PC-Standard bei BASF

Einer für alle

02.02.2004 von Andreas Schmitz
Der Ludwigshafener Chemiekonzern BASF hat in dem Projekt Global PC Standardisation in 13 Monaten mehr als 30000 PCs ausgewechselt. Alle europäischen Mitarbeiter nutzen nur noch einen PC-Typ und haben jetzt statt 5000 lediglich 1200 Anwendungen im Einsatz.

Wenn sich der Laptop von Dirk Wilsdorf plötzlich zerlegt, dann ist das kein Grund zur Sorge. Innerhalb eines Tages steht ein identisches Ersatzgerät auf dem Schreibtisch des Informations-Managers im Ludwigshafener BASF-Werk. Sämtliche Daten sind auf dem Server gesichert, dank der seit Sommer 2003 installierten Standards für Programme und Anwendungen sind die Grundeinstellungen auf jedem Rechner gleich.

Darüber hinaus kann Wilsdorf sich an jedem der 200 Standorte in Europa ins Firmennetz einloggen. "Die meisten Anwendungen sind standardisiert und lassen sich seit Anfang 2003 per Push-Verfahren vom zentralen User Helpdesk ordern", sagt Wilsdorf, der die Zeit- und Austauschpläne mit der IT-Tochter BASF IT-Services abgestimmt hat.

Seit das Projekt Global PC Standardisation (GPS) abgeschlossen ist, thront auf jedem Schreibtisch in der Geschäftsstelle von BASF in Ludwigshafen auf einem silbernen Sockel ein 15 Zoll großer, silbergrau gerahmter Flachbildschirm von Dell. Darunter befindet sich eine Docking-Station mit Laptop oder aber ein PC-Turm. "Durch das Einkaufsvolumen von 30 800 Rechnern konnten wir den Preis um 15 Prozent drücken", sagt Uwe Krakau, einer von drei Geschäftsführern der BASF IT-Services. Zudem spare die Mutter BASF in der TCO-Berechnung Kosten in zweistelliger Prozenthöhe.

Auch auf der Softwareseite sollte sich etwas tun: "Zunächst mussten wir identifizieren, wie viele Anwendungen und Programme in den Geschäftseinheiten im Einsatz waren", erläutert Udo Ruckert, Leiter der Workplace Services. "Viele Mitarbeiter hatten eigene Programme aufgespielt. Diese Freiheit gibt es jetzt nicht mehr." Heute gibt es nur noch "geloggte" Computer, was die Installation eigener Software unmöglich macht. Die hatten in der Vergangenheit oft Probleme verursacht. "Sie kennen das von zu Hause", sagt Krakau, "Sie implementieren eine Software und plötzlich wird der Bildschirm schwarz." Um dies zu umgehen, werde die Software nun vorab getestet und dann zentral bereitgestellt. "Es kann schon mal sein, dass eine Software auf der globalen Plattform nicht läuft", sagt Ruckert.

Allerdings lässt sich ein derartiger Veränderungsprozess nicht im Handstreich machen. "Die Kommunikation im Unternehmen nahm ein Schlüsselrolle ein", so Krakau. Als den über 20 000 Mitarbeitern in Ludwigshafen in einer Live-Veranstaltung die neuen Vorgaben für die Handhabe der Hard- und Software per Videostreaming am Arbeitsplatz nahe gebracht werden sollten, war diese für alle Mitarbeiter Pflicht. "Auch für mich", sagt Krakau.

Die hundertprozentige Tochter des Chemiekonzerns BASF, die BASF IT Services, hat damit vollendet, was die Mutter BASF vor fünf Jahren begonnen hat. Damals habe es eine Unzahl an Rechnern gegeben, berichtet Ruckert, der bei BASF die PC-Standardisierung auf den Weg brachte. "Die Anzahl der PC-Typen haben wir auf dem Ludwigshafener Campus auf zwei reduziert." Damit nicht genug: Im Jahr 2000 suchte BASF IT erneut nach weiteren Möglichkeiten für eine Straffung und Standardisierung der Prozesse. Das konzernweite Programm "Fit for the future" war bereits 2001 ausgerufen, in dessen Rahmen "Kostenvorteile" von 400 Millionen Euro pro Jahr erzielt werden sollten. Danach leitete Ruckert das Projekt Global PC-Standardisation (GPS). Es ist ein Bestandteil des "Esprit-Programms, das den Umbau der IT-Systemlandschaft fokussiert. Auch deshalb formierte der BASF-Vorstand eine eigenständige IT-Gesellschaft, die die Prozesse im Haus erneut unter die Lupe nahm - BASF IT Services, intern auch BIS genannt.

Die Besonderheit: Um die Unabhängigkeit von der Mutter zu untermauern, suchte man sich einen zentralen Standort in Europa - in der Schweiz. Der Hauptsitz der BASF IT Services liegt im kleinen Wädenswil an der Nordseite des Zürichsees mit Alpenpanorama. Gerne richtet Geschäftsführer Krakau seinen Blick auch auf den externen Markt. "Die Tinte ist noch nicht getrocknet", sagt Marketing-Mann Krakau auf die Frage, weshalb er noch nichts zu den neuen Vertragsabschlüssen mit externen Kunden sagen darf. Derzeit verzeichnet der Wädenswiler IT-Dienstleister nur fünf Prozent externen Umsatz. "Für 2005 erwarten wir hier 60 Millionen Euro Umsatz", erzählt Krakau. Der Gesamtumsatz der Firma liegt derzeit bei etwa 450 Millionen Euro, soll aber um zehn bis fünfzehn Prozent fallen - und dies ist nicht zuletzt eine Folge der Verschlankung der Geschäftsprozesse.

Krakau zögert, wenn er die Entscheidungsprozesse bei BASF erläutern soll, denn er möchte das Geschäft nach draußen verbessern - BASF sei da nur ein Kunde. Das GPS-Projekt unter dem Esprit-Mantel versteht er nur als Referenz für externe Kunden, verhehlt aber nicht, dass der Umsatz von BASF IT Services in etwa dem gesamten IT-Budget von BASF entspricht. Das GPS-Projekt hat das Steering-Kommitee mit IT-Vorstand Uwe Bock und den ITLeitern der Geschäftseinheiten beschlossen. "Wir hatten stets die Unterstützung vom oberen BASF-Management", so Ruckert. Dadurch seien auch die Verantwortlichkeiten geklärt - ein Schlüsselfaktor für das Projekt.

IT-Manager Wilsdorf ist im Großen und Ganzen zufrieden: "Man kann bei einem Projekt dieser Größenordnung keine Perfektion erwarten, es stehen noch Zusammenlegungen von Anwendungen sowie die Standardisierung der Peripherie an." Etwa vier Fünftel der Arbeit sei getan, so schätzt der IT-Manager - wesentliche Schritte seien gemacht, um Fehler schneller beheben, die Servicequalität verbessern und IT-Kosten senken zu können. Doch für eine Daumenrechnung sei es noch zu früh.