Zwei Millionen Deutsche helfen mit Pillen nach

Doping im Job

10.03.2009 von Riem Sarsam
Von wegen Doping gibt es nur im Sport. Immer mehr Deutsche greifen am Arbeitplatz zu Pillen, um sich aufzuputschen.

Wenn der Akku leer ist und der Chef weiter stresst, helfen Mitarbeiter mit Medikamenten nach. Zwei Millionen Deutsche haben sich schon einmal am Arbeitsplatz mit leistungssteigernden oder stimmungsaufhellenden Pillen gedopt. Zu diesem Ergebnis kommt eine Studie "Gesundheitsreport 2009" der Krankenversicherung DAK.

Rund 800.000 Beschäftigte nehmen regelmäßig und gezielt Medikamente als Doping zu sich. So nehmen vier von zehn Dopern Aufputschmittel täglich oder mehrmals wöchentlich ein. Etwa jeder Fünfte bezieht die Pillen von Kollegen, Freunden oder der Familie. Jeder Zehnte besorgt sie sich beim Versandhandel.

Gesellschaftlich wird es zunehmend akzeptiert, Medikamente einzunehmen, um Stress, Leistungsdruck und schlechte Stimmung im Alltag besser zu bewältigen. So wissen vier von zehn Beschäftigten, dass Medikamente gegen alters- und krankheitsbedingte Gedächtnisstörungen oder Depression auch bei Gesunden wirken können. Bedenklich ist, dass zu viele leichtfertig damit umgehen.

Zwei von zehn Befragten sind der Meinung, dass die Risiken der Arzneimittel im Vergleich zum Nutzen vertretbar sind. Fast genau so viele kennen mindestens eine Person, die leistungssteigernde oder stimmungsaufhellende Medikamente ohne medizinisches Erfordernis einnimmt.

Der Gesundheitsreport zeigt Unterschiede zwischen den Geschlechtern: Männer neigen eher zu aufputschenden und konzentrationsfördernden Präparaten. Frauen bevorzugen beruhigende Mittel gegen depressive Verstimmungen oder Ängste. "Männer frisieren ihr Leistungspotenzial, Frauen polieren ihre Stimmung aus", heißt es in der Studie.

Die DAK warnt davor, Medikamente ohne medizinische Begründung einzunehmen. Der Wunsch, immer perfekt zu sein, lässt sich durch Arzneimittel nicht erfüllen. Auf der anderen Seite besteht auf lange Sicht ein hohes Risiko von Nebenwirkungen und Suchtpotenzial.

Drastischer Anstieg seelischer Erkrankungen

Der Krankenversicherer ist sich aber auch bewusst, dass sich die negative Entwicklung in Zukunft beschleunigt. Denn die Zahlen über psychische Krankheiten sind alarmierend. Die Anzahl stieg 2008 im Vergleich zum Vorjahr um 7,9 Prozent.

Zwischen 1998 und 2008 wuchs der Anteil am Krankenstand um rund 60 Prozent von 6,6 auf 10,6 Prozent. Vor allem chronischer Stress in der modernen Arbeitswelt sieht die DAK als ernsthaften Risikofaktor für seelische Krankheiten.

Die DAK befragte für ihre Studie rund 3.000 Arbeitnehmer im Alter von 20 bis 50 Jahren.