CIO.de-Gespräch mit Gartner-Analystin

Die Treiber des PC-Marktes

15.07.2010 von Thomas Pelkmann
Der deutsche Markt kam Gartner-Analystin Meike Escherich noch nie so richtig langsam vor. Gartner prognostiziert für die nächsten drei Jahre zweistellige Wachstumsraten. Desktops werden gegenüber Thin Clients und mobilen Geräten verlieren.

In der Nachkrisenzeit der internationalen und deutschen Wirtschaft sieht es gut aus, folgt man den Analysten von Gartner. Trotz des anhaltenden Preisverfalls werde sich der Markt insgesamt positiv entwickeln, sagt Meike Escherich, Principal Analyst bei Gartner, über das Jahr 2010. "Die Nachfrage im deutschen Markt kommt zurück", so Escherich im Gespräch mit CIO.de. Vor allem die zunehmenden Konsumenten-Käufe sorgten für ein deutliches Plus in der Zahl der abgesetzten Einheiten.

Gute Aussichten für den PC-Markt in Deutschland sieht Gartner-Analystin Meike Escherich.

Aber auch die Unternehmens-IT wird einen guten Anteil am Boom haben: "Dort sehen wir einen eher langsamen Aufschwung, der sich aber in der zweiten Jahreshälfte beschleunigen wird", schätzt Escherich. Das sei vor allem dem Alter der Maschinenparks in den Unternehmen geschuldet. "Viele Rechner hätten eigentlich schon im letzten Jahr ersetzt werden müssen, aber da war zu wenig Geld da." Mit diesem Innovationsstau und dem neuen Windows 7 stelle sich die Situation aber nun anders dar: "Die Migration auf ein neues Betriebssystem dauert im Schnitt 12 bis 18 Monate, also wird im zweiten Halbjahr wieder mehr passieren", so die Gartner-Prognose.

Das Plus siedelt Meike Escherich am Jahresende "irgendwo zwischen 15 und 20 Prozent" an, was gegenüber dem mageren Zuwachs von vier Prozent im Vorjahr ein deutliches Mehr wäre.

Nicht ganz so positiv würden sich aber die Einnahmen entwickeln, schätzt die Gartner-Analystin. Der Preisverfall werde anhalten, wenngleich nicht so dramatisch ausfallen, wie im vergangenen Jahr etwa durch das Aufkommen preiswerter Netbooks. "Statt mit einer zweistelligen Prozentzahl werden die Preise allenfalls noch zwischen sieben und neun Prozentpunkten fallen", so Escherich, weil unter anderem der Netbook-Markt inzwischen eine gewisse Sättigung erreicht habe und neue Gerätekategorien für stabilere Preisgefüge sorgten.

Den größten Anteil am Markt haben nach wie vor die Konsumenten. "In Deutschland haben wir heute schon 800 bis 900 PCs pro 1.000 Haushalte", rechnet Escherich vor. Wenn man bedenkt, dass viele Haushalte auf PCs ganz verzichten, gibt es schon jetzt viele Familien mit mehr als einem Computer. "Bis 2014 sehen wir diese Zahl auf mehr als 1.000 ansteigen", prognostiziert Escherich und unterstreicht damit die Bedeutung des privaten im Unterschied zum Firmenmarkt. "Jeder im Unternehmen, der einen PC braucht, hat schon einen. Da ist vor allem Replacement angesagt, während im Hausbereich zusätzliche Maschinen gekauft werden."

Die verbesserte Stimmung im Markt stammt übrigens weniger von den Analysten; die sind nur die Überbringer der guten Nachrichten. Dafür verantwortlich sind vor allem die Hersteller und Händler. Die einen haben noch zu Beginn des Jahres mit Stückzahlen gegeizt, die anderen waren vorsichtig mit dem Aufbau teurer Lagerbestände. Das habe sich aufgrund der steigenden Nachfrage nun geändert. "Mir kam der deutsche Markt nie so richtig langsam vor", zeigt sich Meike Escherich von dem nunmehr verbreiteten Optimismus wenig überrascht. PCs gehörten halt längst zu den Alltagsgegenständen und seien im Vergleich zum neuen Breitbildfernseher oder Zweitwagen deutlich günstiger zu finanzieren. Aufgrund der prächtigen Konsumlaune ist für die nahe Zukunft gesorgt: "Wir sehen für die nächsten drei Jahre zweistellige Wachstumsraten im Markt."

Anwender entscheiden über Innovationen

Das gute Klima bei den Anwendern wird sich über kurz oder lang auch auf die Unternehmen auswirken. Denn als Treiber für innovative Gerätschaften im Betrieb hat nicht nur die Gartner-Analystin Meike Escherich längst die Anwender jenseits der IT ausgemacht. "Die Veränderung im professionellen Bereich, der Antrieb, welche Maschinen akzeptabel sind und welche nicht, kommen eindeutig von den Anwendern", sagt Escherich. Sie verweist auf Smartphones, die zuerst wegen ihrer mangelnden Business-Tauglichkeit abgelehnt worden seien, dessen ungeachtet aber von den Benutzern "einfach eingeschmuggelt" wurden.

Über den Nutzen von iPhone und Blackberry diskutiert übrigens kaum noch jemand. Überraschenderweise auch nicht über die mit Geräten aus dem Consumer-Bereich verbundenen Infrastruktur- und Sicherheitsfragen. "Der IT-Abteilung ist es egal, welche Endgeräte die Anwender benutzen. Nicht der Gerätetyp ist wichtig, sondern die Infrastruktur und die Anwendungslandschaft dahinter." In zunehmend virtualisierten Landschaften könne man privaten Gebrauch und Businessanwendungen leicht gegeneinander abgrenzen. So sei zu erwarten, dass immer mehr Firmenchefs ihren Angestellten die Benutzung ihres privaten Endgeräte gestatten würden.

Darunter werden immer mehr Geräte aus der Kategorie Mobile Computing kommen, schätzt die Analystin. "Der klassische Desktop wird gegenüber seinen Alternativen - Thin Clients oder Mobile Devices - klar an Anteilen verlieren." Das werde allerdings nicht "dramatisch schnell" passieren, weil ein Umstieg aufwändig und teuer sei. "Gartner geht dennoch davon aus, dass der Anteil der Desktop-PCs von 67 Prozent im Jahr 2008 bis 2014 auf unter 40 Prozent fallen wird."

Mobile Endgeräte werden PCs nicht verdrängen

Ebenfalls skeptisch zeigt sich Escherich gegenüber der Spezialkategorie Mobile Devices. Im privaten Bereich werde sich der Trend zu Mehrfach-PCs in solchen Geräten manifestieren. "Die werden ihr Smartphone haben, ihr Notebook und vielleicht auch noch ein iPad", schätzt Escherich. "Im professionellen Markt habe ich da meine Zweifel. Hier gibt es zwar auch Mehrfachnutzer. Auf jeden Fall wird es hier auf längere Sicht gesehen aber eher ein Nebeneinander der Kategorien geben, als ein Verdrängungswettbewerb." Neben Notebooks werden auch die Desktop-PCs weiter existieren.

Zu sehr hänge die heute aktive Generation der 30- bis 50-jährigen Angestellten noch am Keyboard, um Briefe zu schreiben, lange Texte zu verfassen oder Excel-Tabellen zu erstellen. Zugleich impliziert sie damit einen möglichen Paradigmenwechsel für die Zukunft, wenn die heute 20-jährigen "Digital Natives" auf den Arbeitsmarkt drängen und dem traditionellen Business-PC dann doch irgendwann den Garaus machen.