Studie warnt vor gesetzlichen Maßnahmen

Eine "Lex Offshoring" wäre Gift für die Wirtschaft

14.12.2004 von Detlef Scholz
Das Verlagern von IT-Jobs aus Ländern mit hohem Gehaltsniveau in Billiglohnländer ist ein weltweites Phänomen. Versuche, dieser Entwicklung auf gesetzlichem Weg einen Riegel vorzuschieben, müssen fehlschlagen. Das folgt aus einer Analyse der Marktforscher von Frost & Sullivan.

IT-Jobs ins ferne Ausland zu verlagern gilt heute in Branchen mit hoher Offshoring-Rate als lebensnotwendig. Unternehmen erlangen durch Ausgliedern von IT-Funktionen eine höhere Flexibilität: Sie können ihre personelle Stärke an veränderte geschäftliche Erfordernisse schnell und zu niedrigen Kosten anpassen, und das bei unverändert hoher Qualifikation der externen Mitarbeiter.

Geht es um den Gewinn, so können und werden multinationale Konzerne Offshore-Filialen gründen, um etwaige gesetzliche Vorgaben in anderen Ländern zu umgehen. Unternehmen aus Ländern ohne Einschränkungen zum Job-Export hätten zudem klare Wettbewerbsvorteile gegenüber solchen Firmen, die aus Ländern mit gesetzlichen Regelungen stammen. Tatsächlich würde ein Staat mit restriktiven Maßnahmen zum Offshoring der eigenen Wirtschaft unumkehrbaren Schaden zufügen. Millionen von Arbeitsplätzen könnten als Resultat zerstört werden. Das ist nach Auffassung der Analysten der entscheidende Punkt, weshalb gesetzliche Regelungen zum Export von Arbeitsplätzen fehlschlagen müssen.

Gesetzesinitiativen zum Schutz der heimischen IT-Jobs hätten demzufolge nur im Rahmen einer internationalen Allianz Aussicht auf Erfolg – ein äußerst unwahrscheinliches Szenario. Die "entwickelten" Länder sollten stattdessen ihren Fokus auf Ausbildung und Innovation richten, um ihre IT-Kraft ("workforce") zu erhalten.

IT-Job-Export nimmt rasant zu

Der Export von IT-Jobs nimmt der Studie zufolge im Zeitraum 2002 bis Ende 2004 jährlich um knapp sechs Prozent zu. Im laufenden Jahr werden voraussichtlich rund 825.000 IT-Arbeitsplätze aus Frankreich, Deutschland, Hongkong, Japan, Großbritannien und den USA verlagert. Das entspricht einem Wert von insgesamt 50 Milliarden US-Dollar.

Die USA und Japan sind die beiden Top-Exporteure von IT-Jobs 2004. Deutschland führt innerhalb der europäischen Union die Rangliste des Werts der bisher insgesamt ins ferne Ausland verlagerten Arbeitsplätze aus der IT an. Frost & Sullivan beziffert ihn auf knapp 50 Milliarden Dollar. Auf den Plätzen zwei und drei dieser Liste folgen Großbritannien und Frankreich.

Die am meisten nach Übersee verlagerten Funktionen sind im betrachteten Zeitraum Kunden-Unterstützung, technischer Support, Hardware- und Software-Entwicklung sowie -Test, Netzwerk-Administration, Qualitäts-Sicherung und Help-Desk-Aufgaben. Deutsche Unternehmen haben vor allem Bedarf, Jobs aus Software-Entwicklung und -Test zu exportieren. Auch Funktionen aus dem technischen Support werden häufig von deutschen Unternehmen ins ferne Ausland verfrachtet. Bei den Briten dominieren eindeutig die Arbeitsplätze aus Software-Entwicklung und -Test.

Hoher Zufriedenheitsgrad

Franzosen und Japaner machen am ehesten sprachliche Schwierigkeiten beim Offshoring zu schaffen. Deutsche Unternehmen nennen hier kulturelle Unterschiede und Missverständnisse. Doch ungeachtet aller Herausforderungen bezüglich kultureller, sprachlicher und zeitzonen-bedingter Unterschiede ist der Zufriedenheitsgrad der verlagernden Unternehmen hoch.

Unter den Offshoring-Länder ist Indien der größte IT-Job-Importeur. Auf Platz zwei folgt China. Das Land führt derzeit halb so viele IT-Arbeitsplätze ein wie Indien. Doch die Lücke zwischen diesen beiden Ländern wird sich aufgrund IT-freundlicher Initiativen der chinesischen Regierung im Verlauf der nächsten zehn Jahre verringern.

Förderlich für den Offshoring-Trend ist die Tatsache, dass viele Unternehmen in den Billiglohnländern höhere CMM-Zertifizierungen (Capability Maturity Model) als ihre Kunden haben. Außerdem haben staatliche Maßnahmen wie steuerliche Anreize für die IT-Branche in den Heimatländern der Provider das Offshoring vorangetrieben. Einen positiven Einfluss hat zudem die Rückkehr vieler IT-Experten aus der westlichen Welt in ihre Heimatländer gehabt. Dort verrichten sie dieselbe Arbeit für weniger Geld.

Für seine Analyse verwendete Frost & Sullivan Marktdaten aus 14 Ländern und Ergebnisse aus Befragungen von IT-Verantwortlichen in Frankreich, Großbritannien, Deutschland, Hongkong, Japan und den USA. Der betrachtete Zeitraum umfasst die Jahre 2002 bis 2004.

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