Facebook unbeliebter

Google+ – Ein erstes Zwischenfazit

01.08.2011 von Thomas Pelkmann
Unternehmen wollen unbedingt zu Google+, doch Firmen-Accounts verzögern sich. Anonyme Nutzer fliegen raus. Doch sonst sind die Kritiken durchweg positiv.
Google+
Foto: Google

Es ist, als hätten viele sehnsüchtig drauf gewartet: Schon drei Wochen nach dem Start hat das neue soziale Netzwerk Google+ mehr als 20 Millionen Besucher. Das melden die Analysten von Comscore in ihrem Blog. Ob es damit die am schnellsten wachsende Community des Online-Zeitalters ist, bleibt aber weiter Gegenstand von Expertendiskussionen.

Am Stichtag der Erhebung, dem 19. Juli, hat Google+ 20 Millionen Besucher begrüßen können. Das entspricht einem Wachstum von satten 82 Prozent im Vergleich zur Vorwoche und aberwitzigen 531 Prozent zu zwei Wochen vorher. Es gebe sicher nur wenige andere Seiten, die solche Wachstumsraten verzeichnen könnten, schreibt Comscore. Google erreicht insgesamt eine Basis von rund einer Milliarde Besuchern, schätzen die Analysten. Logisch, dass damit ein großes Potenzial für Google+ existiert, auch wenn es sich noch immer um ein Angebot handelt, das man nur auf persönliche Einladung hin nutzen kann.

Die Verteilung der Google+-Besucherströme über die Welt.
Foto: Comscore

Interessant ist auch die regionale Verteilung der +-Freunde: Die USA halten unangefochten den Spitzenplatz mit allein 27 Prozent der Nutzer. Auf Platz 2 folgt erstaunlicherweise Indien mit 2,85 Millionen Usern und einem Anteil von rund 14 Prozent. Deutschland liegt mit gut 700.000 Benutzern auf einem guten Mittelplatz.

Oft sind US-Bürger als "frühe Vögel" Vorreiter neuer Technologien. Insofern lohnt ein genauerer Blick auf die Daten aus den USA. Zum Start von Google+ war über einen extrem hohen Anteil männlicher Anwender spekuliert worden, heißt es im Comscore-Blog. Das hat sich nun nicht bestätigt: Auf zwei Männer kommt eine Frau, verraten die aktuellen Zahlen (63 Prozent zu 37 Prozent). Sechs von zehn Nutzern (58 Prozent) sind zwischen 18 und 34 Jahren alt, wobei sich jeweils ein Drittel auf die Altersgruppen zwischen 18 und 25 und zwischen 25 und 34 Jahren verteilt.

Die Erfahrungen haben gezeigt, kommentiert Comscore die Ergebnisse seiner Erhebung, dass große Zahlen oft für den möglichen Erfolg eines Netzwerkes stünden. Je mehr Leute Netzwerke wie Google+ oder Facebook nutzen, desto nützlich erscheine es für andere, sich dort zu engagieren. Um diesen Effekt zu kultivieren, bedürfe es regelmäßige Teilnahme der Anwender.

Firmen-Accounts verzögern sich

Zumindest was die Unternehmen angeht, könnte diese Teilnahmebereitschaft schon bald kräftig steigen: Nur wenige Wochen nachdem Google einmal unverbindlich ins Netz hineingefragt hat, wie groß die Nachfrage nach Firmen-Accounts sei, muss der Konzern schon vor den "tens of thousands" kapitulieren, die ihr Interesse angemeldet haben. "Bei so viel Interesse", schreibt Google-Mitarbeiter Christian Oestlien, denke man nun bei Google intensiv darüber nach, wie man das "in den kommenden Monaten" realisieren könnte. In der Zwischenzeit bittet der Google-Manager interessierte Firmen, mit dem Einrichten von Firmen-Accounts noch zu warten. Google werde Business-Profile abschalten, die nicht auf eine real existierende Person lauteten, schreibt Oestlien in seinem Blog.

Anonyme Accounts fliegen raus

Die größte Gefahr für das junge Pflänzchen Google+ scheint nun von Google selbst zu kommen: Jüngstes Opfer, schreibt etwa die österreichische Zeitung Die Presse, ist ausgerechnet eine ehemalige Google-Mitarbeiterin. Kirrily Roberts habe sich unter ihrem Nickname "Skud" angemeldet und sei deshalb rausgeworfen worden.

Ähnlich erging es offenbar auch anderen Google+-Nutzern, was eine Diskussion um Anonymität und Pseudonymität im Netz nach sich zog. Google selbst hat sich dazu bisher nicht öffentlich geäußert. Das deutsche Telemediengesetz regelt das allerdings eindeutig.

In Paragraf 13, Absatz 6 heißt es unmissverständlich: "Der Diensteanbieter hat die Nutzung von Telemedien und ihre Bezahlung anonym oder unter Pseudonym zu ermöglichen, soweit dies technisch möglich und zumutbar ist. Der Nutzer ist über diese Möglichkeit zu informieren." Die Freunde des anonymen Surfens haben derweil angekündigt, ein eigenes Netzwerk zu gründen: Anonplus.

Facebook unbeliebt

Ungeachtet dieser Diskussionen über Google+ scheint allerdings der bisher unangefochtene Marktführer Facebook bei seinen Nutzern wesentlich unbeliebter zu sein als das Google-Netzwerk (CIO.de berichtete).

Auch bei Vergleichen zwischen Facebook und Google+ schneidet der Newcomer durchweg besser ab. So loben die Analysten zum Beispiel die Kreise von Google+, die es wesentlich leichter machten, Kontakte zu unterschiedlichen Gruppen zuzuordnen, die man mit ebenso unterschiedlichen Informationen versorgen könne. Zwar bietet auch Facebook die Möglichkeit, Informationen in unterschiedliche Kanäle zu verteilen. Allerdings ist das System mit "Alle", "Freunde von Freunden", "Nur Freunde" und "Andere" vergleichsweise schlicht und zudem starr.

Mit dem berühmten "I like"-Button hat Facebook zwar ein neues deutsches Verb geschaffen: "liken". Dennoch sehen auch hier die Analysten Google im Vorteil. Der "Plus 1"-Knopf erscheint direkt in den Ergebnissen der Google-Suche und damit sehr viel prominenter als der Zustimmungsknopf von Facebook. Allerdings gibt es bis heute nur wenige Menschen, die vom "pluseinsen" sprechen. Es steht zu befürchten, dass sich das mit dem zunehmenden Erfolg von Google+ ändern wird.

Einen eindeutigen Vorteil hat Facebook bei der wichtigen Integration in mobile Endgeräte: Für iPhone und iPad sowie für Android und andere Plattformen existieren mehrere Apps, die bei der Abfrage des Facebook-Accounts helfen. Für die hauseigene Plattform Android gibt es eine Google+-App schon, für das iPhone auch, andere sind in Arbeit. (s. Kasten: Wie Sie die iPhone-App für Google+ aufs iPad kriegen)

Chat-Funktionen bieten beide Dienste an, im Unterschied zu Facebook kann man bei Google+ aber auch gleich mit mehreren Leuten schwätzen. Allerdings sind hier keine persönlichen Nachrichten möglich. Da muss man sich mit anderen Diensten behelfen. Das Versenden individueller Nachrichten geht bei Facebook aus der Oberfläche heraus und ist damit wesentlich einfacher. Dafür funktioniert bei Google nach der Installation eines Browser-Plugins schon der Videochat über Skype. Hier hängt Facebook hinterher.

Auch bei anderen Angeboten wie Terminverwaltung, Suche nach Interessen und Gleichgesinnten oder dem Foto-Upload scheint Google+ zumindest auf Augenhöhe mit Facebook, wenn nicht gar besser zu sein.

Facebook liegt vorne - noch

Entscheidend für den Erfolg, das haben die Analysten von Comscore aber schon gut erkannt, sind indes nicht die technischen Gegebenheiten, sondern die Aktivitäten der Mitglieder. Und da liegt nach wie vor Facebook noch deutlich vorne. Noch.

So bekommen Sie die Google+-App aufs iPad

Bei Redaktionsschluss war im iTunes-Store noch keine Google+-App fürs iPad erhältlich. Die US-Seite redmondpie hat aber auf Youtube eine Anleitung veröffentlicht, wie man die iPhone-App ohne Jailbreak auch auf das iPad bekommt. Hier die Kurzzusammenfassung des etwas langatmigen Videos: Sie müssen dafür das iPhone Configuration Utility installieren, mit dem Sie von Ihrem Rechner aus iPhone und iPad administrieren können. Laden Sie danach mit Ihrem iTunes die kostenlose Google+-App für das iPhone herunter. Nach dem Download öffnen Sie das iPhone-Konfigurationsprogramm und schließen Ihr iPad an, das dann unter "Geräte" erscheint.

Klicken Sie dann auf "Ablage - Zur Bibliothek hinzufügen" und suchen Sie im Explorer nach der App "Google+ 1.0.1.ipa". Nach dem Hinzufügen taucht die Anwendung in der Liste Ihrer Apps unter dem Namen "EmSea" auf. Klicken Sie neben dem Eintrag auf "Installieren", um die App auf dem iPad einzurichten. Sie finden die App anschließend im iPad - allerdings in iPhone-Größe.