IT als Stolperstein bei Fusionen

Fast jedes dritte IT-Projekt scheitert

16.09.2008 von Christiane Pütter
Bei Mergern und Akquisitionen wird die Rolle der IT unterschätzt. Das liegt an der mangelnden Kompetenz der IT-Mitarbeiter und daran, dass Business Manager den CIO nur als Service Provider betrachten.
Der Markt für Mergers und Akquisitionen nach den Zahlen von Deloitte

Knapp sechs von zehn deutschen Unternehmen (57 Prozent) waren schon mindestens einmal in eine Fusion oder eine Übernahme involviert. Dennoch wird die IT bei solchen Transaktionen selten auf Herz und Nieren geprüft. Die Folgen bleiben nicht aus: 31 Prozent der IT-Projekte im Rahmen eines Mergers oder einer Akquisition (M&A) scheitern. Nur 16 Prozent werden innerhalb des festgelegten Zeit- und Finanz-Budgets umgesetzt, wie der Berater Deloitte in einer Studie berichtet.

Die Analysten halten die Ergebnisse für brisant. Schließlich bildet die IT oft das Fundament ganzer Geschäftsfunktionen. Bei den CIOs scheint die Nachricht angekommen zu sein: Drei von vier Befragten bestätigen, die IT müsse M&A-Kompetenz aufbauen. 63 Prozent der Befragten beurteilen ihre Mitarbeiter in diesem Punkt bisher mit der Schulnote drei oder schlechter. Auf die Frage, ob in diesen Bereich investiert wird, hebt allerdings mit nur 43 Prozent noch nicht einmal jeder zweite CIO den Finger.

Dabei zeigen sich im Branchenvergleich erhebliche Unterschiede: Jedes fünfte Chemie-Unternehmen attestiert seiner IT eine sehr gute M&A-Kompetenz. In der Textil-/Bekleidungsbranche dagegen bescheinigt jeder zweite Entscheider gerade mal ein Ausreichend.

Doch auch außerhalb der IT steht nicht alles zum Besten. Die Analysten haben untersucht, welche Rolle der IT in den Unternehmen zugestanden wird, die Fusionen und Zukäufe überdurchschnittlich erfolgreich abwickeln. Ergebnis: Dort gilt die IT als Business Enabler. 67 Prozent dieser Firmen weisen denn auch ein ausgeprägtes Business-IT-Alignment auf. Meistens betrachten die BWLer die Informationstechnologie aber nach wie vor nur als Service Provider.

Deloitte rät, IT-Aspekte so früh wie möglich in M&A-Projekte einzubinden. Bisher allerdings lassen nur 15 Prozent der Unternehmen die IT-Integration schon bei der Entwicklung der Strategien einfließen.

Expertenrat: In der Due Dilligence-Phase mit virtuellen Datenräumen arbeiten

Unterstützung finden die Analysten beim Institute of Mergers & Acquisitions & Alliances (Manda) aus Wien. Das Institut geht einen Schritt weiter und empfiehlt während der Due Dilligence-Phase den Einsatz virtueller Datenräume. In dieser Phase wägt der potenzielle Käufer Risiko und Wert einer Transaktion ab.

Dabei sei die Informationsgewinnung in einem virtuellen Datenraum (VDR) effizienter, weil VDRs von mehreren Teams parallel und geografisch verteilt genutzt werden können. Das Manda geht daher davon aus, dass sich virtuelle Datenräume zum Standardwerkzeug bei Fusionen und Zukäufen entwickeln werden.

Motive für Mergers und Akquisitionen aus der Sicht von CIOs

Doch ob nun virtuell oder physisch - aus Sicht von Deloitte bleibt das Thema M&A auf der Tagesordnung. Der Mehrzahl der CIOs ist klar, dass dabei die Verbesserung der Wettbewerbsposition (89 Prozent) und Expansion in neue Märkte (53 Prozent) die wichtigsten Treiber sind. Kosteneffizienz steht mit 32 Prozent der Nennungen erst auf Platz vier.

Peter Ratzer, Partner CIO Advisory bei Deloitte, zieht folgendes Fazit: "Bei der IT-M&A-Etablierung empfiehlt sich eine prozessorientierte Herangehensweise in vier Schritten: Reflektion der Business-Anforderungen, IT Health Check, Entwicklung einer IT-Strategie sowie die Umsetzung von Handlungsempfehlungen."

Deloitte hat gemeinsam mit der Johannes Gutenberg-Universität Mainz 450 IT-Entscheider aus deutschen Großunternehmen für die Studie "Segel setzen - IT M&A in Deutschland" befragt.