Schutz vor Spionage

Google Glass fordert IT-Security heraus

19.11.2013 von Christiane Pütter
Mit Googles Datenbrille und Samsungs Smartwatch werden IT-Chefs neue Aufgaben bekommen. Diese wearable Devices läuten die nächste Runde in der ByoD-Spirale ("Bring your own device") ein.
Noch sind Wearable Devices wie Google Glass nicht sehr weit verbreitet.
Foto: Google

Mancher mag sich bei den Bildern von Menschen, die mit Google Glass herumlaufen, wie in einem Sci-Fi-Roman vorkommen. Doch die Nutzer dieser sogenannten wearable Devices werden ihre Datenbrille oder auch ihre Smartwatch über kurz oder lang mit an den Arbeitsplatz nehmen. CIOs sollten sich damit jetzt schon auseinandersetzen, meint jedenfalls Robert Mullins von unserer US-Schwesterpublikation Networkworld.com. Unter dem Titel "Five ways IT can prepare for wearable devices at work" nennt er fünf Knackpunkte.

Mullins erachtet die technologischen Entwicklung hin zu tragbaren, intelligenten Geräte als weitere Herausforderung für CIOs, den ByoD-Trend ("Bring your own device"), wonach Mitarbeiter immer mehr eigene Gadgets mit ins Büro bringen. in den Griff zu bekommen. Wearable Devices stellen neue Anforderungen insbesondere an Sicherheit und Verwaltung.

5 Knackpunkte bei wearable Devices
Googles Datenbrille und Samsungs Smartwatch sind die prominentesten Beispiele für wearable Devices, Geräte also, die der Nutzer im wortwörtlichen Sinne am Körper trägt. Diese Entwicklung stellt CIOs vor fünf Herausforderungen, meint jedenfalls Robert Mullins von der Networkworld.com.
1. Den MDM-Anbieter überprüfen
In vielen Unternehmen ist es mittlerweile Usus, dass Mitarbeiter die eigenen Geräte nutzen. Mobile Device Management (MDM) dürfte daher gesetzt sein. Allerdings eignet sich nicht jede MDM-Software auch für die neuen wearable Devices.
2. Nicht die Geräte managen, sondern die Anwendungen
Möglicherweise geht es weniger um das Management der mobilen Geräte als um das der Anwendungen. Dafür plädiert jedenfalls Ahmed Datoo, Vice President Produkt Marketin (Xen Mobile) bei Citrix.
3. Alle Aspekte der Sicherheit bedenken
Unternehmen haben Angst vor Malware, Mitarbeiter vor Verletzung ihrer Privatsphäre. Bei wearable Devices verschärft sich dieses Problem - die Geräte werden am Körper getragen, "berühren" den Nutzer also viel stärker.
5. Das Positive sehen
Die Vorteile von wearable Devices sind nicht zu übersehen. Flugzeug-Mechaniker zum Beispiel, die an der Maschine stehen und über ihre Datenbrille Informationen abrufen können, haben die Hände zum Arbeiten frei.

Die fünf Punkte drehen sich um Folgendes:

1. Dem Anbieter von MDM (Mobile Device Management) auf den Zahn fühlen

Software für das Management mobiler Geräte verspricht, Unternehmen bei ihrer Sicherheits-Strategie zu unterstützen. IT-Chefs mögen mit ihren Lösungen für Tablets und Smartphones zufrieden sein - sie sollten aber nicht automatisch davon ausgehen, dass diese auch bei Datenbrillen und Smartwatches funktionieren. Nach Ansicht von Mullins jedenfalls tun sie das bisher noch nicht.

Google erklärt, an dem Thema zu arbeiten. Sobald das Glass Developer Kit verfügbar sei, könnten MDM-Anwender ihre Angebote auf Glass zuschneiden, sagte ein Firmensprecher gegenüber Mullins. Wann es soweit ist, blieb allerdings offen.

Bryan Taylor vom US-Marktforscher Gartner rechnet übrigens damit, dass Apple in Sachen wearable Devices nachziehen wird. Der Konzern werde sich wohl an Googles Datenbrille und der Smartwatch orientieren.

2. Anwendungen managen statt Geräte

Eine Alternative zum Mobile Device Management könnte Mobile Applications Management (MAM) sein. Das Unternehmen kümmert sich also nur um die Anwendungen, die die Mitarbeiter für ihre Arbeit brauchen. Das empfiehlt Ahmed Datoo, Vice President Produktmarketing (Xen Mobile) bei Citrix.

Datoo sieht sich selbst als bestes Beispiel für diese Vorgehensweise. Er sei begeisterter Fitness-Sportler und besitze natürlich eine Smartwatch. Diese überwacht beim Laufen seine Vital-Funktionen und schickt die Daten an sein Smartphone.

Er habe an die 100 Apps auf seinem Gerät, und lediglich zehn davon brauche er beruflich. Daher sollte das Unternehmen auch nur diese zehn Anwendungen managen, so Datoo.

3. In Sicherheitsfragen beide Seiten bedenken

Bringen Mitarbeiter eigene Geräte ins Unternehmen, herrscht auf beiden Seiten Unsicherheit. Die IT fürchtet das Einschleppen von Malware, mancher Mitarbeiter hat Angst, ausspioniert zu werden.

Bei wearable Devices verschärft sich dieses Problem erheblich, sagt Mullins. Denn diese hat man unmittelbar am Körper. Beim Smartphone legt sich mancher Nutzer immer noch zwei zu, ein dienstliches und ein rein privates. Niemand wird aber mit zwei Datenbrillen herumlaufen oder mit zwei Smartwatches.

Hier ist der Träger im wahrsten Sinne des Wortes ganz anders berührt. Dessen müssen sich CIOs bewusst sein.

Überblick über Smartwatches und Cyberbrillen
Überblick über Smartwatches und Cyberbrillen
Die bekannteste Ausführung der AR-Brillen ist das Projekt "Google Glass". Die Brille stellt Umgebungsinformationen direkt im Blickfeld des Trägers dar. Mittels Sprachsteuerung lassen sich Befehle (etwa E-Mail-Versand) ausführen. Bis Ende 2013 soll die Brille in den Handel gelangen.
Überblick über Smartwatches und Cyberbrillen
Es gibt eine Vielzahl von tragbaren Minicomputern wie etwa Smartwatches und AR-Brillen (Augmented Reality). Hier finden Sie einen Überblick über die bekanntesten wearable Devices. Einige sind bereits verfügbar, andere existieren bislang nur auf Skizzen in den Forschungslabors.
Project Google Glass
Die bekannteste Ausführung der AR-Brillen ist das Projekt "Google Glass". Die Brille stellt Umgebungsinformationen direkt im Blickfeld des Trägers dar. Mittels Sprachsteuerung lassen sich Befehle (etwa E-Mail-Versand) ausführen. Bis Ende 2013 soll die Brille in den Handel gelangen.
Microsofts Forschungspläne
Von Microsofts Plänen im Segment Augmented Reality (AR) gibt es bislang nur Skizzen. Diversen Online-Medien zufolge hat der Softwarekonzern beim US-Patentamt ein Patent für eine AR-Brille eingereicht. Während Google seinen Entwurf für den täglichen Einsatz vorsieht, beschränkt Microsoft den Gebrauch der Brille zunächst auf Live-Events, indem sie etwa Hintergrund-Informationen zu einem Baseball-Spiel einblendet.
Olympus zeigt Prototyp
Auch Olympus plant eine Datenbrille im Stil von Google Glass. Das Modell "MEG 4.0" wiegt laut Hersteller einschließlich Batterie nur 30 Gramm. Die Daten holt sich die Brille über eine Bluetooth-Verbindung vom Smartphone. Anders als beim Google-Projekt Glass ist aber keine Kamera eingebaut. Bislang gibt es nur Prototypen.
Sony reicht Patent ein
Zuletzt wurde bekannt, dass auch Sony dem Wettbewerber Google im Markt für wearable Devices nacheifert. Der japanische Konzern hat in den USA ein Patent für eine Datenbrille eingereicht. Die Besonderheit: Sonys Pläne sehen zwei Bildschirme mit einer hohen Auflösung von 1920 x 1080 Bildpunkten (Full HD) vor.
Brother projiziert auf die Netzhaut
Der japanische Elektronikkonzern Brother verfolgt wiederum einen anderen Weg. Der "AiRScouter" integriert ein so genanntes Head-mounted-Display, das die Bilder im Gegensatz zu herkömmlichen Videobrillen direkt auf die Netzhaut projiziert. Das Bild soll transparent erscheinen und die Sicht nur marginal beeinträchtigen.
Gerüchte um Apple iWatch
Von dem Hype um die Datenbrillen ließ sich Apple bis dato nicht anstecken. Hartnäckig halten sich indes die Gerichte, dass der Konzern an einer intelligenten Armbanduhr arbeitet. Seriöse Medien wie etwa die "New York Times" und das "Wall Street Journal" spekulierten bereits über die Funktionen. Bilder gibt es naturgemäß nicht, nur Dementis. Möglicherweise ähnelt die offiziell nicht bestätigte iWatch aber dem iPod Nano, der sich auch als Uhr verwenden lässt.
Ladenhüter von LG
Die Idee der intelligenten Armbanduhr ist keinesfalls neu. Bereits 2009 hat beispielsweise LG die "GD910" auf den Markt gebracht. Der Touchscreen konnte unter anderem Telefonanrufe auslösen und annehmen. Erfolgreich wurde die schlaue Uhr dennoch nicht.
Samsung stolpert und startet erneut
Auch Samsung hat sich schon in dem Geschäft versucht. Ebenfalls 2009 kam das Modell "S9110" auf den Markt. Das Gerät könnte mit Outlook synchronisieren, Musik abspielen und telefonieren. Das alles für den stolzen und abschreckenden Preis von 600 Dollar. Aktuell startet Samsung einen zweiten Anlauf in das Smartwatch-Geschäft: Entsprechende Gerüchte hat Samsung kürzlich offiziell bestätigt.
I'm Watch ist verfügbar
Die i'm Watch ist eine Smartwatch vom gleichnamigen italienischen Hersteller. Die Uhr mit Android-Betriebssystem ist mit dem Smartphone verbunden und ermöglicht am Handgelenkt Anrufe, E-Mails, Facebook, Twitter und Co. Sie kostet knapp 300 Euro. Erste Tester sind von der technischen Leistungsfähigkeit nicht sonderlich begeistert.

4. Kein blindes Vertrauen

Dieser Punkt schließt sich an den vorigen an. Führungskräfte sollen ihren Mitarbeitern schon vertrauen, findet Mullins - aber dieses Vertrauen auch auf formale Füße stellen, also klare Richtlinien in puncto Gebrauch und Missbrauch von wearable Devices aufstellen.

Denn auch hier sind Datenbrillen und Smartwatches nicht einfach die Fortsetzung von ByoD mit anderen Mitteln. Google Glass und Samsung Galaxy Gear sind mit Kameras ausgestattet. Das mag nicht jedem bewusst sein.

So haben die Kollegen der Technik-Freaks gelernt, darauf zu achten, was jemand mit seinem Smartphone tut. Dass auch die Datenbrille Bilder schießt, könnte noch nicht bekannt sein. Dramatisch wird so etwas im Umfeld von Entwicklungslaboren. Für diese und andere sensible Bereiche müssen Unternehmen Policies erlassen.

5. Keine Chance auslassen

Natürlich will Mullins nicht als Gegner von wearable Devices missverstanden werden. Und so darf ein Hinweis auf die vielen Möglichkeiten nicht fehlen, die solche Technologien bieten.

Einem Flugzeug-Mechaniker beim Arbeiten an einer Boeing 747 beispielsweise nützt es viel, wenn er in der Datenbrille das Innenleben der Maschine sieht. Gleiches gilt für den Arzt bei der Visite, der per Google Glass die Krankenakte einsieht. Beide haben die Hände frei.

Diese neuen wearable Devices werden kommen, ist Mullins überzeugt. CIOs sollten sich rechtzeitig darauf einstellen. (CIO.de/mb)