Der Weg führt zu höherer Sicherheit und flexiblerem Management des Netzwerkes

Drahtlos auf Draht

29.05.2006 von Thomas Mach/CW.at
Während drahtlose Technologien im Consumer-Bereich längst ihren Siegeszug angetreten haben, liegen selbige im Unternehmensbereich Dornröschen-gleich in tiefem Schlaf. Egal ob bei kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) oder bei Enterprises - da wie dort zeichnet sich das gleiche Bild. Zum Einsatz kommen Standard WLAN-Router oder -Access Points, die meist vom "normalen" Unternehmens-Netzwerk abgekoppelt sind. Auch das Einsatzgebiet ist beschränkt, meist ist die Internet-Verbindung Hauptzweck und in manchen Fällen kommt Zugriff auf E-Mail hinzu. Von einer Strategie, die drahtloses mit drahtgebundenem Netz verbindet und die daraus entstehenden Vorteile nutzt, ist die überwiegende Mehrheit der Anwender weit entfernt.

"Die Ängste der Anwender, drahtlose Netzwerke mit dem drahtgebundenen Unternehmensnetz zu verbinden, sind groß", betont Evelien Wiggers, Senior Research Analyst European Telecommunication & Networking bei IDC EMEA. Und erklärt: "Zum Einen spielen Sicherheitsbedenken eine große Rolle. Denn WLAN-Netze gelten ob aller Sicherheitstechniken nicht gerade als sicher. Zum Anderen schrecken die Anwender auch vor dem – befürchteten – zunehmenden Verwaltungs- und Steuerungsaufwand zurück." So steige in den Augen der Anwender die Komplexität gemischter Netzwerke in Bereiche, die "nicht mehr sinnvoll und effektiv" für das jeweilige Unternehmen seien.

Flexibilität gefragt

"WLAN hat nicht gerade den Ruf, verlässlich zu sein. Oder prognostizierbar in Bezug auf Verwaltungs- und Support-Aufwand", stößt Kail Krall, Global Mobility Product Manager Procurve Networking bei Hewlett-Packard (HP), ins gleiche Horn. Heutzutage sei, betont Krall, "Flexibilität im Netzwerk-Management" gefragt. "Von unseren Kunden wissen wir, dass es ihnen in Bezug auf drahtlose Netzwerke besonders darum geht, die Komplexität zu verringern und die Betriebskosten zu senken", ergänzt John McHugh, Vice President und General Manager von Procurve Networking bei HP.

Die Anwender seien heute allerdings schwer von den Vorteilen kombinierter Netzwerke zu überzeugen, meint Wiggers. "In KMU spielt es meist keine Rolle, ob der WLAN-Router im internen Netz hängt oder nicht. Gefragt und gewollt ist dort die schnelle Internet-Verbindung und nicht mehr. In Enterprises gibt es zwar da und dort ein Interesse daran, das WLAN ins Unternehmensnetz zu integrieren – etwa für Datenbankzugriffe oder im Rahmen von Service-orientierte Architektur- und Business Process Management-Strategien. Doch meist reichen Abteilungs-WLAN, mit denen eine begrenzte Anzahl von Mitarbeitern Zugriff in ein bestimmtes Segment des Netzwerks erhält", erklärt die IDC-Analystin.

Im Wettstreit der Hersteller bestimmen zwei Unternehmen die Landschaft. Da steht einerseits Cisco Systems mit einem Core-fokussierten Management und Lösungsansatz. Und andererseits die HP-Netzwerksparte Procurve Networking mit einem Verwaltungsansatz, der die Intelligenz an den Netzwerkrand, das so genannte Edge, verlegt. Während also bei Cisco alles zentralisiert gesteuert wird, verfügen die Procurve-Geräte selbst über Verwaltungsintelligenz.

Intelligenz am Netzwerkrand oder im -kern

Vor wenigen Tagen präsentierte Procurve nun zahlreiche Erweiterungen seines Portfolios. Mit dem Procurve 5300xl Wireless Edge Services Modul und dem Wireless Access Point 530 bietet das Unternehmen laut Krall nun "Produkte, die eine gemeinsame Verwaltung kabelgebundener und kabelloser Netzwerke ermöglichen". Das Procurve 5300xl Wireless Edge Services Modul erweitere die Procurve Switch 5300xl-Serie modularer Switches um WLAN-Funktionen. "Das Modul kann mit den neuen Procurve Radio Ports 210, 220 und 230 ergänzt werden. Der Radio Port 210 unterstützt wahlweise die WLAN-Standards 802.11b oder 802.11g und verfügt über eine integrierte Antenne. Die Radio Ports 220 und 230 senden und empfangen gleichzeitig in den WLAN-Standards 802.11a und 802.11g. Der Radio Port 230 verfügt über eine interne Antenne, der Radio Port 220 wird mit einer externen Antenne betrieben", betont Krall.

Daneben brachte der Hersteller ein redundantes 5300xl Modul für Hochverfügbarkeitsumgebungen in den Handel. Der ebenfalls neu vorgestellte Procurve Wireless Access Point 530 verfüge laut Krall über umfangreiche Management- und Sicherheitsfunktionen und wehre unbefugte Zugriffe auf das Unternehmensnetzwerk ab. Unterstützt würden gleichzeitig die Funkfrequenzbänder für die WLAN-Standards 802.11a und 802.11b/g.

Mehr Sicherheit durch bessere Kontrolle

Diese Produkte eröffnen durch die Integration in die Procurve Adaptive EDGE Architektur-Strategie vor allem neue Möglichkeiten im Management und der Zugriffskontrolle in kombinierten LAN-/WLAN-Umgebungen", erläutert Krall.

Die Procurve-Lösungen würden dem Product Manager zufolge eine einheitliche, einfache und sichere Verwaltung von Unternehmensnetzwerken ermöglichen. "Die Verbindung aus den neuen Single- und Dual Radio Ports und dem Wireless Edge Services Modul ermöglicht beispielsweise ein zentrales Management der genutzten Funkfrequenzen, eine Benutzer-Authentifizierung über das Web, ein schnelles Roaming der WLAN-Verbindung, Selbstheilungsfunktionen sowie die Erkennung nicht autorisierter Access Points."

Rollenbasierte Zugriffsrechte

Cisco hingegen verknüpfte bereits Ende letzen Jahres die beiden Netzwerkwelten. Mit dem Cisco Unified Wireless Network sollen große und mittelständische Unternehmen drahtlose Netze einfacher in ihre kabelgebundenen Netzwerkinfrastrukturen integrieren können. Hierzu präsentierte der Hersteller das Cisco Wireless Service Module (WISM) für Switches der Serie Cisco Catalyst 6500 sowie den Cisco Wireless LAN Controller für Cisco Integrated Service Router (ISR). Mit der Unified Wireless Network-Strategie versprach Cisco damals hohe Sicherheit im WLAN mit gleichzeitiger, gemeinsamer Kontrolle und dem Management kabelgebundener und drahtloser Infrastrukturen.

Ein Thema, welches WLAN in Unternehmen aktuell treibt, wenn nicht sogar der Hauptantrieb, ist Voice over WLAN (VoWLAN). Das zeigt unter anderem auch das Engagement der Hersteller. So gaben erst vor wenigen Wochen Cisco, Intel, Nokia und Research in Motion (RIM) bekannt, beim Thema VoWLAN zu kooperieren.

Im Zuge ihrer Zusammenarbeit wollen die vier Partner die Einführung von drahtlosen Netzen für die Sprachübertragung in Unternehmen voranbringen. Die Kombination aus Cisco-Technik mit Client-Partnern wie Intel und Nokia soll dabei für mehr Sicherheit bei VoWLAN-Gesprächen sorgen sowie ein besseres Roaming auf Campus-Umgebungen gewährleisten. Zudem könnten mit erweiterten Management-Funktionen Sendefrequenz-Interferenzen entdeckt und abgeschwächt werden.

Neuer Markt, alte Ziele

Der Markt für die drahtlose Sprachübertragung over IP ist zwar noch neu, doch die Hersteller haben bereits hochgesteckte Ziele. Tom Libretto, Nokias Director of Marketing for Mobility Solutions, geht davon aus, dass von den 914 Millionen Mobiltelefonen, die das Unternehmen in 2006 verkaufen will, rund 100 Millionen intelligente Dual Mode Phones sein werden, die auch im WLAN eingesetzt werden können. Der Konzern erwartet in den kommenden Jahren ein Wachstum von 20 bis 30 Prozent in diesem Segment, da professionelle Anwender mit der Technologie ihre Kommunikationssysteme konsolidieren können. Seit der Übernahme der kanadischen Chantry Networks Ende 2004 offeriert auch Siemens WLAN-Produkte. Diese besitzen zwar einen zentralen Controller, dieser verfügt aber über keine Switching-Funktionalität.