Statt Papierrechnungen - W@POR

Effizientere Rechnungsprüfung ermöglichen

08.12.2011 von Johannes Klostermeier
Die BwFuhrparkService GmbH hat für ihre Fahrzeugvermietung ein neues, webbasiertes Abrechnungsportal etabliert. Unsere Schwesterpublikation CIO.de sprach mit Projektleiter Dennis Kaps.

CIO.de: Wie ist der Stand der Dinge?

Projektleiter Dennis Kaps: Wir sind jetzt mit der ersten Stufe unseres webbasierten Abrechnungsportals live gegangen. Ich habe das Projekt zwischen dem Fachbereich Finanzen in der BwFuhrparkService GmbH und der Bundeswehr koordiniert und war dafür zuständig, das Verfahren IT-seitig abzubilden. Wir haben Mitte 2010 angefangen, und die Realisierung hat rund ein Jahr gedauert.

CIO.de: Das war Neuland für die Bundeswehr, was galt vorher?

Kaps: Wir hatten vorher rund 400.000 Rechnungen im Jahr, die wir an unseren Kunden im Original verschickt haben. Der Kunde hat sie dann auf Papier geprüft. Das Besondere an dem Verfahren bei der Bundeswehr ist, dass zum Prüfen der Rechnungen noch weitere, sogenannte rechnungsbegründende Unterlagen, gehören. Das sind noch einmal rund zwei Millionen im Jahr.

Dennis Kaps, Senior Projektmanager SAP Financials und Projektleiter W@por bei der BwFuhrparkService GmbH.
Foto: Kaps

Unser Hauptgeschäft ist die Vermietung von Fahrzeugen, dazu gehört die Bereitstellung des Fahrzeugs, bei uns Abruf genannt, ein Übergabe- und Rückgabeprotokoll, Schadensberichte und andere Dokumente. Die Dokumente gingen bisher immer über verschiedene Wege vom Nutzer des Fahrzeugs zu dem jeweils zuständigen Bundeswehr-Dienstleistungszentrum.

CIO.de: Sie sind die Mietwagenfirma der Bundeswehr?

Kaps: Wir sind der „Mobilitätsdienstleister" der Bundeswehr. Unser Auftrag ist die wirtschaftlich effektive Bereitstellung von Fahrzeugen, Fahrleistungen und dem dazugehörigen Service. Dies erfordert ein Höchstmaß an Effizienz, Zuverlässigkeit und Flexibilität. Wir haben unsere Standorte in den Bundeswehrkasernen auf 24 Mobilitätscenter und 200 kleinere Servicestationen aufgeteilt, bei denen die Bundeswehr ihren Bedarf an Fahrzeugen decken kann und beschäftigen rund 400 Mitarbeiter.

CIO.de: Was sollte durch das Projekt verbessert werden?

Kaps: Eine der großen Herausforderungen war, dass die Rechnungen postalisch versandt wurden und die Kunden zur Rechnungsprüfung alle dazugehörigen Dokumente benötigten. Die Papiere mussten in der Bundeswehr lange Wege gehen, dabei sind die Dokumente auf dem Weg vom Nutzer zu den Dienstleistungszentren manchmal gar nicht angekommen. Somit konnte die Bundeswehr Rechnungen nicht bezahlen, weil die rechnungsbegründenden Dokumente fehlten.

Weil Dokumente verloren gingen, wurden Rechnungen nicht bezahlt

CIO.de: Die Bundeswehr konnte dann nicht bezahlen?

Kaps: Genau, die Kunden haben zwar unsere Rechnungen bekommen, aber, wenn sie nicht wussten, was ihnen zugrunde lag, wann das Fahrzeug übergeben wurde, wann es zurückgegeben wurde, was es für Schäden gab etc., dann konnte die Rechnung auch nicht geprüft werden. Das geschah nämlich anhand der Papiere.

CIO.de: Jetzt haben sie alles in einem Webportal vereinigt?

Die Autovermietung der Bundeswehr. Hier gibt es handelsübliche Fahrzeuge (HÜ), Sonderfahrzeuge und handelsübliche Fahrzeuge mit militärischer Sonderausstattung (HÜMS).
Foto: BWFuhrpark

Kaps: Wir haben eine portalbasierte Lösung entwickelt, die um das Buchen der Fahrzeuge erweitert werden kann. Grundlage waren die fachlichen Anforderungen für die Rechnungsprüfung. Wir haben es dann geschafft, sowohl die Daten an die Bundeswehr, die wir intern als PDFs hatten, digital zur Verfügung zu stellen als auch die Originaldokumente, die von der Bundeswehr zu uns kommen. Hier erfolgt die Zuordnung jetzt per Barcode, die dann dem Kunden in einer elektronischen Akte über unser Archivsystem zur Verfügung gestellt wird. Die Buchung über das Portal ? bei uns Abruf der Fahrzeuge genannt – werden wir als nächstes angehen.

CIO.de: Sie verschicken nur noch einen Link zur Rechnung?

Kaps: Nein, die Kunden haben mit unserem Verfahren einen Portalzugriff. Wir haben für sie ein selbst entwickeltes Portal aufgebaut. Eigentlich wollten wir auf ein SAP-Portal gehen, aber aufgrund von Datenleitungsproblemen und der dafür benötigen Performance war das nicht das Mittel der Wahl. Wir haben dann auf SAP-BW-Basis, wo unsere Daten liegen, und dem Archiv auf einer BSP-Basis (Business Server Pages) die Anwendung „Rechnungsprüfung" selbst entwickelt. Der Kunde bekommt das Login und das Passwort. Eine weitere Funktion ist die integrierte Benutzerverwaltung, mit der die Kunden die Möglichkeit haben, ihre Berechtigungen für Ihre jeweilige Dienststelle selber zu pflegen.

CIO.de: Die Kunden schauen da regelmäßig rein?

Kaps: Ja, in der Regel einmal pro Woche werden die Rechnungen von uns fakturiert. Die Kunden können sich im Webportal die Rechnungen anschauen und überprüfen. Sie können Avisierungen an uns durchführen, so dass bei uns der Aufwand der Nachbearbeitung deutlich reduziert wird.

CIO.de: Wie viele Kunden sind schon angeschlossen?

Kaps: Das System befindet sich noch im Aufbau, es gibt also noch einige Dienststellen, die noch nicht angebunden sind. Momentan haben wir knapp 1.000 Nutzer, die über das Portal Rechnungen bearbeiten.

Bearbeitungsdauer gesenkt, Einsparungen noch unbekannt

CIO.de: Wie viel haben Sie denn bisher durch das Projekt an Zeit und Geld einsparen können?

Der neue digitale Prozess bei der Rechnungsbearbeitung.
Foto: BWFuhrparkservice

Kaps: Wir erwarten eine signifikante Senkung der Bearbeitungsdauer auf Seiten der Bundeswehr als auch in der BwFuhrparkService GmbH. Im Bereich Druck gibt es ebenfalls deutliche Einsparpotenziale. Da sich unsere Lösung aber noch in der Einführung befindet, ist es noch zu früh, Einsparungen zu nennen.

CIO.de: Sie müssen jetzt aber alles digitalisieren.

Kaps: Ja, zum einen haben wir schon digitalisierte Dokumente, die vorher per Mail an den Kunden gegangen sind. Alle Dokumente, die vom Kunden zu uns kommen, müssen bei uns sowieso noch manuell eingegeben werden. Dabei werden sie mit einem Barcode verknüpft. Danach legen die Kollegen das Dokument nur noch auf den Scanner, es wird automatisch verknüpft und im Archiv an der richtigen Stelle abgelegt.

CIO.de: Wer hat dabei mitgeholfen?

Kaps: Wir hatten insgesamt mehrere Beratungshäuser an Bord. Zum einen für die SAP-BW Beratung, dann für die Archivlösung, ein Beratungshaus für die Scan-Lösung, eins für die Frontenderstellung sowie ein Haus zur Überarbeitung der bisherigen Systemlogik, die zum Teil angepasst werden musste. Kurzum, das Projekt hatte einen höchst integrativen Charakter.

Noch keine Schnittstelle zu Herkules

CIO.de: Hat das Ganze etwas mit dem IT-Großprojekt Herkules zu tun?

Kaps: Wir sind momentan noch unabhängig von Herkules. Es gibt keine Schnittstellen, wir hängen aber mit dem, was wir produzieren, der papierhaften Zahlungsanweisung, am Ende mit an Herkules dran. Diese papierhafte Zahlungsanweisung wird in das SAP System der Bundeswehr eingegeben und zur Zahlung angewiesen – eine Schnittstelle ist in Zukunft möglich.

CIO.de: Warum haben Sie das nicht schon vorher realisiert?

Kaps: Eine wesentliche Voraussetzung war gemäß Umsatzsteuergesetz, dass man digital signierte Rechnungen zur Verfügung stellen kann. Es wurde aber erst in 2009 entschieden, dass diese Regelungen auch im Haushaltsrecht (zumindest im Bereich des Bundesverteidigungsministeriums) angewendet werden können. Dies war die gesetzliche Grundlage.

CIO.de: Was waren die größten Projektschwierigkeiten?

Kaps: Die größte Herausforderung lag darin, vom Kunden herauszubekommen, welche Anforderungen er an die Rechnungsprüfung hat. Deswegen haben wir zunächst ein Pilotprojekt mit drei Dienststellen aufgesetzt, um unsere konzeptionellen Gedanken mit der Realität abzugleichen. In diesem Rahmen gab es viele Abstimmungen, damit das Endprodukt bei der täglichen Arbeit auch eine Erleichterung ist.

Kunde hat jetzt nur noch eine digitale Handakte

CIO.de: Wie wird es angenommen?

Der Kunde Bundeswehr musste erst einmal seine Anforderungen formulieren.

Kaps: Das Feedback ist sehr gut. Derzeit kann man das Portal parallel zum Papier nutzen. Zum 1. Januar 2012 wird das Verfahren für alle Rechnungsempfänger voraussichtlich verbindlich. Dann wird keine Papierrechnung mehr versandt, die Originalrechnung befindet sich in dem Verfahren. Die Kunden nehmen es sehr gut an und geben uns kleinere Anregungen.

Technische Probleme haben wir so gut wie gar nicht. Wir übernehmen für die Bundeswehr auch die gesamte Archivierung. Die Aufbewahrungsfrist beträgt hier nach Haushaltsrecht sogar 30 Jahre - im Gegensatz zur zehnjährigen Aufbewahrungspflicht für Unternehmen. Wir haben ein sicheres Archivsystem aufgebaut, so dass der Kunde nicht mehr alle Dokumente ausdrucken und ablegen muss. Er hat jetzt eine digitale Handakte im Portal, in die er selber auch Dokumente einzufügen kann.

CIO.de: Was kommt noch?

Kaps: Der Abruf- oder Bestellprozess soll auch digital erfolgen. Alle Nutzer sollen ihre Fahrzeuge nicht mehr über Papier, Fax oder E-Mail bestellen, sondern direkt über das integrierte Verfahren. So dass wir dann die Kette, die wir als Bundeswehr-Dienstleister anbieten, geschlossen haben.

Dieser Artikel basiert auf einem Beitrag der CW-Schwesterpublikation CIO.