Was der stationäre Handel von Online-Shops lernen kann

Einkaufen wie im Internet

26.04.2006 von David Weinberger
Stellen Sie sich vor, Sie würden einen physischen Laden entwerfen, der die besten Erfahrungen Ihrer Kunden beim Online-Kauf abbildet. Käufer könnten direkter zu den Produkten gelangen, die sie wirklich interessieren. So binden Sie Ihre Kunden und steigern den Absatz.

Paco Underhill ist Gründer einer Beratungsfirma in New York, die auf Käuferverhalten spezialisiert ist. Er erklärt in seinem Buch, wie Verkäufer uns dazu bringen, im Einkaufswagen Dinge zu stapeln, die nicht auf unserer Einkaufsliste standen.

Die meistgekauften Produkte stehen in der Regel ganz hinten im Laden. Der Raum dazwischen besteht aus Versuchungen. Konsumenten müssen an Auslagen vorbeigehen, um von der Rolltreppe des einen Stockwerks zu der nächsten zu gelangen. Die ansprechendsten Dinge sind genau in Augenhöhe positioniert. Physische Regalreihen wirken wie Magneten - die Leute müssen an ihnen vorbeigehen, wenn sie an ihr Ziel wollen.

Das Einkaufen im Internet ist einfacher. Kunden können direkt zu den Produkten gelangen, die sie interessieren. Dadurch entstehen höhere Erwartungen. Stellen Sie sich vor, Sie würden einen physischen Laden entwerfen, der die besten Erfahrungen Ihrer Kunden beim Online-Kauf abbildet. Konsumenten könnten den Laden schnell verlassen und hätten genau das gekauft, was sie brauchen. Sie müssten nicht den doppelten Weg zurücklegen, wenn sie etwas vergessen haben. Ihre Loyalität stiege, und sie würden mehr langfristige Anschaffungen bei Ihnen tätigen.

Die physische Version eines Online-Shops zu schaffen bedeutet: Sie müssen den Regalplatz so organisieren, als handle es sich um einen Ort, an dem Kunden Informationen suchen. Drei Prinzipien sind dabei zu beachten.

Von Online-Shops lernen

Erstens: Die Nutzerführung muss klar ersichtlich und gut durchdacht sein; die Anordnung und die Bezeichnung der Produktkategorien logisch und konsistent. Das Gleiche gilt, wenn Sie einen Besucher durch Ihr Geschäft leiten.

Zweitens: Im Internet ist es für Kunden einfach, so viele Produktinformationen zu bekommen, wie sie brauchen. Auch in Ihrem richtigen Geschäft ist das möglich: Zum Beispiel können Sie detaillierte Kataloge auslegen oder Karten an den Regalen befestigen, auf denen spezifische Produkteigenschaften zusammengefasst sind. Oder Sie positionieren überall gut geschulte Verkäufer. Wie auf einer gut gestalteten Website sollte diese Art von Informationen die Kunden nicht behindern, die einfach nur in den Laden kommen, eine DVD kaufen und wieder gehen wollen.

Drittens: E-Commerce-Seiten dienen den Interessen des Anbieters und denen der Kunden, wenn sie passende Zusatzprodukte anbieten. Ein Ladenbesitzer in der realen Welt kann das tun, indem er neben den Stereoanlagen die passenden Kabel platziert. Oder indem er ein Leitsystem einsetzt, das auf Zubehör verweist, das der Kunde benötigt, um das Produkt zu nutzen. Es sollte ihm auch den Weg dorthin weisen, selbst wenn dieser zu einem anderen Anbieter führt.

Jahrelang haben Supermärkte die Pastasauce in der Nähe der Nudeln positioniert; ein passendes Zusatzprodukt im Regal wäre ein Lasagnerezept, dazu ein Hinweis, wo man Hackfleisch kaufen kann. Und die Adresse eines guten Weinhändlers, bei dem die Kunden eine schöne Flasche Chianti bekommen.

Web-Seiten beziehen sich außerdem auf früheres Einkaufsverhalten und präsentieren Gruppen von Produkten, die Kunden regelmäßig kaufen. Physische Händler können die Angebote nicht individuell für jeden Kunden erstellen, aber sie können den Zugang zu den begehrtesten Waren insgesamt erleichtern.

Einige dieser Vorschläge werden im Staples-Prototyp-Labor getestet. Es befindet sich in der Nähe der Zentrale des Bürobedarfshändlers in Massachusetts. Jeden Tag arbeitet Bob Madill, der Manager, der für die Verkaufsförderung zuständig ist, gemeinsam mit seinem Team daran, die Grenzen der stofflichen Welt zu überwinden, damit Kunden sich in einem Staples-Laden bewegen können, als bestünde er nur aus Daten.

Das Ergebnis der Forschung im Labor war, dass Staples seine Geschäfte nach "Einkaufsdestinationen" - also Warenkategorien, die am häufigsten nachgefragt werden - konzipiert und zusammenstellt. Diese Kategorien ähneln den Topkategorien, die Nutzer auf Homepages als Ausgangspunkte für ihre Entdeckungsreise finden. Über jedem Gebiet hängen große Tafeln; die Unterkategorien sind mit kleineren Hinweisen gekennzeichnet. Früher hatte Staples die rein informative Aufteilung der Läden durch Schilder unterbrochen, die Sonderangebote aus anderen Kategorien anpriesen. Solche "Störer" haben wohl den Verkauf eines einzelnen Produkts gefördert. Allerdings sind sie das Pendant zur Pop-up- Anzeige, also hat Staples sie aufgegeben.

Das Informationsbedürfnis von Kunden ist auch entscheidend für die Höhe eines Regals und dafür, wie viele verschiedene Produkte ein Laden anbietet. "Wenn die Regale niedrig sind, kann das menschliche Auge sie am leichtesten überblicken", sagt Madill. Höhere Regale könnten zwar mehr Produkte fassen, aber Kunden könnten die Hinweise nicht mehr sehen.

Staples hat auch auf den Wunsch nach Produktinformationen reagiert. So steht zum Beispiel Druckertinte nicht mehr isoliert in einer Ecke der Produktkategorie. Der Büroartikelhändler bietet zusätzlich kleine Kataloge mit Informationen zu den Patronen und den verschiedenen Druckermarken, für die sie geeignet sind. Die Nutzung dieser Kataloge ist von sieben auf 20 Prozent gestiegen. Die Kunden sind zufriedener, und die Verkäufer müssen seltener Auskunft erteilen.

Den Raum um Informationen herum zu gestalten wird überall dort wichtiger, wo es darum geht, Erwartungen von Konsumenten in einer physischen Umgebung zu erfüllen. Das Internet hat Kunden ermöglicht, ihre Aufmerksamkeit stärker selbst zu steuern. Versuchen Sie, sie zu halten, dann bleiben sie in Ihrer Nähe.