UEFA IT-Infrastruktur

EM 2012 kommt aus der Private Cloud

09.03.2012 von Werner Kurzlechner
Der europäische Fußballverband UEFA hostet zusammen mit Dienstleister Interoute in einer Private Cloud die Homepage und die Spielbetriebsplattform für Champions League, Europapokal und EM. Ein Gespräch mit dem UEFA-IT-Chef Daniel Marion.
Das Projekt mit Interoute soll die UEFA-Plattform FAME auch fit für mobilen Zugriff machen. Aber in der Saison 2012/13 können Inhalte via Smartphone und Tablet abgerufen werden.

Von 8. Juni bis 1. Juli wird sich die Republik abermals in ein sommermärchentrunkenes „Schland“ verwandeln. Die Straßen mutieren wieder einmal zu Fanmeilen, in denen Siegen von Jogi Löws Jungs bei der Fußball-Europameisterschaft in Polen und der Ukraine entgegengefiebert und -gefeiert wird. Wer zu Spielen und Spielern schnelle Informationen will, klickt naheliegenderweise auf die Website des Veranstalters „Union des Associations Européennes de Football“ (UEFA).

Mit 400 Millionen Besuchen auf seiner Homepage rechnet der europäische Fußballverband während des Turniers – rund 230 Millionen mehr als bei der bisher letzten EM 2008. Um nicht nur für diesen Ansturm infrastrukturell gerüstet zu sein, ist die UEFA in die Wolke gegangen und arbeitet für drei Jahre mit dem Cloud Service-Provider Interoute zusammen.

„Interoute hat mit Erfolg eine Plattform entworfen, entwickelt und bereitgestellt, die unseren Anforderungen gerecht wird“, sagt Daniel Marion, Head of Information and Communications Technology bei der UEFA. „Sie verbindet eine sehr hohe Stabilität und Verfügbarkeit mit der Skalierbarkeit und Flexibilität, die große Events erfordern.“

Die zentrale Plattform der UEFA

Der 40-jährige Schweizer Marion berichtet, dass UEFA.com während großer Fußballturniere eine der zehn meistbesuchten Websites weltweit sei. Die Zahlen an Visits und Visitors stiegen alle zwei Jahre, also von EM zu WM und von WM zu EM, um zehn Prozent an. Die Website, in jeder regulären Saison durch Champions League und Europa League regelmäßig in wachsendem Fokus, ist aber nur ein Teil des IT-Outsourcing-Deals mit Interoute. Für den Ablauf der UEFA-Veranstaltungen und -Events genauso wichtig ist das Kernstück der UEFA-IT: die zentrale Plattform des Verbandes mit Namen FAME (Football Administration and Management Environment).

UEFA-IT-Chef Daniel Marion erläutert die Hintergründe des Deal mit Interoute. Bedeckt gibt er sich nur bei der Frage nach seinem Lieblingsverein - da wolle er als Verbandsmitarbeiter neutral erscheinen.
Foto: UEFA

Ohne FAME liefe im europäischen Fußball quasi nichts, das wird schnell klar im Gespräch mit dem Elektronikingenieur Marion, der auch einen MBA der London Business School besitzt und seit 1998 für die UEFA arbeitet. Ticketvergabe und Transportorganisation, Media-Planung und Presseakkreditierungen, Wettbewerbsmanagement sowie Dienste für Schiedsrichter und Vermarktungspartner – alles das läuft über die eine Plattform.

Spielbetriebsplattform ist eine Eigenentwicklung

Fans, Schiedsrichter, Sponsoren und Berichterstatter haben also alle ihre Nischen auf FAME, über die sie ihre Teilnahme an Fußballspielen auf kontinentalem Niveau organisieren. 39.000 Nutzer hätten Zugriff auf die Plattform, so Marion.

Die Spielbetriebsplattform ist eine im Kern eigene Entwicklung der IT-Abteilung des Verbandes, die laut Marion aus rund 100 Mitarbeitern besteht – darunter wegen eines hohen Outsourcing-Anteils allerdings mehr Projekt-Manager und Datenspezialisten als Techniker. Marion erinnert sich an die Anfänge im Jahr 2000. „Es gab damals nur eine Handvoll auf große Sportveranstaltungen spezialisierte Dienstleistern; im Angebot waren eher Services als Lösungen“, so der IT-Chef.

Tablets zur neuen Saison

Also packte der Verband die Entwicklung selbst an. Seit 2005 hat die Plattform den Namen FAME. In den vergangenen Jahren arbeitete die UEFA laut Marion mit dem Provider NTT Communications zusammen. Offizieller Start der Zusammenarbeit mit Interoute, dessen europaweites Glasfasernetz 60.000 Kilometer lang ist und das Groß-Rechenzentren in Amsterdam, Berlin, Genf, London, Madrid, München, Paris und Stockholm betreibt, war im Juni vergangenen Jahres. Die Transition-Periode begann laut Marion im Herbst 2010; ab Sommer 2011 soll alles in voller Geschwindigkeit funktionieren.

Partner Interoute ging aus der Sandoz-Familienstiftung hervor, zu den Investoren zählt auch das Königreich Dubai. Das Unternehmen stellt nach eigenen Angaben unter anderem das Backbone-Netzwerk für Europas größte Mobilfunkbetreiber und das digitale Broadcasting großer Ereignisse wie der Olympischen Spiele, Wahlen und TV-Shows bereit. Aus dem Netzwerk-Provider hat sich ein Dienstleister mit vielfältigem Angebot entwickelt. So liefert Interoute an Firmenkunden die ICT-Infrastruktur und profiliert sich zunehmend im Cloud Computing-Segment.

„Für uns war wichtig, eine dedizierte Infrastruktur zu behalten“, erläutert UEFA-IT-Chef Marion. Interoute liefere eine Private Cloud-Lösung. Der Dienstleister betreibt alle Anwendungen und Systeme, die die UEFA direkt einsetzt, darunter die mit Videos und Bildern für Fans bestückte Website und FAME.

Virtuelle Desktop-Infrastruktur vor dem Launch

Frucht der Partnerschaft sollen verschiedene technologische Neuerungen sein, so etwa eine virtuelle Desktop-Infrastruktur, deren Launch bevorsteht. Ab der nächsten Champions League sollen die FAME-Nutzer auch mit Tablets und anderen mobilen Endgeräten bequemen Zugriff auf Dokumente haben. Marion rechnet damit, dass in und um die Stadien 300 bis 400 Tablets im Einsatz sein werden.

„Mit einer ständig im Blick der Öffentlichkeit stehenden IT, die in Europas größter Private Cloud gehostet wird, können Fußballfans eine besonders gute Leistung bei jedem Click und jedem Spiel erwarten“, verspricht Gareth Williams, CEO von Interoute.