USA diskutieren neue Gesetze

FBI kann soziale Netze nicht abhören

02.03.2011 von Grant Gross und Thomas Pelkmann
Soziale Netzwerke erfreuen sich wachsender Beliebtheit auf allen Seiten. Nur die US-amerikanischen Strafverfolger stimmen in den Jubelchor nicht ein. Das FBI etwa beklagt fehlende Abhörmöglichkeiten und fordert Unternehmen zur Mithilfe auf.

Alle freuen sich über soziale Netzwerke: Die Mitarbeiter, weil sie auch während der Arbeit mit Freunden und Verwandten kommunizieren können, das Unternehmen, weil seine Mitarbeiter nun auch direkt mit den Kunden diskutieren können. Im Iran, in Ägypten und Tunesien und demnächst anderswo in der Welt helfen Twitter, Facebook und Co. dabei, den Massenprotest der Bevölkerung in die Welt zu tragen und beschleunigen damit den längst überfälligen Sturz verhasster Diktaturen.

Die USA wollen wissen, was in sozialen Netzwerken los ist.
Foto: Stephen Finn - Fotolia.com

Tatsächlich haben aber nicht nur autoritär regierende Despoten Probleme mit dem Netz. Internet-basierte E-Mails, soziale Netze und Peer-to-Peer-Dienste machen auch den Sicherheitsbehörden in den USA ihre Horchdienste schwerer.

Zumindest beschwerte sich in diesem Sinne jüngst eine Mitarbeiterin der Bundespolizei FBI bei einer Anhörung des Repräsentantenhauses darüber, ohne aber konkrete Ideen zu liefern, wie man dieses Problem lösen könnte.

Stattdessen soll sich nun die US-Regierung darum kümmern, wie man mit web-basierten Diensten umgeht, die von der bestehenden Gesetzgebung bislang nicht erfasst werden. Der Communications Assistance for Law Enforcement Act (CALEA) von 1994 verpflichtet in den USA Telekommunikationsunternehmen, den Strafverfolgungsbehörden bei der Überwachung von Kommunikationseinrichtungen in Echtzeit behilflich zu sein. Seit 2006 gilt das Gesetz auch für Anbieter von Voice-over-IP (VoIP), nicht aber für IP-basierte Dienste insgesamt.

Die FBI-Mitarbeiterin Valerie Caproni forderte in ihrer Stellungnahme vor dem Justizausschuss des Repräsentantenhauses aber noch nicht die Ausweitung des Gesetzes. Sie wollte in ihrem Debattenbeitrag auch nicht so weit gehen, von den Anbietern den Zugang zur dort verwendeten Software durch die Hintertür zu fordern. Zunächst setzte sie stattdessen auf Anreize der Regierung für Unternehmen, für Abhörmöglichkeiten in ihren Systemen zu sorgen.

Die FBI-Vertreterin äußerte bei der Anhörung die Besorgnis ihrer Behörde, durch die relativ neuen Internet- und Kommunikationsangebote bei der Abwehr von Kriminalität und bei der Gewinnung solcher Informationen ins Hintertreffen zu geraten, deren Beschaffung zum Auftrag der Nachrichtendienste gehörten.

Gegner fordern: Kein Generalschlüssel für Regierung

Dagegen formulierte die Bürgerrechtsorganisation American Civil Liberties Union die Besorgnis, dass neue Abhörmöglichkeiten dem Internet schaden könnten. Solche Maßnahmen würden die Struktur des Netzes beeinflussen, weil sie den Regierungen einen Generalschlüssel für die Überwachung der Kommunikation in die Hand drückten.

Eine Wissenschaftlerin der Harvard Universität unterstrich die Bedenken: Mehr Rechte im Rahmen von CALEA erhöhe auch die Anfälligkeit für Angriffe auf das Internet, so Susan Landau. Die Absicht, das Gesetz auf IP-basierte Kommunikation auszuweiten, könne durchaus ein Beitrag zu mehr Sicherheit sein, gestand Landau dem FBI hehre Motive zu. Allerdings seien Abhörfunktionen in der Kommunikationsinfrastruktur zugleich ein mögliches Einfallstor für Angriffe von außen.

Zudem werde die Privatsphäre durch solche Abhörmechanismen verletzt, fürchtet die Harvard-Wissenschaftlerin: "Wenn es technisch so einfach wird, jemanden abzuhören, besteht eine große Gefahr des Missbrauchs."

Kleiner Eingriff in Privatsphäre für große Bedrohungen

Einzelne Mitglieder des Repräsentantenhauses wie der Demokrat John Conyers scheinen Verschärfungen beim CALEA nicht prinzipiell abgeneigt zu sein. "Was bedeutet schon der kleine Eingriff in die Privatsphäre verglichen mit den großen Dingen, die uns beunruhigen", meinte der Abgeordnete zur FBI-Mitarbeiterin Caproni.

Sie hatte in einem wahren Schreckensszenario vor Waffenhändlern, Kinderpornografen und Drogendealern gewarnt. Zu konkreten Beschlüssen kam es dennoch vorerst nicht. Erst "bald", heißt es in dem Bericht unserer Schwesterpublikation Computerworld, werde das FBI detaillierte Vorschläge vorlegen können.