Digitalisierung bei der Deutschen Bahn

Erster autonomer Bus im Linienverkehr

02.11.2017 von Jürgen  Hill
Die Deutsche Bahn ist in ein neues Verkehrszeitalter gestartet: Im bayerischen Bad Birnbach verkehrt der erste fahrerlose Linienbus. Gleichzeitig markiert dies den Einstieg der Bahn ins On-Demand-Mobility-Business.
Der erste autonome Linienbus Deutschlands fährt in Bad Birnbach in Niederbayern.
Foto: Deutsche Bahn

Auf 700 Metern kommt womöglich die deutsche Verkehrsrevolution auf leisen Sohlen daher. So kurz ist die Strecke, die der erste autonome Bus im Linienverkehr im niederbayerischen Kurort Bad Birnbach bewältigt. Dabei rollt das Fahrzeug rollt elektrisch vom Ortszentrum zur Therme über öffentliche Straßen. 2018 soll der Bus - laut Bahn der erste autonome Bus in Deutschland - zusätzlich den Bahnhof mit dem Ortszentrum verbinden. Die Strecke verlängert sich so um 1380 Meter auf über 2 Kilometer. Dabei wird ein zweites Fahrzeug eingesetzt, um Anschluss an alle ankommenden Züge anzubieten.

Ziel ist die On-Demand-Verbindung

Ab 2018 soll die jetzt 700 Meter lange Strecke bis zum Bahnhof verlängert werden, um Anschluss an alle ankommenden Züge zu sichern.
Foto: Deutsche Bahn

Der Betrieb des Buses soll über mehrere Jahre laufen. Die Bahn will dabei Erfahrungen im Betrieb autonomer Kleinbusse sammeln, die Technik besser kennen und die Akzeptanz bei den Kunden testen. Gleichzeitig kann hierbei die Deutsche Bahn Connect GmbH Praxiserfahrungen für "ioki" sammeln. Unter diesem Namen betreibt die Bahn eine Buchungsplattform für Shuttleservices.

Ioki will dabei Mobilitätslösungen offerieren, die auf On-Demand-Services basieren und Verkehrsströme durch Mobility-Analytics frühzeitig erkennen. Fenster Bestandteil des ioki-Konzeptes ist das Autonome Fahren, wie etwa jetzt in Bad Birnbach. Künftig will die Deutsche Bahn ihre Kunden künftig nicht nur fahrerlos direkt zum Ziel bringen, sondern auch auf Wunsch - "On-Demand".

Autonom mit Einschränkungen

Autofahrer müssen sich in Bad Birnbach an ein neues Verkehrschild gewöhnen. Es warnt vor dem ersten autonomen Linienbus.
Foto: Deutsche Bahn

Der dort eingesetzte Elektrobus hat keinen Fahrer und weder Lenkrad noch Gaspedal. Nur ein Fahrtbegleiter ist an Bord, der bei Bedarf eingreifen kann. Ein Blick hinter die Kulissen zeigt allerdings - bei aller Begeisterung für das Pilotprojekt -, dass von einem vollautonomen Fahren auf Level-5-Niveau noch keine Rede sein kann. So folgt zwar das Shuttle wie auf virtuellen Schienen automatisiert der Route, doch diese musste inklusive Haltestellen einmalig per Laserscanner in den Bordcomputer eingelesen werden.

Ferner muss in Bad Birnbach wie angesprochen immer ein Fahrtbegleiter an Bord sein, um bei Bedarf ins Fahrgeschehen eingreifen zu können, etwa durch das Auslösen eines sofortigen Stopps oder das manuelle Umfahren von Hindernissen per Joystick. Derzeit kann der Kleinbus, so die Bahn, noch nicht selbstständig von der Route abweichen, um etwa Hindernisse wie parkende Autos zu umfahren. Ferner ist die Geschwindigkeit auf maximal 15 Stundenkilometer begrenzt.

Kleinbus von EasyMile

In Bad Birnbach stoppt der autonome Bus noch an Haltestellen - künftig sollen die autonomen Fahrzeuge OnDemand fahren.
Foto: Deutsche Bahn

Als Fahrzeug setzt die Bahn in Bad Birnbach den fahrerlosen und elektrischen Kleinbus EZ10 des Herstellers EasyMile ein. Der Bus hat 6 Sitzplätze und eine ausfahrbare Rampe, um barrierefrei zu sein. Offiziell beträgt seine Batteriekapazität bis zu 14 Betriebsstunden. Zur Lokalisierung und Objektwahrnehmung hat er Technik wie Lasersensoren, Kameras oder GPS an Bord. EasyMile ist ein französisches Start-up mit Sitz in Toulouse. Seit der Gründung im Jahr 2014 entwickelt das Unternehmen Software für den Betrieb autonomer Fahrzeuge.

Zukunftspläne

Die Angebote zum autonomen Fahren auf der Straße bündelt die Bahn unter der Marke „ioki“.
Foto: Deutsche Bahn

Trotz aller Einschränkungen geriet Richard Lutz, Vorstandsvorsitzender der Deutschen Bahn, nach der Premierenfahrt geradezu ins Schwärmen: "Gerade sind wir komplett automatisiert in ein neues Verkehrszeitalter gefahren. Damit haben wir Pioniergeist bewiesen - wie schon bei der Fahrt der ersten Eisenbahn in Deutschland vor über 180 Jahren, damals zwischen Nürnberg und Fürth."

Als erstes Unternehmen, so Lutz weiter, bringe die Bahn in Deutschland autonome Fahrzeuge auf die Straße und in den öffentlichen Nahverkehr. Nach dem ersten automatisiert verkehrenden Linienbusverkehr in Bad Birnbach stehen die nächsten Projekte bereits auf der Agenda: Im Rahmen der Smart-City-Partnerschaft der Bahn mit der Freien und Hansestadt Hamburg setzt ioki 2018 einen fahrerbasierten On-Demand-Shuttleservice mit ÖPNV-Anschluss sowie ein Testfeld für einen autonomen Busverkehr in Hamburg um. Zudem wird ein weiteres Testfeld für autonomes Fahren im öffentlichen Verkehr vorbereitet, welches zu Forschungs- und Entwicklungszwecken dienen soll.