Strategien gegen den IT-Fachkräftemangel (Folge 4)

Gruner + Jahr-CIO Radtke: "Wir setzen auf Freiheit und Flexibilität"

04.11.2008 von Thomas Pelkmann
Für CIO Oliver Radtke stehen Elternzeitmodelle, eigene Betriebskindergartenplätze und Weiterbildung für zeitgemäßes Arbeiten. Und: Er setzt ganz gegen den Trend auf dem Arbeitsmarkt auf Sesshaftigkeit der Mitarbeiter.
Oliver Radtke, Geschäftsführer Operations bei G+J Deutschland in Hamburg.

CIO: Wie viele Leute sucht die IT-Abteilung Ihres Unternehmens zur Zeit?

Radtke: Derzeit läuft bei Gruner + Jahr eine Kampagne mit den Namen "Agility++"und dem Ziel 40 IT-Kräfte einzustellen, vorzugsweise in der Online-Entwicklung. Wir suchen Junioren und Senioren für die Bereiche Architektur, Qualität und Test, Entwicklung und Projektmanagement.

CIO: Ist es schwer, geeignete Kandidaten zu finden?

Radtke: Ja, das ist sehr schwer. Wir suchen im Prinzip das, was alle suchen: Web 2.0-Programmierer sowie PHP- und Java-Entwickler und Menschen, die in der Lage sind, Online-Systeme aufzubauen. Gleichzeitig ist die Zahl diplomierter Informatiker in den letzten Jahren zurück gegangen.

CIO: Wir wird sich die Personalsituation in den nächsten zwölf Monaten entwickeln?

Radtke: Ich glaube, dass sich der Markt etwas abkühlt und damit auch die Nachfrage nach Software-Entwicklungsleistungen im Online-Umfeld abnimmt. Daher werden viele Unternehmen ihre Kapazitäten herunterfahren und das wird am Markt wieder mehr Arbeitskräfte verfügbar machen.

CIO: Rekrutieren Sie ausschließlich auf dem Arbeitsmarkt oder tun Sie auch etwas für die Förderung des eigenen Nachwuchses?

Radtke: Wir sorgen auch für eigenen Nachwuchs. So sind wir zum Beispiel Kooperationspartner der privat geführten Nordakademie, wo wir uns gezielt nach Wirtschaftsinformatikern umsehen. Abgesehen davon rekrutieren wir primär über elektronische Kanäle, da wir dort unsere Zielgruppe versammelt wissen.

CIO: Was hat Gruner + Jahr potenziellen Bewerbern zu bieten?

Radtke: Wir setzen unseren Schwerpunkt ganz klar auf mehr Freiheit und flexibles Arbeiten. Gruner + Jahr ist zum Beispiel für gute Elternzeitmodelle bekannt. Wir haben eigene Betriebskindergartenplätze. Wir bieten viele soziale Leistungen und - nicht zuletzt - ein sehr spannendes, gleichzeitig sehr flexibles Tätigkeitsfeld mit tollen Medienmarken sowie hochprofessionellen Journalisten und Verlagsmanagern.
Wir setzen zudem sehr auf die fachliche Weiterbildung unserer Mitarbeiter, inklusive der Führungskräfte. Großen Wert legen wir auch auf die Softskills. Die Fähigkeit, sich in ein Team einzubinden, sich auch mal zurückzunehmen ist bei Gruner + Jahr ein sehr wichtiges Thema.

CIO: Wie wichtig ist das Geld?

Radtke: Das spielt natürlich eine Rolle, aber wir engagieren Leute nicht um jeden Preis. Wir bieten langfristige Perspektiven und setzen - ganz gegen den Trend auf dem Arbeitsmarkt - auf Sesshaftigkeit, vor allem bei den Seniorstellen. Wir haben tatsächlich Seniors auch darüber für Gruner + Jahr gewonnen, dass wir ihnen nach jahrelanger Reisetätigkeit im Consulting eine klare Perspektive in einem interessanten Umfeld geboten haben.

Bisher erschienen in der Serie "Strategien gegen den IT-Fachkräftemangel":

MAN-Nutzfahrzeuge-CIO Gottfried Egger:
"Wir suchen Leute mit Prozessverständnis"

Daimler AG:
"Es reicht nicht, jemandem einen attraktiven Einstieg zu bieten"

Adidas-CIO Gerben Otter:
„Es wird im kommenden Jahr schwieriger werden.“