Scheinselbständigkeit rückläufig

Freiberuflerverband fordert gezielte Bekämpfung der Scheinselbständigkeit

11.04.2017 von Susanne Köppler
Laut einer aktuellen Studie des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) gibt es weniger potenziell scheinselbständige Solo-Unternehmer. Geringqualifizierte und Berufseinsteiger gehören zu den Risikogruppen. Der Freiberuflerverband VGSD fordert daher eine gezieltere Bekämpfung der Scheinselbständigkeit.
  • Die Scheinselbständigkeit ist in Deutschland tendenziell rückläufig.
  • Eine Studie des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) identifiziert bestimmte Risikogruppen.
  • Der Freiberuflerverband VGSD fordert daher eine gezieltere Bekämpfung der Scheinselbständigkeit mit Blick auf tatsächlich schutzbedürftige Personengruppen und Branchen.

Nach gängiger Rechtsauffassung und höchstrichterlicher Rechtsprechung in Deutschland wird davon ausgegangen, dass scheinbar selbständig Erwerbstätige eigentlich abhängig Beschäftigte sind, wenn sie den Weisungen ihres Auftraggebers hinsichtlich der Art der Leistungserbringung, der zeitlichen Lage der Leistungserbringung sowie den örtlichen Vorgaben unterliegen und wenn sie ferner verpflichtet sind, mit Mitarbeitern des Auftraggebers zusammenzuarbeiten und dessen Arbeitsmittel nutzen.

In Deutschland gibt es weniger potenziell scheinselbständige Solo-Unternehmer.
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Scheinselbständigkeit kein generelles Problem

Die Studie des IAB ergab, dass der Anteil der potenziell Scheinselbständigen insgesamt abgenommen hat. Bei Nebentätigkeiten hat die Zahl je nach Kriterienmodell um 50 bis 60 Prozent abgenommen und auch bei Hauptberuflern ist der Anteil potenziell Scheinselbständiger rückläufig. Unter den Betroffenen sind jedoch Berufseinsteiger und Geringqualifizierte überrepräsentiert.

Diese Ergebnisse bestätigen die Einschätzung des Verbands der Gründer und Selbständigen Deutschland e.V. (VGSD), dass Scheinselbständigkeit für deutsche Alleinunternehmer kein generelles Problem ist. "Im Gegenteil: Die Studie identifiziert bestimmte Risikogruppen, etwa Berufseinsteiger und Langzeitarbeitslose. Auf Branchen bezogen finden sich Hinweise auf Scheinselbständigkeit schwerpunktmäßig in Sektoren wie Gastronomie, Transport und Handel", erläutert Andreas Lutz, Vorstandsvorsitzender des VGSD.

Lösungen für Problemgruppen und -branchen finden

Angesichts dieser Ergebnisse fordert der VGSD die Bundesregierung auf, die Anstrengungen zur Bekämpfung von Scheinselbständigkeit auf tatsächlich schutzbedürftige Personengruppen und gefährdete Branchen zu konzentrieren. "In der Fleischindustrie hat man das Problem durch Selbstverpflichtungen der Unternehmen gelöst", so Lutz. "Meines Erachtens sollte dieser Weg in den anderen Risikobranchen zumindest ausprobiert werden". Dadurch könnten Lösungen für Problemgruppen und -branchen gefunden, und nicht alle Selbständigen würden unter Generalverdacht gestellt werden.

Rechtsunsicherheit gefährdet gut vorsorgende Selbständige

Vor dem Hintergrund der Studie bekräftigt der VGSD seine Forderung nach klaren und für juristische Laien verständlichen Positivkriterien für die Abgrenzung zwischen tatsächlicher und scheinbarer Selbständigkeit. "Viele IT-Fachleute und andere Wissensarbeiter benötigen weder Mitarbeiter noch Geschäftsräume noch umfangreiche Betriebsmittel. Andererseits erwarten etliche Auftraggeber, dass Freelancer einem wichtigen Projekt vorübergehend 100 Prozent ihrer Arbeitszeit widmen", gibt Lutz zu bedenken.

Nach dem traditionellen Kriterienkatalog entstehe hier unter Umständen der Verdacht einer scheinselbständigen Tätigkeit. "Das verunsichert Auftraggeber - in der Folge verlieren Freelancer, die gut verdienen und vorbildlich fürs Alter vorsorgen, ihre Aufträge." Nötig sei ein Kriterienkatalog, der moderne Arbeitsbedingungen abbilde und potenzielle Gründer ermutige.