Komplexität managen

Führungskräfte entscheiden zu langsam

16.02.2010 von Christiane Pütter
Deutsche Unternehmen behindern sich selbst durch komplizierte Entscheidungsprozesse und langwierige Abläufe. Experten fordern ein neues Komplexitäts-Management.

"Komplexität ist das Kapital der ,neuen Gesellschaft’. Wer mit ihr umgehen kann, hat enorme Vorteile", behauptet Fredmund Malik. Der Professor für Betriebswirtschaftslehre an der Universität St. Gallen beschäftigt sich mit Kybernetik und Systemik und betrachtet Komplexität als "Hebel für den Manager des 21. Jahrhunderts". Wer die Regeln hinter dem scheinbaren Chaos erkenne, erziele Wachstum.

Deutsche Unternehmen scheinen mit komplexen Anforderungen aus global verflochtenen Märkten, verschiedenen Regulierungen und unklaren Zuständigkeiten jedoch vor allem überfordert zu sein. Das legt zumindest der "Managementkompass Komplexitätsmanagement" des Beraters Steria Mummert in Kooperation mit dem F.A.Z-Institut nahe.

Demnach beklagen 37 Prozent von 381 befragten Fach- und Führungskräften zu langwierige Entscheidungsprozesse. 30 Prozent erklären außerdem, umfangreiche Geschäftsprozesse sorgten für immer mehr Komplexität. 29 Prozent glauben, dass das Mitarbeiter demotiviert.

27 Prozent der Befragten sehen die Ursache steigender Komplexität darüberhinaus in unternehmenseigenen Hierarchien begründet. 25 Prozent glauben, die Mitarbeiter seien nicht kompetent genug.

Steria Mummert wollte wissen, wie es um die Bedeutung von Komplexitäts-Management steht. Dessen derzeitige Bedeutung schätzen 39 Prozent als "sehr wichtig" ein, weitere 34 Prozent als "wichtig". Knapp zwei von drei Befragten (64 Prozent) erwarten, dass der Stellenwert von Komplexitäts-Management zunimmt oder stark zunimmt. Wissenschaftler rufen denn auch bereits den neuen interdisziplinären Forschungszweig Komplexitäts-Ökonomie aus.

Derzeit behelfen sich deutsche Entscheider vor allem mit der Standardisierung von Arbeitsabläufen. Das erklären 75 Prozent der Befragten. Mit klarem Abstand folgen Maßnahmen wie Prozessorientierung im Vertrieb (63 Prozent) und der Einsatz von IT-Lösungen. Dabei betrachten die Studienautoren Standard-Software als IT-System für Komplexitäts-Management.

Geht es nach Fredmund Malik, sollten sich Unternehmer an der Natur orientieren. Die organisiere seit vier Milliarden Jahren das Funktionieren von Systemen unter allen vorstellbaren Betriebsbedingungen.