Unified Communications

Effizienter kommunizieren

22.10.2008 von Oliver Häußler
Unified Communications (UC) soll die Kommunikation effizienter gestalten, die Zusammenarbeit optimieren und somit für höhere Kundenzufriedenheit sorgen, so die Aussagen der Anbieter. In mittelständischen Unternehmen ist das Thema noch nicht angekommen, wenngleich der Bedarf erkannt wird.

Unified Communications ist ein neuer Trend, der derzeit von unterschiedlichsten Anbietern sowohl aus der IT- als auch aus der TK-Branche vorangetrieben wird. Obwohl die Nachfrage derzeit von der Anwenderseite her noch gering ist, erwarten Experten einen baldigen Markterfolg. Das Marktforschungsinstitut Gartner zählt UC in seiner Prognose für 2009 zu den zehn wichtigsten Technologie-Trends. Die Analysten sind der Meinung, dass der aktuelle Wildwuchs bei den Kommunikationssystemen in den kommenden fünf Jahren aufhören werde, weil Konvergenz und Konsolidierung voranschreiten und den Weg für UC frei machen.

Integration der Kommunikationskanäle

Doch was steckt genau hinter UC? Genau genommen handelt es sich nicht um eine neue Technologie, sondern um die systematische, prozessorientierte Zusammenführung vorhandener Kommunikationsmittel auf Basis des Internetprotokolls. Das Marktforschungsinstitut Berlecon Research, das eine Studie unter dem Titel "Unified Communications für den Mittelstand?" erstellt hat, versteht unter UC die "Integration der Kommunikationskanäle und deren Einbindung in die IT". Anders jedoch als bei Unified Messaging, das lediglich einen Übergang von einem Kommunikationskanal zum anderen ermöglicht, wirkt Unified Communications auch auf der Ebene der Produktivitäts- und Prozessanwendungen wie beispielsweise Groupware, Office-Suiten, ERP, CRM oder SCM. Ein Beispiel: Unified Messaging bietet im einfachsten Fall die Möglichkeit, ein Fax über E-Mail zu versenden bzw. zu empfangen. Es wird also eine "Brücke" zwischen zwei Kanälen gebaut - dem Fax- und dem Mailsystem. Brücken dieser Art lassen sich auch zwischen Festnetztelefonie, Mobilfunk (Sprache, SMS, MMS) sowie Instant Messaging-Anwendungen bilden. Bei Unified Communications dagegen werden nicht nur Kanäle überbrückt, sondern der Anwender kann aus diesen Informationen und dem Zugriff auf seine Systeme und Applikationen einen Prozess in Gang setzen, fortsetzen oder beenden. "UC ist die Integration von Kommunikationsmedien in einer einheitlichen Anwendungsumgebung" definiert Wikipedia und betont damit die Anwendungsseite. Ein weiteres Beispiel: Wenn am Helpdesk eines Unternehmens eine Anfrage eingeht, sieht der Mitarbeiter neben der Anfrage auch die Kundendaten des Anrufers, kann unmittelbar auf seine Vertragsunterlagen zugreifen und sieht darüber hinaus auch den Status aller erreichbaren Berater, mit welchen er per Mausklick Rücksprache halten oder den Anrufenden direkt vermitteln kann. Der Berater ist also in der Lage, die Kundenanfrage entweder selbst zu beantworten oder den Kunden ohne Verzögerung mit einem Berater zu verbinden. Telefon, Messaging-System, Kundendatenbank und bei Bedarf auch noch die Terminkalender der Berater sind in diesem Fall in die Helpdesk-Anwendung integriert. Die hohe Erreichbarkeit und die unverzügliche Bearbeitung sparen Zeit und erhöhen die Kundenzufriedenheit.

Unified Communications

Die beiden wichtigsten Funktionen von UC sind Präsenz (engl. Presence) und Kooperation (engl. Collaboration). Dank Präsenz ist die Erreichbarkeit eines jeden Teilnehmers im System erkennbar, vergleichbar mit Instant Messaging, mit dem Unterschied, dass bei UC mehrere Medien mit einbezogen werden. Hinzu kommt, dass ein Teilnehmer nur noch eine Rufnummer hat. Alle erkennen, wer momentan erreichbar ist und können jederzeit einzelne Mitarbeiter oder Gruppen über einen Kanal erreichen. Das funktioniert per Mausklick auch unmittelbar aus einer Drittanwendung heraus, wie beispielsweise CRM oder ERP. Ein Icon signalisiert, wer momentan "online" ist.

Hält man sich vor Augen, dass bis zu 60 Prozent aller Telefonanrufe in Unternehmen im ersten Versuch nicht den gewünschten Gesprächspartner erreichen, wird schnell deutlich, wie wenig effizient die heutige Kommunikation ist.

Die Funktion Kooperation ermöglicht darüber hinaus die Zusammenarbeit mehrerer Teilnehmer, die an beliebigen Orten verteilt sind. Auch sie können sich einfach zu einer Telefonkonferenz zusammenschalten, eine Web-Konferenz initiieren oder auf bestimmte Applikationen gemeinsam zugreifen.

Vorteile für Unternehmen

Unified Communications bringt somit Ordnung in die heterogene Kommunikationslandschaft, verkürzt unnötige Wartezeiten, erhöht die Erreichbarkeit und beschleunigt somit die Reaktionszeiten. Das ist mit vielerlei Vorteilen verbunden:

Zunächst einmal bietet UC einen einfacheren Bedienservice, da Dienste per Knopfdruck auf einem Menü aufrufbar sind. Die One-Number-Funktion erspart das Abtelefonieren über mehrere Kanäle und dank des Präsenzstatus´ sind die tatsächlich verfügbaren Ansprechpartner nur "einen Knopfdruck entfernt". Das kappt Kommunikationshürden und erhöht die Effizienz in den Geschäftsprozessen (siehe Schaubild), die sich dank produktiver Mitarbeiter und zufriedenen Kunden letztendlich positiv auf die Kosten auswirkt.

Somit kann jedes Unternehmen von Unified Communications profitieren, sofern dessen Kommunikationsaufkommen zunimmt und die Verantwortlichen einen Optimierungsbedarf erkennen.

Typischerweise sind das Unternehmen

Einschränkungen in der Unternehmensgröße gibt es keine. Sowohl große als auch mittelständische und kleine Unternehmen können von den UC-Vorteilen profitieren, sofern es ihnen damit gelingt, wichtige Informationen schneller abzurufen und zu verarbeiten und sie sich damit im Markt entscheidende Wettbewerbsvorteile sichern können.

Effiziente Kommunikation hat strategische Bedeutung

Noch ist Unified Communications ein von Anbietern getriebenes Geschäft. Die Investitionsbereitschaft vor allem im Mittelstand ist derzeit noch nicht besonders ausgeprägt. Selbst bei Voice over IP liegt die derzeitige Marktabdeckung in Deutschland bei lediglich 16 Prozent aller Unternehmen - und die Umstellung auf VoIP ist Voraussetzung für Unified Communications. Wer also von den Vorteilen von UC profitieren will, sollte zunächst auf VoIP migrieren oder parallel zur Umstellung auch gleich UC realisieren.

Kommunikation in Unternehmen nimmt stark zu.

Wie groß der Bedarf ist, zeigt eine Umfrage von Berlecon Research bei Unternehmen mit mehr als 500 Mitarbeitern: 95 Prozent der Befragten geben an, dass das Kommunikationsvolumen in ihrem Geschäftsbereich in den letzten Jahren gestiegen ist. Als Ursache dafür nennen sie an erster Stelle das von Kunden erwartete schnellere Feedback. Aber auch die veränderte Situation in Unternehmen, dass knappe Ressourcen eine höhere Produktivität erfordern und die Vernetzung mit externen Partnern zugenommen hat, werden dafür verantwortlich gemacht.

Die heterogene Kommunikationslandschaft, bestehend aus Festnetztelefon, Mobilfunk, E-Mail, Mobile E-Mail, Fax, Telefonkonferenzen und mehr, wirkt sich negativ auf die Effizienz der Geschäftsprozesse aus. Nahezu die Hälfte der Befragten erkennt einen Verbesserungsbedarf bei der Einbindung externer Geschäftspartner in die Geschäftsprozesse. Bei 46 Prozent besteht Optimierungsbedarf in der Beantwortung externer Anfragen. Doch auch das Arbeiten unterwegs oder im Home-Office sowie die Teamarbeit bei räumlich verteilten Mitarbeitern und deren Koordination wird von technischen Hürden erschwert. Die Anwender bemängeln fehlende Funktionalitäten unterwegs, zu viele Kontaktversuche, die Komplexität von Anwendungen und Endgeräten sowie das umständliche Heraussuchen von Eingaben und Kontaktinformationen.

Im Umkehrschluss erkennen die Befragten aber auch, dass effiziente Kommunikation von strategischer Bedeutung ist, mit deren Hilfe sich die Kundenzufriedenheit erhöhen lässt, die Auftragsabwicklung beschleunigt wird, die Anzahl akquirierte Aufträge zunimmt und Außendienstmitarbeiter besser koordinierbar sind.

Über die Hälfte bei dieser Befragung hält daher Unified Communications für eine sinnvolle Lösung.

Prozessorientierung

Praxisbeispiele von Unternehmen zeigen, dass "bei der Planung von Unified-Communications-Projekten eine prozessorientierte Herangehensweise unbedingt angezeigt ist", sagt Philipp Bohn, Analyst bei Berlecon Research. "Aus unserer Sicht müssen für die Auswahl und Implementierung der passenden Lösung Geschäftsführung, ITK-Verantwortliche sowie die Fachabteilungen an einen Tisch und zunächst die besonders kommunikationsintensiven Prozesse im Unternehmen identifizieren. Im zweiten Schritt müssen dann die Schwachstellen dieser Prozesse und das Verbesserungspotenzial durch UC diskutiert werden." Erst auf dieser Grundlage können Unternehmen die passende Technologie und einen geeigneten Umsetzungspartner auswählen.

Da Unified Communications ein Konvergenzthema ist, kommen die Anbieter auch aus den unterschiedlichen "Lagern", die traditionell entweder mehr in der IT- oder in der TK-Branche verankert sind. Ergänzt wird der Markt von Systemhäusern und -integratoren, die größtenteils herstellerübergreifend arbeiten und individuelle UC-Lösungen für jede Unternehmensgröße anbieten.