Übertreiben sollte ein schlauer Chef aber nicht

Geschenke an Mitarbeiter erhöhen die Produktivität

03.08.2007 von Alexander Galdy
Wer seine Mitarbeiter zu größerer Leistung anspornen möchte, sollte ihnen hin und wieder etwas schenken - aber nicht zuviel, sonst geht die Rechnung nicht auf. Zu diesem Schluss kommt eine Studie des Bonner Instituts zur Zukunft der Arbeit (IZA). Die Autoren erklären ihr Ergebnis mit einem sehr menschlichen Wesenszug: Wem Gutes widerfährt, der versucht sich zu bedanken - ganz nach dem Motto "Wie du mir, so ich dir."

Die Studie basiert auf einem Experiment: Ein kanadisches Unternehmen zahlte seinen Mitarbeitern einen einmaligen Bonus - und zwar unabhängig von der zuvor erbrachten Leistung. Und siehe da: Am Tag des Geldgeschenks erhöhte sich die Produktivität der Mitarbeiter um mehr als zehn Prozent. Außerdem zeigte sich: Je länger ein Mitarbeiter bei der Firma beschäftigt war, umso länger entfaltete die Gratifikation eine positive Wirkung.

Dass Menschen dazu tendieren, Geschenke zu erwidern, machen sich laut IZA beispielsweise viele Hilfsorganisationen zu Nutze: Sie legen ihren Spendenaufrufen häufig Postkarten oder andere kleine Geschenke bei. Die Kosten dafür sind meist gering, aber gut investiert: Schon bei vier mitgelieferten Postkarten kann sich das Spendenaufkommen um mehr als die Hälfte erhöhen.

Reziprokes Handeln

Das haben Wissenschaftler des IZA in einem Feldexperiment festgestellt. Ökonomen sprechen von reziprokem Handeln: Menschen erwidern freundliches oder faires Verhalten, selbst wenn das für sie mit Kosten verbunden ist.

Bisher befassen sich aber nur wenige Studien mit der Frage, ob reziprokes Verhalten auch im Arbeitsleben eine Rolle spielt. Wie reagieren Mitarbeiter, wenn der Chef ihnen unerwartet und unabhängig von der Leistung einen Bonus zahlt? Werden sie versuchen, das Geschenk zu erwidern, indem sie sich mehr ins Zeug legen? Diesen Fragen sind Charles Bellemare und Bruce Shearer von der Universität Laval im kanadischen Québec nachgegangen.

Die beiden Forschungspartner des IZA führten ihr Experiment bei einem kanadischen Aufforstungsbetrieb durch. Die Beschäftigten dort erhalten keinen Fixlohn, sondern werden nach Akkord gezahlt, also je nachdem wie viele Bäume sie pflanzen. Pro Baum gibt es 20 Cent. Bei rund 1.000 Bäumen pro Arbeiter liegt der Tageslohn also bei 200 Dollar.

Zu Beginn eines Arbeitstages kündigte der Manager der Belegschaft einen einmaligen Bonus von 80 Dollar an - die Firma wolle sie an einem lukrativen Auftrag teilhaben lassen, hieß es. Die Beschenkten pflanzten jedenfalls an diesem Tag rund zehn Prozent mehr Bäume. "Die deutliche Produktivitätssteigerung ist besonders bemerkenswert, weil ein Akkordlohn ohnehin schon einen starken Leistungsanreiz darstellt“, sagt Charles Bellemare. Der Forscher nimmt an, dass der Effekt bei einem Fixlohn wahrscheinlich noch größer wäre.

Das gute Klima bei den Pflanzern hielt an: Auch am Folgetag schafften sie mehr Bäume als sonst. Der Effekt fiel aber nur noch gering aus. Es zeigte sich aber, dass die positive Wirkung bei denen, die schon seit vielen Jahren für die Firma tätig sind, länger anhielt.

Die Wissenschaftler erklären sich das damit, dass sich diese Mitarbeiter offenbar stärker mit dem Unternehmen verbunden fühlen. Deshalb falle das reziproke Verhalten stärker aus. Dieses Ergebnis deckt sich mit den Resultaten anderer Studien, denen zufolge Geschenke an Mitarbeiter bei sehr kurzfristigen Arbeitsverhältnissen keine positive Wirkung auf die Leistung hatten.

Vorsicht: Rechnung muss aufgehen

Aber Vorsicht: Das Experiment zeigt auch, dass wirklich nur der Chef schlau ist, der seine Mitarbeiter nicht zu großzügig beschenkt. Denn im Fall des kanadischen Aufforstungsbetriebs ging der Schuss nach hinten los: Der zu hohe Bonus sorgte für ein Verlustgeschäft.

Wann ein Geschenk sinnvoll ist

Chefs sollten deshalb im Auge behalten: Aus rein ökonomischer Sicht ist ein Geschenk als Leistungsanreiz nur dann sinnvoll, wenn sich die Kosten unterhalb des zu erwartenden Produktivitätsschubs bewegen.

Für die Studie "Gift Exchange within a Firm: Evidence from a Field Experiment" beobachteten die Wissenschaftler 18 Pflanzer während eines Zeitraums von fünf Tagen bei der Arbeit.