Jobanfang

Die Todsünden in der Probezeit

01.07.2013 von Silke Fredrich
Ist die Bewerbung erfolgreich, kann der Traumjob beginnen. Doch zu früh gefreut, mahnen Experten. Denn mit der Probezeit beginnt erst die heikelste Phase des Jobs. So vermeiden Sie fiese Fehler in der Probezeit.

Wer seinen neuen Job antritt, will einen guten Eindruck machen. Verständlich, doch wer seine Probezeit nicht sehr bewusst angeht, kann den Traumjob schneller wieder los sein, als ihm lieb ist. Immerhin richtet sich in den ersten Wochen die Aufmerksamkeit von Chef und Kollegen auf den Neuling, und eine Kündigung kann während der Probezeit ohne größere Begründung ausgesprochen werden. Und Statistiken zufolge scheitert in Deutschland jedes fünfte Arbeitsverhältnis innerhalb der ersten sechs Monate. Wie also lässt sich die Gratwanderung zwischen Eindruck schinden, Fähigkeiten ausspielen, erste Zeichen setzen und Einfügen ins Team schaffen?

"Am Anfang muss man erst mal schauen, nach welchem Takt gespielt wird und welche Regeln gelten", sagt Karriereberater Martin Wehrle. Unbedingt zu vermeiden gilt es deshalb, sich überall einzumischen und ständig Verbesserungsvorschläge zu machen. So würde "der Neue" direkt als Feind wahrgenommen. Auch Experten des Karriereportals StepStone raten zu einem bescheiden wirkenden Auftakt: Auch wenn man es besser weiß, nicht alles selbst und allein machen, sondern die Kollegen um Rat fragen. Auch auf rasche Kritik nicht ungehalten oder gereizt reagieren, sondern Schlüsse für die Befindlichkeiten der Kollegen ziehen.

Auch wer einen ausgeprägten Drang verspürt, neue Ideen schnell und ohne Rücksicht auf Verluste allein durchzusetzen, riskiert den neuen Job. Karriereberater wie Martin Wehrle beobachten einen verstärkten Trend der Unternehmen, sich unliebsamer Mitarbeiter im Rahmen der Probezeit zu entledigen, weil der Neue es nicht schafft, sich in ein bestehendes Team einzugliedern und bescheiden aufzutreten. Man kann sich laut Wehrle ein Beispiel an jungen Azubis nehmen: Wenn sie ihre Ausbildung beginnen, wäre ihnen bewusst, dass sie erst mal das kleinste Glied in der Kette sind. Diese anfängliche Zurückhaltung würde Hochschulabsolventen oft fehlen.

Vor allem ist es wichtig, sich rasch ein eigenes Netzwerk in der neuen Arbeitsumgebung aufzubauen. Wichtige Fragen dabei sind, von welchen Kollegen man Informationen bekommt, wer die Entscheidungen trifft und auch, aus welchen Kungeleien unter Kollegen man sich lieber raushalten sollte. Funktioniert das Netzwerk erst einmal, hilft es auch dabei, sich regelmäßig Feedback geben zu lassen und mögliche Probleme früh zu erkennen.

Selbst die Brocken hinwerfen

Doch gelten die Anpassungsregeln nicht nur für den Neuankömmling. Auch das Unternehmen hat mit der Stellenausschreibung oder den Aussagen im persönlichen Gespräch Zusicherungen zum Aufgabenbereich, zu Abläufen und Betriebskultur abgegeben. Sollten diese Aussagen sich als völlige Fantasiegespinste herausstellen, hat auch der Mitarbeiter während der Probezeit die Möglichkeit, ohne ausführliche Angabe von Gründen kurzfristig zu kündigen.

Stattdessen die Flucht nach vorn antreten und das Gespräch mit dem Vorgesetzten suchen. Sachlich erklären, warum man doch nicht zueinander passt oder sich etwaige Konflikte nicht auflösen lassen. Auch der Zeitpunkt ist entscheidend. Ist das Arbeitsverhältnis schon nach ein paar Wochen vorbei, lässt sich diese Etappe im Lebenslauf noch verschweigen. Dauert die Probezeit hingegen schon einige Monate an, sollte die Begründung für den potenziellen neuen Arbeitgeber schon differenzierter ausfallen, als: "Es war alles ein großer Irrtum".

Der Austausch mit dem Vorgesetzten sollte während der Probezeit regelmäßig erfolgen, denn manche Todsünde entsteht so erst gar nicht: Denn wie so oft, fehlt auch beim Einarbeiten einer neuen Kraft die Zeit, sich ausreichend zu kümmern. Klar, dass Frustration auf beiden Seiten entstehen kann. Im gegenseitigen Einvernehmen kann das Arbeitsverhältnis in einen Projektvertrag abgeändert werden, der planmäßig endet und ein wohlwollendes Arbeitszeugnis beinhaltet.

(Quelle: Wirtschaftswoche)