Recruiting ändern

Fachkräftemangel: Ansprüche runterfahren

21.08.2012 von Andrea König
Viele Unternehmen bekommen nicht genug Bewerbungen auf Schlüsselpositionen. Sie sollten neue Talente durch Trainings und Mentoren qualifizieren, rät Manpower.
Experten fordern, dass Recruiter in Stellenausschreibungen bewusst Bewerber ansprechen sollten, die nicht hundertprozentig das gesuchte Profil mitbringen.
Foto: MEV Verlag GmbH

Jedes dritte Unternehmen erhält auf ausgeschriebene Schlüsselpositionen zu wenige Bewerbungen. Die Probleme bei der Talentsuche treffen vor allem Bereiche, in denen handwerkliche Fähigkeiten, Technik-Kompetenz und Vertriebstalent gefragt sind. Zu diesem Ergebnis kommt eine Umfrage der Personalberatung ManpowerGroup unter rund 1000 Unternehmen in Deutschland.

Im Bewerbungsgespräch stellen Recruiter häufig weitere Bewerbermankos fest. Fast jedem fünften Stellensuchenden (18 Prozent) fehlen Fachkenntnisse, bei zwölf Prozent sehen Arbeitgeber Nachholbedarf bei Soft Skills.

Im internationalen Vergleich schätzen deutsche Unternehmen die wirtschaftlichen Folgen misslungener Rekrutierungsversuche als vergleichsweise gering ein. Nur ein Viertel befürchtet, dass sich die Rekrutierungsprobleme stark oder sogar sehr stark auf das Geschäft auswirken werden. Europaweit rechnen damit 38 Prozent, weltweit sogar 41 Prozent der in die Umfrage einbezogenen Länder.

Auch Bewerber ohne Idealprofil ansprechen

Vera Calasan, die Vorsitzende der Geschäftsführung der ManpowerGroup Deutschland, sieht beim schnellen und zielgerichteten Recruiting auch die Unternehmen selbst in der Pflicht. Sie fordert eine erhöhte Flexibilität und Kompromissbereitschaft von Arbeitgebern. "Personalverantwortliche sollten schon in den Stellenausschreibungen bewusst Bewerber ansprechen, die nicht zu 100 Prozent dem Idealprofil entsprechen", so die Chefin der Personalberatung. Lernwilligen Talenten, die wesentliche Qualifikationen mitbringen, sollte die Möglichkeit geboten werden, durch gezielte Trainings oder Mentorenprogramme in eine neue Position hineinzuwachsen.

Bisher schrauben jedoch nur wenige Arbeitgeber ihre Ansprüche herunter. Zwölf Prozent der Umfrageteilnehmer setzen die Messlatte tiefer, um passende Bewerber für ihr Unternehmen gewinnen zu können. Dabei entscheiden sich acht Prozent für talentierte Kandidaten, denen im Moment zwar noch notwendige Kenntnisse fehlen, bei denen sie jedoch Entwicklungspotenzial und Lernbereitschaft sehen. Vier Prozent der Befragten passen die Anforderungen der ausgeschriebenen Stellen an, um einen breiteren Bewerberkreis anzusprechen.

Bei der Suche nach geeigneten Mitarbeitern kann es zudem helfen, das Recruiting über die Region des Firmenstandorts hinaus auszuweiten. Bislang tun dies lediglich acht Prozent der Unternehmen, die Probleme bei der Besetzung von Schlüsselpositionen haben. Damit ist noch nicht einmal gemeint, die Bewerbersuche über die Landesgrenzen hinweg auszuweiten, sondern lediglich über die Region.

Personal-Abteilungen oft schwach besetzt

Häufiger Stolperstein bei der Bewerbersuche sind zudem schwach besetzte HR-Abteilungen: Im Durchschnitt, so das Ergebnis der Manpower-Befragung, macht HR-Personal nur 1,5 Prozent der Gesamtbelegschaft eines deutschen Unternehmens aus. Dies, so die Umfrageauswertung, sei zu wenig, um ein effizientes Recruiting zu betreiben. Müssen Unternehmen wegen mangelnder personeller Ressourcen ihre Akquise reduzieren, sehen die Umfrageinitiatoren nicht nur die Bewerbersuche sondern den Unternehmenserfolg langfristig gefährdet.

Die Daten zum Thema Rekrutierung sind Teil der Studie "Fachkräftemangel 2012", die die Personalberatung ManpowerGroup seit 2006 jährlich weltweit durchführt (international unter dem Titel "Talent Shortage Survey"). In Deutschland wurden dazu 1007 Unternehmen befragt.