich auf weltweit 130 Länder. "Der Support betreut einen vollkommen heterogenen Personenkreis, was sich in den Anforderungen niederschlägt", sagt Wahler.

ITEB: Allgemeine Zufriedenheit mit der IT-Abteilung
Foto: cio.de

So gibt es beispielsweise in den ärmsten Ländern der Welt und in Krisenregionen oft gar kein Internet oder es funktioniert nicht oder die Bandbreite reicht nicht aus. Dann läuft die Verbindung bestenfalls über das Telefonnetz. "In Westafrika fällt beispielsweise in der Regenzeit das Internet manchmal für ein paar Stunden aus", berichtet Leiter IT Eric Heinen-Konschak.

Videos statt Text-Mails

Ein Aha-Erlebnis ganz anderer Art erlebten Heinen-Konschak und Wahler bei einer Phishing-Attacke im vergangenen Sommer. Sofort gingen Warn-Mails an ­alle Mitarbeiter hinaus, doch zeigte sich bei der späteren Analyse, dass einige Länder stärker von dem Angriff betroffen waren als andere. "Wir stellten fest, dass die Mitarbeiter in einigen Ländern unsere IT-Mails gar nicht gelesen haben. Das kann zum Beispiel mit unterschiedlichen Lesekulturen zusammenhängen", so Heinen-Konschak. Als Konsequenz hat der Support angefangen, Videos von maximal 90 Sekunden Länge zu drehen und in den Sprachen Deutsch, Englisch sowie Spanisch und Französisch zu verschicken.

Zusätzlich stellt der häufige Wechsel von Mitarbeitern an den verschiedenen Standorten die rund 100 IT-Mitarbeiter in den deutschen Zentralen Bonn und Eschborn vor große Herausforderungen. So müssen ständig neue Kollegen in die Systeme eingearbeitet werden. Um das hinzubekommen, läuft beispielsweise in den Ländern ein stark vereinfachtes ERP-System, das leichter und schneller zugänglich ist. "Ein SAP-System, wie wir es in Deutschland haben, ist zu kompliziert und der Schulungsaufwand wäre viel zu groß", erläutert Heinen-Konschak.

ITEB: Zufriedenheit im Detail
Foto: cio.de

Doch Schulungen bleiben eine Daueraufgabe, weil es viel Fluktuation in den Ländern gibt - nicht nur bei den Beschäftigten in den Büros, sondern auch bei den Support-Mitarbeitern vor Ort.

"Umso mehr macht es uns stolz, im Vergleich zum Benchmark 2013 bei der Anwenderzufriedenheit einen deutlichen Sprung nach vorn gemacht zu haben", freut sich Wahler. Ihn begeistert nicht zuletzt das starke Feedback der Mitarbeiter im ITEB-Fragebogen. "Es gab mehr als 1000 Einträge in das Freitextfeld. Dass sich die Mitarbeiter so viel Zeit genommen haben für eine individuelle Antwort, das war für uns eine sehr positive Überraschung."

ITEB: Kommunikation und Zusammenarbeit
Foto: cio.de

Die GIZ hatte 2016 die Anwender international befragt. Dabei zeigte sich, dass es in der Zufriedenheit zwischen den Mitarbeitern der einzelnen Länder keine Unterschiede gibt. Heinen-Konschak sieht dennoch Abweichungen, die sich allerdings anders begründen: "Die Zufriedenheit hängt nicht mit Funktion, Alter oder Arbeitsort zusammen, sondern mit der Offenheit von Mitarbeitern gegenüber dem Digitalen."

Platz 3: Constantia Flexibles

Zu einem ähnlichen Ergebnis kommt auch Markus Zöchbauer. "Je höher die Mitarbeiter ihr IT-Wissen einschätzen, desto zufriedener sind sie mit den IT-Services. Das war eine wichtige Erkenntnis", sagt der Leiter

Client & Services vom österreichischen Verpackungshersteller Constantia Flexibles. Das Unternehmen mit Hauptsitz in Wien beschäftigt 10.000 Mitarbeiter an 55 Produktionsstandorten in 24 Ländern. Zum zweiten Mal nach 2015 hat die IT ihre Anwender nach ihrer Zufriedenheit befragt, 2016 gelang der Sprung auf Platz drei.

Andreas Miehle, CIO, Constantia Flexibles: "Ich will eine First Solution Rate von 96 Prozent."
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Wie stark IT-Wissen und Zufriedenheit korrelieren, verdeutlicht Zöchbauer an einem Beispiel: "Seit wir mit dem Management nur noch in Business-Sprache statt mit technischem Jargon reden, steigt dort die Zufriedenheit." Business-Relationship-Management ist also gefragt. "Dieser kulturelle Wandel muss top down getrieben werden, das muss vom CIO ausgehen", weiß Zöchbauer aus Erfahrung. "Erst dann kann man auch die IT-Mannschaft mitnehmen."

Das Ziel: eine First Solution Rate von 96 Prozent

Kommunikation allein reicht also nicht, der Support muss auch die richtige Sprache finden. Deshalb hat die IT den Service-Desk als Single Point of Contact etabliert, um das Wissen zentral zu bündeln und Fehler zu beheben. Außerdem sollen in diesem Jahr im Service-Katalog die IT-Dienste noch detaillierter und in Business-Sprache beschrieben sowie das Charging-Modell für die Services ausgebaut werden. "Wir lösen die Pro­bleme zu 80 Prozent im ersten Anlauf, das ist gut. Aber ich will von den restlichen 20 Prozent auch 80 Prozent, also eine First Solution Rate von 96 Prozent", nennt CIO Andreas Miehle von Constantia Flexibles sein Ziel. Dadurch soll die Anwenderzufriedenheit noch einmal steigen.

ITEB 2017 | Ansprechpartner und Termine

Carolin Beck
Foto: Carolin Beck

Der ITEB 2017 läuft bereits, die Teilnahme ist jederzeit möglich. Informationen dazu finden Sie auf der Webseite www.cio.de/iteb oder direkt bei

Carolin Beck, IDG Business Media GmbH
Lyonel-Feininger-Straße 26
80807 München
Tel.: 089/360 86-122
Fax: 089/360 86 99-122
E-Mail: cbeck@idgbusiness.de

Auch will Constantia Flexibles stärker automatisieren, so dass sich Mitarbeiter Tag und Nacht über ein Self-Service-Portal Unterstützung holen können. Da kommt fast zwangsläufig die Frage auf, ob nicht neue Technologien wie Artificial Intelligence oder Machine Learning die Support-Mitarbeiter irgendwann ersetzen könnten. Miehle glaubt zwar, dass die neuen Technologien viele Aufgaben weiter automatisieren und beschleunigen werden, doch Standardisieren, Automatisieren und Zentralisieren ersetze nicht die Gespräche mit dem Business. "Den persönlichen Kontakt werden wir nie abschaffen. Der Service-Desk ist bis auf wenige Ausnahmen der letzte direkte persönliche Austausch mit den Mitarbeitern."

Und der Service-Desk erfüllt noch eine andere wichtige soziale Funktion, weiß Interhyp-CIO Sonne: "Beim Support kann ein Mitarbeiter auch mal seinen Unmut loswerden und schimpfen. Eine Computerstimme beruhigt bei Ärger wenig."