Lager und Logistik

Die Wachstumsprobleme der Online-Händler

15.06.2010 von Hartmut  Wiehr
Dezentrale Distributionsformen und eine elektronische Verknüpfung sämtlicher Dienstleister eröffnen Online-Händlern neue Möglichkeiten. Sie umgehen damit Beschränkungen im E-Commerce, die sich durch die eigene Lager- und Logistikinfrastruktur ergeben.
Die Einbindung externer Lager- und Logistik-Dienstleister vergrößert die Absatzchancen von Online-Händlern.

Sowohl der europäische als auch der deutsche E-Commerce-Markt haben den Zenit in den Umsätzen noch nicht erreicht. Das weisen die Analyse des Marktforschungsunternehmens Forrester Research und die Prognosen der GfK Panel Services Deutschland auf. Nach stetig wachsenden Umsätzen in der Vergangenheit kann demnach weiterhin mit Steigerungen gerechnet werden, auch wenn der klassische Ladenhandel noch immer weit vorne liegt.

Selbst die Weltwirtschaftskrise konnte der insgesamt positiven Entwicklung im Online-Handel nichts anhaben, wie Forrester-Analystin Patti Freeman letztes Jahr feststellte: „Der Online-Handel ist immun gegen die Rezession."

Viele Händler schöpfen das Potenzial des Kanals allerdings noch nicht aus und bieten lediglich kleine Sortimente an. Der Grund: Sie haben keine ausreichenden Lagerkapazitäten oder Versandmöglichkeiten. Das trifft auf reine Online-Händler ebenso zu wie auf Fachhändler mit Ladengeschäft, die zusätzlich einen Webshop betreiben.

Letztere beschränken sich online teils auf Ausschnitte ihres Sortiments, da sie wegen der mangelnden Infrastruktur kein größeres Angebot logistisch bewältigen können. Außer bei der Sortimentsausweitung stehen Händler auch beim Schritt in neue Märkte vor Lager- und Logistikproblemen.

Obwohl es naheliegend wäre, als in Deutschland etablierter Online-Händler in die Schweiz zu expandieren, zögert manches Unternehmen. Schließlich kostet es Zeit und Geld, eine entsprechende Versandlogistik aufzubauen und sich an die örtlichen Einkaufsgewohnheiten anzupassen. (Siehe hierzu den CIO-Artikel: Einkaufzettel mit dem iPhone verschicken)

Outsourcing von Lager und Logistik

In Branchen wie dem Elektronik- und IT-Handel finden sich bereits Strukturen, um den Versand dezentral über Distributoren zu organisieren. Eine weitere Möglichkeit für Händler, das Warenrisiko und die Versandlogistik zu umgehen, bietet Drop-Shipping. Bei diesem Konzept – auch Streckengeschäft oder Direktversand genannt – bestellt der Kunde zwar im Onlineshop des Händlers, geliefert wird aber direkt vom Hersteller oder Großhändler. Der Shop-Betreiber hat keinen physischen Kontakt mit der Ware, sein Lager und seine Logistik werden von externen Dienstleister übernommen.

Diese indirekte Verkaufsabwicklung geschieht unsichtbar im Hintergrund, und für die Endkunden ändert sich nichts am Bestellvorgang. Sie zahlen auch direkt an ihren Händler (oder einen entsprechenden Dienstleister wie zum Beispiel Markant), der mit dem tatsächlichen Lieferanten abrechnet. Neben den größeren Angebotsmöglichkeiten vermeidet der Shop-Betreiber durch solche Verfahren auch die Kapitalbindung im eigenen Lager und etwaige Wertverluste.

Grenzen solcher Konzepte liegen darin, dass die Integration neuer Dienstleister in die bestehenden Systeme der Online-Händler durch die unterschiedlichen Schnittstellen von Lieferanten und Distributoren oft kostenintensiv und zeitaufwendig ist. Die Bestellung eines Kunden wird häufig manuell bearbeitet und weitergeleitet.

So erhöht sich die Fehleranfälligkeit beim Bestellprozess und für die Kunden entstehen längere Wartezeiten. Fragt ein Kunde im Rahmen des Direktversands nach dem Bestellstatus, müssen diese Angaben erst vom Händler beim Hersteller erfragt und dann in einem erneuten Schritt an den Kunden rückgemeldet werden.

Distributionsplattform für alle am Bestell- und Versandprozess Beteiligten

Mit einer Distributionsplattform als zentralem Verbindungsglied für alle am Bestell- und Versandprozess Beteiligten findet sich eine zeitgemäße Lösung. So verknüpfen etwa die Software-Systeme der Berliner Intershop-Tochter TheBakery sämtliche Dienstleister wie Distributoren, Payment-Anbieter, Content-Lieferanten und Kundensupport über Schnittstellen. Online-Händlern steht dabei offen, auf die Sortimente der bereits mit der Plattform verbundenen Distributoren und Lieferanten zurückzugreifen oder individuell gewählte Partner anzubinden.

Bestellt ein Kunde bei einem Online-Händler, übernimmt die Plattform die Artikel aus dem Warenkorb und übermittelt sie an die verschiedenen Distributoren. Diese versenden die Bestellung mit Warenbegleitschreiben, Lieferschein oder Retourenschein im Layout des Online-Händlers direkt an den Endkunden.