Einführung Windows 7

Ein Drittel der Software rausgeschmissen

28.03.2012 von Nicolas Zeitler
CIO Hartmut Willebrand vom Versicherungsmakler Aon hat beim Umstieg auf Windows 7 die Software eingedampft. Von 20.000 Datenbank-Einträgen flogen 35 Prozent raus.
Hartmut Willebrand von Aon musste beim Entrümpeln der Software-Landschaft Kompatibilitäten von Browsern, Treibern und Office-Versionen überprüfen.
Foto: Aon Holding

Nach gut einem Jahr als DACH-CIO bei Versicherungsmakler Aon hat Hartmut Willebrand sein erstes größeres Projekt abgeschlossen: Er hat in Deutschland für rund 1500 Mitarbeiter die Clients ausgetauscht, ist dabei von Windows XP auf Windows 7 umgestiegen - und hat die Software-Landschaft bereinigt. Vor allem dieser letzte Aspekt war bei dem Projekt "PC Rollout, being ready for the future" eine Herausforderung.

Nach seinen "Lessons Learned" aus dem Projekt gefragt, kommt Willebrand denn auch als erstes auf das sogenannte "Software Clearing" zu sprechen. "Wir haben den Aufwand dafür anfangs unterschätzt", sagt der Aon-CIO.

SCCM von Microsoft statt Empirum von Matrix42

Angestoßen wurde das Migrations-Projekt am deutschen Hauptsitz von Aon in Hamburg schon, bevor Willebrand im Februar 2011 vom Dienstleister Freudenberg IT zu dem Unternehmen kam. Im August 2010 lief die Planung für den Umstieg an. Nach einer Pilotphase von Oktober bis Dezember startete im Januar 2011 die Umsetzung.

Vom amerikanischen Aon-Hauptsitz in Chicago wurde festgelegt, wie künftig Software und Updates zentralisiert verteilt werden: Vorgegeben war der Umstieg von der Lösung Empirum aus dem Hause Matrix42 auf den Systems Center Configuration Manager (SCCM) von Microsoft. Mit der SCCM-Lösung sollen künftig deutlich weniger Software-Pakete verteilt werden als bisher: Willebrand reduzierte sie im Rahmen des Projekts um 35 Prozent. "Unser Ansatz war: Wir standardisieren und bauen neue Pakete", sagt der Aon-CIO.

Dass die Software-Landschaft bei diesem Unterfangen um mehr als ein Drittel schrumpfte, hat seinen Grund in der bisherigen Vielfalt. Die entstand mit dem schnellen Wachstum des Unternehmens. "Aon hat in den vergangenen Jahren einige Unternehmen übernommen. Durch die Zukäufe kam vieles an neuer Software zusammen. Jedes übernommene Unternehmen brachte seine eigenen Applikationen mit", sagt Willebrand.

20.000 Einträge in der Software-Datenbank

Ein weiterer Grund dafür, dass die Software-Landschaft im Laufe der Jahre wuchs, ist das Geschäft des Versicherungsmaklers. Aon ist Partner vieler großer Versicherungsunternehmen. Diese übermitteln dem Makler ihre Tarifmodelle. Zum Teil erhielten bisher einzelne Mitarbeiter von den Versicherern Datenträger mit den Tarifen und installierten sie dezentral auf ihren Rechnern.

Einen neuen Standard-Client mit demselben Software-Paket für alle Mitarbeiter konnte Willebrand deshalb nicht ohne weiteres ausrollen. Denn während mancher für die Arbeit mit seiner Versicherungs-Software noch den Internet Explorer 6 von Microsoft brauchte, konnten Kollegen mit anderen Aufgaben schon mit Version 8 arbeiten.

Damit nach der geplanten Bereinigung der Software-Landschaft niemand beim Arbeiten behindert würde, war also einige Vorarbeit nötig. Zunächst machte die IT eine automatische Aufnahme der auf allen Clients verwendeten Software. Das System Empirum spuckte rund 20.000 Einträge aus. Anschließend fanden Treffen zwischen IT und den einzelnen Abteilungen statt. "Dort haben wir abgefragt, mit welchen Programmen die Leute wirklich arbeiten", sagt Willebrand. Über zwei Monate erstreckte sich dieser Aufnahmeprozess.

Kompatibilität von Browsern, Treibern und Office-Versionen prüfen

Dass eine bestimmte Software nicht mehr benötigt wird, war in den wenigsten Fällen leicht zu entscheiden. Manche Mitarbeiter sagten, sie seien angewiesen auf bestimmte Versionen des Java-Clients oder ein bestimmtes Patch von Microsoft. Andere gaben zu Protokoll, einen speziellen Oracle-Treiber zu verwenden. Welche Datenbank sich über welchen Client bedienen ließ - das Team von Willebrand musste es einzeln ausprobieren. Jegliche betreute Software war auf die Kompatibilität mit Windows 7 zu überprüfen - Treiber, Browser und verschiedene Versionen von Microsoft Office. "Es ging dabei zum Teil um ganz triviale Dinge, aber es war aufwendig", sagt Willebrand. Ein halbes Jahr dauerten die Tests und das anschließende Eindampfen der Software.

Wertvolle Tipps erhielten Willebrand und sein Team dabei von den sogenannten "Power-Usern" bei Aon - also von Mitarbeitern, die sich besonders gut mit bestimmten Applikationen auskannten und aus ihrer täglichen Arbeit wussten, welche Anwendungen miteinander harmonierten und welche nicht. "Die Rolle dieser Power-User möchten wir jetzt stärken und sie hauptamtlich als Ansprechpartner für die IT in den Fachbereichen einrichten", sagt der Aon-CIO.

Software aus dem Katalog im Webshop

Damit die schön getrimmte Software-Landschaft nicht wieder zu wuchern beginnt, hat Willebrand vorgesorgt. Alle Software-Installationen erfolgen bei Aon jetzt ausschließlich über die IT-Abteilung. Die Versicherer, mit denen Aon zusammenarbeitet, schicken die Datenträger mit der nötigen Software jetzt direkt dorthin, nicht mehr auch an einzelne Mitarbeiter. In der IT-Abteilung wird die Software dann paketiert und den Mitarbeitern über ein Shop-System zum Herunterladen zur Verfügung gestellt.

Wer über die auf dem Standard-Client vorinstallierte Software hinaus Programme benötigt, bestellt sie jetzt über einen neu eingerichteten Webshop aus dem Katalog. "Bekommt ein Mitarbeiter zum Beispiel zusätzlich die Zuständigkeit für Lebensversicherungen, klickt er die für diese Arbeit nötige Software dort an", sagt Willebrand.

Standard-Client versus Gerätevielfalt

Dass er neue, einheitliche Standard-Clients ausrollt, während alle Welt von "Bring Your Own Device" und Gerätevielfalt spricht, stört CIO Willebrand nicht. Die Mitarbeiter seien sehr zufrieden. "Die Kollegen haben schnelle Geräte bekommen, die sehr stabil laufen", sagt Willebrand. Die Stabilität liest er auch daran ab, dass seit der Einführung der neuen Clients immer weniger Mitarbeiter Unterstützung aus der IT-Abteilung benötigen.

Gleichwohl rüstet sich der Aon-CIO für neue Endgeräte wie iPads. "Das wird mit Sicherheit kommen", sagt Willebrand. Die Auswahl eines Tools zur Verwaltung unterschiedlicher mobiler Geräte sei angelaufen. Zunächst rollt der CIO aber den neuen Standard-Client mit Windows 7 in seinem Zuständigkeitsbereich weiter aus. Als nächstes steht die Schweiz an, später Österreich.