Studie Uni Saarland

Eine stille Stunde macht produktiver

23.04.2013 von Andrea König
Bereits eine Stunde Arbeit ohne Unterbrechung von E-Mails, Telefon und Kollegen steigert die Qualität und Zufriedenheit bei anspruchsvollen Arbeiten deutlich.

Vor kurzem veröffentlichten Forscher der University of California und der US-Armee die Ergebnisse einer Studie zur Belastung durch ständige E-Mails. Die zeigten: Wer von seinem Mail-Account abgeschnitten wird, arbeitet nicht nur fokussierter und damit produktiver, sondern reduziert auch deutlich persönlichen Stress.

Die Manager bewerteten ihre Leistung während der stillen Stunde als qualitativ hochwertiger.
Foto: MEV Verlag

Cornelius König, Professor für Arbeits- und Organisationspsychologie an der Universität des Saarlandes, hat nun in einer Feldstudie demonstriert, dass schon eine einzige sogenannte stille Stunde helfen kann. "Bereits eine Stunde konzentrierte Arbeit ohne Unterbrechung von Mails, Telefon und Kollegen steigert die Qualität von und die Zufriedenheit mit anspruchsvollen Arbeiten deutlich", sagt er.

Feldstudie mit Managern

Zwei Wochen lang haben König und seine Kollegen eine Feldstudie mit Managern durchgeführt. Die 27 Studienteilnehmer (drei Frauen, 24 Männer) haben in dieser Zeit Tagebuch geführt. In der einen Woche teilten die Probanden sich ihre Zeit selbst ein, in der zweiten integrierten sie eine stille Stunde in den Arbeitstag, in der sie sich wichtigen Aufgaben widmeten. Im Tagebuch sollten sie ihre Leistung beurteilen.

Das Ergebnis: Die Manager bewerteten ihre Leistung während der stillen Stunde als qualitativ hochwertiger. Doch nicht nur das. "Sie haben den gesamten Arbeitstag als zufriedenstellender und effizienter wahrgenommen", so Cornelius König.

Ein Vierteljahr nach der Feldstudie hakten der Psychologie-Professor und seine Kollegen noch einmal bei den Managern nach. Viele bewerteten die stille Stunde auch im Rückblick noch sehr positiv und berichteten dem Professor, dass sie sie beibehalten hätten. Denn sie würden nach einem Arbeitstag mit einer stillen Stunde mit dem guten Gefühl nach Hause gehen, etwas Wichtiges vom Tisch zu haben, was ansonsten durch ständige Ablenkungen liegengeblieben wäre.

Die ungestörte Stunde muss nicht 60 Minuten dauern

Die stille Stunde muss nicht exakt 60 Minuten umfassen. Es kann auch eine halbe Stunde sein oder vielleicht ein Vormittag pro Woche. Wichtig ist, dass man sich tatsächlich daran hält und es nicht nur bei dem Vorsatz belässt, eine stille Stunde in den Arbeitstag zu integrieren. Es ist auch kein Drama, wenn doch einmal ein Anruf oder eine wichtige E-Mail dazwischenkommen, das war auch bei der Studie so. Die Studienautoren bezeichnen es in ihrer Auswertung sogar als unrealistisch, dass man es schafft, sich für die stille Stunde stets komplett abzuschotten.

Bei der Konsequenz im Berufsalltag wird es für einige sicherlich schwierig. Wer die stille Stunde umsetzen möchte, braucht Selbstdisziplin, doch damit ist es nicht genug. Manager haben es da vielleicht noch vergleichsweise einfach. Sie müssten sich die Stunde in ihrem Kalender blocken lassen, das Mail-Programm schließen und den Assistenten anweisen, keine Anrufe durchzustellen.

Mit dem Vorgesetzten darüber reden

Arbeitet man ein paar Hierarchiestufen tiefer, kann man sicherlich weniger selbstständig darüber entscheiden, dass man in der kommenden Stunde nicht für E-Mails, Anrufe und Besuche erreichbar ist. Noch schwieriger wird es, wenn man in einer Position oder Unternehmenskultur arbeitet, in der der Vorgesetzte und Kollegen kurze Reaktionszeiten erwarten. Deshalb, so die Empfehlung von Cornelius König, sollte der Vorgesetzte das Vorhaben zumindest tolerieren, wenn nicht sogar aktiv unterstützen.