Analysten-Kolumne

Eine agile IT ist eine Frage der Mitarbeiter, nicht des Geldes

06.06.2007 von Thorsten Mieze
Seit über einem Jahrzehnt sprechen die Wirtschaftsexperten auf der ganzen Welt über zunehmende Globalisierung, Schnelllebigkeit sowie vom zunehmenden Wandel von Märkten und unternehmerischen Geschäftsmodellen. Während sich Produktentwicklung, Fertigung, Marketing-, Vertriebs- und Service-Aktivitäten mit neuen Konzepten auf die kontinuierlich neuen Herausforderungen einstellen, "dümpelt" vielerorts das Nervensystem "Informationstechnologie" immer noch ruhig vor sich hin.
Capgemini-Berater Thorsten Mieze: ""Mitarbeiter bauen die entscheidende Brücke zwischen Business und IT."

Neue und offene Anforderungen in der IT-Warteschleife nehmen zu. CAPEX und OPEX, die führenden Kennzahlen auf der IT Scorecard begrenzen frühzeitig die möglichen Maßnahmen zur Umsetzung. Und das, obwohl kein Zentralbereich annähernd vergleichbare Jahresbudgets besitzt. Die IT gerät in den Management-Etagen von Budgetplanung zu Budgetplanung mehr und mehr unter Druck. Gefordert wird mehr Agilität der IT.

Agile IT macht Unternehmen wettbewerbsfähiger

Wir haben "IT-Agilität" in unserer diesjährigen CIO-Umfrage als Diskussionsthema aufgegriffen und näher beleuchtet. Die Ergebnisse aus den Interviews mit über 300 CIO’s namhafter Unternehmen aus aller Welt zeigen anschaulich, dass IT - wie nie zuvor - als wesentlicher Multiplikator für unternehmerische Flexibilität und Wettbewerbsfähigkeit angesehen wird. Tatsächlich konnten wir in der Studie auch eine eindeutige und nachvollziehbare Korrelation zwischen IT-Agilität und unternehmerischer Agilität aufzeigen, wobei beide sichtbar häufiger in Unternehmen anzutreffen sind, die auch als leistungsstark in ihrem Markt wahrgenommen werden.

Letztlich kann das insbesondere in den Märkten, in denen eine Abgrenzung vom Wettbewerb nicht mehr durch Produktmerkmale allein zu erreichen ist, zu einem entscheidenden Wettbewerbsfaktor werden. Interessant ist auch, dass Unternehmen mit einer engen Kundenbeziehung tendenziell als agiler wahrgenommen werden.

IT ist "people business"

IT-Agilität zeichnet sich nicht nur durch "state of the art" -IT-Systeme aus, und auch die Organisation der IT-Service-Leistung steht nicht allein im Vordergrund. Als wesentlich stellt sich die geistige Einstellung des CIO und seiner Mitarbeiter heraus. So wird der realisierte Grad der IT-Agilität nach Einschätzung der interviewten CIOs zu knapp 50 Prozent durch die Mitarbeiter der IT bestimmt, während lediglich rund 25 Prozent Anteil auf Systeme, bzw. Prozesse, entfielen. Auch IT ist demnach bis zu einem gewissen Grad ein "people business". Mitarbeiter bauen die entscheidende Brücke zwischen Business und IT. Gerade der CIO als treibende Kraft in der IT kann und darf sich nicht hinter den Argumenten der Kostenoptimierung und dem Unverständnis der Fachbereiche über die Materie verstecken. Letztlich lässt sich einwandfrei nachweisen, dass IT-Agilität auch in Unternehmen mit vergleichsweise geringen IT-Budgets anzutreffen ist.

IT-Agilität und Unternehmens-Agilität im Vergleich.

Einen Wandel in den Köpfen der eigenen Mitarbeiter zu bewirken, kostet eher Zeit als Geld. Auch wenn es leichter gesagt ist als getan, hier ist ein grundlegender Wandel in vielen Unternehmen erforderlich. Dieser kann u.a. durch Investitionen in Verbesserung von Mitarbeiterfähigkeiten proaktiv aufgegriffen, langfristig geplant und dann konsequent umgesetzt werden.

Serviceorientierte Architekturen helfen Unternehmen agiler zu werden

Letztlich hängt aber nicht alles nur an den Mitarbeitern. Der starke Zusammenhang zwischen IT-Mitarbeitern, -organisation und -systemen zeigt sich z.B. in der Philosophie serviceorientierter Architekturen, welche sich nahtlos in die Diskussion über IT-Agilität einfügt. So vermögen es gut durchdachte serviceorientierte Architekturen durch ihren nachhaltigen Einfluss auf alle drei Dimensionen (Mitarbeiter, Organisation und Systeme), einen bemerkenswerten Schub in Punkto IT-Agilität für Unternehmen zu bewirken.

Bürokratie des Alltags und Kosteneinsparungen sind kontraproduktiv

Nicht unerwähnt bleiben sollten auch potenzielle Barrieren zur Erreichung von IT-Agilität. So ist z.B. das Verständnis wichtig, dass sich kurzfristige Kostensenkungsprogramme in der IT eher kontraproduktiv auswirken. Darüber hinaus spielen nach Angabe der CIO’s noch drei weitere Faktoren eine große Rolle: Der Fokus auf kurzfristige und operative Themen, geringe interne Fähigkeiten für Planung und Durchführung von Transformationen sowie mangelnde funktionsübergreifende Zusammenarbeit in allen Branchen.

Mehr Agilität, bitte

IT-Agilität sollte also nicht nur nicht unterschätzt werden - sie wird vielmehr zu einer Forderung der Geschäftsbereiche. Sich hiermit erfolgreich und nachhaltig auseinanderzusetzen, ist aber kein Thema für ein kleines Projekt. Es ist eine Veränderung in der Grundhaltung der IT, die sich auf alle Dimensionen auswirkt, auf Mitarbeiter, Organisation und Systeme. Es ist an der Zeit, diese Veränderung in der IT anzugehen. Nur so können Unternehmen in Zukunft auf allen erforderlichen Ebenen Agilität beweisen und sich auf die beschworenen Herausforderungen einstellen.

Thorsten Mieze ist Berater Business & Information Strategy bei Capgemini Consulting.