Über eine reine Männerleidenschaft

Die teuersten Luxusuhren

15.12.2009 von Maren Hoffmann
Die Uhr als mobile Geldanlage hat einen eigenen Charme, meint Stefan Muser, Inhaber des auf Luxusuhren spezialisierten Auktionshauses Dr. H. Crott in Mannheim. Im Gespräch mit manager-magazin.de verrät er, worauf Sammler achten sollten und welche Trends derzeit den Vintage-Uhrenmarkt prägen.
Uhrenkenner: Stefan Muser leitet das auf Vintage-Uhren spezialisierte Auktionshaus Dr. H. Crott in Mannheim.

Vor fünf Jahren haben Sie hohe Preissteigerungen auf dem Uhrenmarkt vorausgesagt - für die kommenden fünf Jahre. Ist jetzt also die Zeit zum Verkaufen gekommen?

Muser: Man sollte das differenziert betrachten. Herausragende Ware wird extrem hoch bezahlt. Auch höher als damals. Unser momentanes Problem ist vielmehr, dass das mittlere und das Anfängersegment auf niedrigem Niveau stagnieren.

Woran liegt das?

Muser: Lapidar gesagt: Vermögende Leute geben nun mal gerne sehr viel Geld für Sachwerte aus. Anfänger tun sich in diesen wirtschaftlich schwierigen Zeiten schwerer. Vielleicht ist das Geld schlicht und ergreifend nicht vorhanden.

Wann lohnt es sich dann überhaupt einzusteigen? Was wäre eine gute Investition?

Muser: Im Moment bekommen Sie große Marken wie etwa Vacheron Constantin oder Longines zu sehr akzeptablen Preisen. Gerade in den 50er und 60er Jahren haben solche Manufakturen wunderschöne Uhren gebaut. Von der technischen Seite betrachtet, sind diese sogar richtig gut und kommen oftmals an die Großen heran.

Wie viel Geld muss man in die Hand nehmen, um eine richtig tolle Uhr zu bekommen?

Muser: Das geht bei 2500 bis 3000 Euro los.

Foto: manager-magazin.de

Gefunden im Manager-Magazin

Rekordhalterin: Diese Herrenarmbanduhr von Patek Philippe mit ewigem Kalender, Mondphase und Chronograph im Stahlgehäuse wurde für 1,3 Millionen Euro verkauft.
Foto: IWC Schaffhausen, Patek Philippe

Welche Marken sind wertstabil?

Muser: Das sind nach wie vor Marken wie Patek Philippe, Rolex, Lange & Söhne. An diesen Namen wird sich so schnell auch nichts ändern. Deren Uhrmacherei hat eine lange Tradition. Kraft ihres Namens werden diese Marken am häufigsten nachgefragt - obwohl es natürlich auch andere sehr gute Uhren gibt.

Welche Rolle spielen Fälschungen auf dem Markt?

Muser: Eine immer größere. Fälscher sind besser geworden. Sie haben verbesserte technische Möglichkeiten, bessere Maschinen als früher. Wir bekommen Fälschungen in die Hand, die unter Umständen von außen bis im Detail keinen Unterschied mehr zum Original aufweisen. Die Zeiten werden härter. Wenn jemand in Uhren investiert, sollte er unter allen Umständen jemanden an der Seite haben, der wirklich etwas von dieser Thematik versteht.

"Begeisterung und Lifestyle"

Wie groß ist der Markt überhaupt? Wie viele leidenschaftliche Uhrensammler gibt es in Deutschland?

Muser: Der Markt ist beträchtlich. Wir verschicken rund 5000 bis 6000 Kataloge pro Auktion, Auktionshäuser wie Christie's ebenfalls - und das sind oftmals nur die Vintage-Uhrensammler. Die Zugriffe auf unsere Webseite explodieren. Wir reden hier von Uhren, die eine Menge Geld kosten können. Das sind ernst zu nehmende Sammler und auch Investoren. In letzter Zeit bemerken wir, dass auch das Interesse an Taschenuhren wieder zunimmt. Aber diese werden selten getragen, solche Uhren werden ob ihrer technischen Komplexität, ihrer optischen Schönheit und als Investment gesammelt.

In welchem Preissegment werden aus Ihrer Sicht prozentual gesehen die besten Renditen erzielt?

Muser: Diese Frage wird mir häufig gestellt, aber ich tue mich schwer damit. Das Sammeln von edlen Zeitmessern hat doch etwas mit Begeisterung und Lifestyle zu tun. Wenn noch eine Rendite hinzukommt, dann ist das schön. Das ist allerdings nicht zwangsläufig so.

Aber man wünscht es sich.

Muser: Es wird ja auch von vielen Seiten suggeriert. Bei verschiedenen Modellen innerhalb bestimmter Marken lassen sich auch durchaus Renditen erzielen. Aber vorauszusehen, welche das sind, ist sehr schwierig.

Klassiker: Eine Rolex "Oyster Chronographe Anti-Magnetique" aus dem Jahr 1962. Von dieser Uhr existieren nur wenige Exemplare in Stahl.

Würden Sie Uhren als Wertanlage dann gar nicht empfehlen?

Muser: Doch, unbedingt. Ich selbst sammle leidenschaftlich. Sie können das mit Aktien vergleichen: Jemand, der komplett unbedarft und ahnungslos in Aktien investiert, wird unter Umständen genauso auf den Bauch fallen wie jemand, der unbedarft und ahnungslos in Uhren investiert. Im Moment drängt sich der Eindruck auf, dass immer mehr Menschen nach Uhren als solide Wertanlage suchen. Bei einer Uhr haben Sie zusätzlich einen unbestreitbaren Vorteil: Sie ist mobil. Sie müssen im Zweifelsfall nur Ihr Bankschließfach auflösen. Das hat einen eigenen Charme.

Welche war die teuerste Uhr, die Sie bisher versteigert haben?

Muser: Das war im Jahr 2004, eine Stahluhr: Die Patek Philippe 1518, 1943 gebaut, die mit 250.000 Euro aufgerufen war und dann für 1,3 Millionen Euro an einen italienischen Sammler ging. Die besten Ergebnisse in den vergangenen beiden Jahren haben wir mit komplizierten Taschenuhren von Lange & Söhne erzielt.

"Durchmesser von 60 Millimetern"

Gibt es bei Uhren besonders gute Jahrgänge? Was war die goldene Zeit der Uhrmacherei?

Muser: Es gab immer wieder Glanzzeiten in der Uhrmacherei, in verschiedensten Epochen und verschiedenen Ländern - in der Schweiz, in Deutschland, in Frankreich oder in England. Aber zumindest bei Armbanduhren war das sicherlich die Zeit zwischen den 30er und 60er Jahren.

Wenn Sie sich den heutigen Uhrenmarkt anschauen: Was sind die Klassiker von morgen? Welche Uhren, die jetzt neu auf den Markt kommen, werden Sie in 30 Jahren handeln?

Muser: Das ist schwer zu sagen. Es gab in den vergangenen zehn Jahren so viele technische Weiterentwicklungen. Wir haben heute eine schier unglaubliche Vielfalt am Markt - viel breiter gestreut als noch vor 30 oder 40 Jahren. Innovative kleinere Firmen bauen heutzutage Uhren, an die sich früher nur ein größeres Unternehmen herangetraut hätte. Tourbillons beispielsweise, früher der Gipfel der Uhrmacherei, hat nun nahezu jeder Hersteller im Programm.

Wie viele dieser kleinen Firmen in 20 oder 30 Jahren überhaupt noch existent sind, ist nicht ohne Weiteres vorauszusehen. Tatsache ist, dass die Klassiker, die wir schon vor 30 oder 40 Jahren hatten, auch noch in 30 oder 40 Jahren die Klassiker sein werden. Uhrmacherei ist eine traditionelle Geschichte, nichts Kurzlebiges.

Trotzdem hat ja auch die Uhrmacherei ihre Trends und Moden. In welchen Intervallen ändern die sich?

Muser: Rechnen Sie in Dekaden. Nehmen Sie zum Beispiel den Uhrendurchmesser. Wir sind ja im Moment bei sehr großen Größen …

Faszination Feinmechanik: Eine Taschenuhr von Mathys Bockels in Haerlem aus dem frühen 17. Jahrhundert.

… einmal Pizza mit allem …

Muser: Genau. In den 40er Jahren hatten Armbanduhren einen Durchmesser von 31 bis 33 Millimetern. In den 50er Jahren ging das leicht auf 34 Millimeter hoch, in den 60ern waren Sie schon bei 35, in den 70ern waren sie fast so groß wie heute - 40 bis 45 Millimeter. Anfang der 80er kamen dann plötzlich neue Modelle auf, und die Größenverhältnisse brachen zusammen: Es kamen Uhren auf den Markt, die wieder einen Durchmesser von 33 Millimetern hatten. In den 90ern wurden sie dann wieder größer - und jetzt sind wir bei riesengroßen Uhren. Ich habe schon aktuelle Modelle gesehen, die einen Durchmesser von 60 Millimetern hatten.

Da bekommt der Träger ja dann am linken Arm mehr Muskeln als am rechten.

Muser: Ich kenne Sammler, die an beiden Handgelenken Uhren tragen.

"Stahl, Platin, Weißgold"

Welches Metall ist derzeit am beliebtesten? Immer noch die Platinuhr?

Muser: Es ist immer noch die Platinuhr. Aber die Stahluhr erfreut sich deshalb nicht geringerer Beliebtheit. Stahl, Platin, Weißgold - die weißen Materialien sind noch am meisten gefragt. Im Moment beobachte ich allerdings einen leichten Dreh in Richtung Rotgold. Wenn man den Uhrenmarkt in Dekaden beobachtet, hat der Trend auch hier oftmals gedreht; es war immer mal wieder ein anderes Material, das nachgefragt wurde. Vielleicht wollen die Kunden jetzt weg von den weißen und schwarzen Materialien, um ein bisschen mehr Farbe zu tragen.

Haben Sie eine Erklärung dafür, warum teure Sammleruhren eine fast reine Männerleidenschaft sind?

Muser: Das ist eine gute Frage, die ich Ihnen schlecht beantworten kann. Ich könnte mir vorstellen, dass es an der bei Männern weit verbreiteten Faszination für Feinmechanik liegt.

Was fasziniert Sie persönlich denn an Uhren?

Muser: Es sind technische Meisterwerke. Sie sind optisch schön. Ich kann sie jeden Tag benutzen, und ich habe jeden Tag Freude daran. Meine Leidenschaft ist mein Beruf.

Was sagt eine Uhr über ihren Träger aus? Sie schauen doch bestimmt zuerst aufs Handgelenk, wenn Sie jemanden kennenlernen.

Muser: Sicher. Natürlich tue ich das. Aber ich habe in meinem Leben zu viele tolle Menschen kennengelernt, die keine teure Uhr getragen haben. Die Qualität eines Menschen mache ich nicht an der Qualität seiner Uhr fest. Bei vielen Menschen ist die Uhr die finale Konsequenz im Gesamterscheinungsbild. Was kann ein Mann denn groß machen? Er kann einen maßgeschneiderten Anzug tragen, handgemachte Schuhe, Manschettenknöpfe - und eine wunderschöne Uhr. Das war's.