Web-Controlling fehlt

Händler ignorieren Umsatz im Web

12.03.2010 von Hartmut  Wiehr
Für die meisten Händler ist es die Internet-Präsenz lediglich eine elektronische Visitenkarte, die ihre Bekanntheit steigern soll. Nur wenige verkaufen auch über das Web, wie eine Studie des ECC Handel belegt.

Die drei am meisten genutzten Anwendungsgebiete des Internets sind bei KMUs E-Mail, Informationsbeschaffung und Online-Banking. Hier haben sich gegenüber Befragungen in den Vorjahren kaum Änderungen ergeben – mit einer Ausnahme: Auch sehr kleine Unternehmen haben nun das Internet in ihre Geschäftsprozesse integriert. Dies hat eine Befragung des Kompetenzzentrums E-Commerce-Center Handel (ECC Handel), die regelmäßig im Auftrag des Bundesministeriums für Wirtschaft und Technologie (BMWi) durchgeführt wird, für das Jahr 2009 ergeben.

Während im Vorjahr etwa die Hälfte der befragten Unternehmen Produkte über das Internet verkauften, sind es nun bereits knapp zwei Drittel. Dies liegt auch an den technologischen Voraussetzungen, die in der Studie skizziert werden: „Die technologischen Entwicklungen im Bereich der anbindungsfähigen Online-Marktplätze und standardisierten Shop-Systeme erleichtern es kleineren Unternehmen, schnell und kostengünstig Produkte über das Internet anzubieten und den eigenen Kundenstamm zu vergrößern."

Laut der Studie "Elektronischer Geschäftsverkehr in Mittelstand und Handwerk" besitzen 88 Prozent der 3.300 befragten Unternehmen eine eigene Website und 8,2 Prozent planen, diese in naher Zukunft einzuführen. Primäres Ziel sei dabei nicht der Handel über das Internet, sondern die Steigerung der Bekanntheit.

Lediglich 3,3 Prozent der befragten kleinen und mittleren Unternehmen würden nicht beabsichtigen, eine eigene Website zu betreiben. Die Studie resümiert: "Eine größenspezifische Betrachtung macht jedoch schnell deutlich, dass die überraschend hohe Unternehmenspräsenz im Internet stark von der Mitarbeiterzahl abhängt. Während Unternehmen mit mehr als 50 Mitarbeitern fast immer online anzutreffen sind, verzichtet bisher noch jedes fünfte Unternehmen mit weniger als vier Beschäftigten vollständig auf einen Internetauftritt und auf die damit verbundenen Vorteile, wie zum Beispiel die kostengünstige Ansprache potenzieller Neukunden."

Mangelnde Analyse der Websites

Jedes dritte Unternehmen verfügt, so die Ergebnisse der Befragung, bereits seit mindestens zehn Jahren über einen eigenen Internet-Auftritt. Nachholbedarf bestehe allerdings beim Thema Web-Controlling. Lediglich 73 Prozent aller befragten Unternehmen führen regelmäßig eine Analyse ihrer Website durch.

Dabei habe sich gezeigt, dass nur wenige Betriebe ihre Möglichkeiten im Web-Controlling voll ausschöpfen: "Lediglich 30 Prozent kennen und nutzen alle verfügbaren Optionen, um möglichst viel über die Bedürfnisse ihrer Kunden in Erfahrung zu bringen." Damit verpassten diese Unternehmen die Chance, bestehende Prozesse zu optimieren und Marketing-Maßnahmen gezielt zu planen.

Die für die Bekanntheitssteigerung eingesetzten Online-Maßnahmen unterscheiden sich laut Studie stark zwischen den verschiedenen Unternehmensgrößen. So würden mittlere Unternehmen besonders häufig auf aufwendige Suchmasken und vertrauensbildende Maßnahmen zurückgreifen, während kleinere Unternehmen mehr multiplikative Maßnahmen des Web 2.0 wie Links, Foren oder Blogs für ihr Marketing einsetzen.

Die Mehrheit der Unternehmen habe erkannt, dass ihnen zahlreiche kostengünstige Online-Maßnahmen zur Neukundenakquisition zur Verfügung stehen, meint Aline Eckstein, Projektmanagerin bei ECC Handel: "Es ist jedoch wichtig, dass weiterhin auch die Kleinstunternehmen praxisnah darüber informiert werden, welche der zahlreichen Online-Aktivitäten sie mit ihren verfügbaren Kapazitäten umsetzen können, um ihre Ziele zu erreichen und dem zunehmenden Wettbewerbsdruck im Internet standhalten zu können."

In der aktuellen Erhebung wurde auch untersucht, wie viele Unternehmen bereits selbst ihre E-Business-Lösung durchführen. 37,9 Prozent der Teilnehmer hätten angegeben, die Pflege ihrer E-Business-Lösung vollständig oder teilweise an externe Dienstleister auszulagern. Dagegen übernähmen 62,1 Prozent der Unternehmen die Pflege selbst. Der Großteil dieser Unternehmen beschäftigt dafür einen eigenen IT-Verantwortlichen (37,2 Prozent). Knapp 30 Prozent der befragten Unternehmen hätten angegeben, noch keine E-Business-Lösung einzusetzen.

Weniger Outsourcing

Ein Vergleich zur vorherigen Studie zeigt laut ECC Handel, dass die Zahl der Unternehmen, welche die Pflege der E-Business-Lösung selbst übernehmen, deutlich gestiegen ist: Waren es im Jahr 2008 47,3 Prozent der Unternehmen, so sind es im Jahr 2009 wie angegeben bereits 62,1 Prozent. Dies entspreche einem Anstieg von über 31 Prozent. Dieser Anstieg ging größtenteils zu Lasten externer Dienstleister.

Die Befragung von ECC Handel weist eine solide Basis der teilnehmenden Firmen aus. Laut ECC wurden die Antworten von 3.262 Unternehmen in der Analyse und Auswertung berücksichtigt. Die Stichprobe umfasst Industrie-, Handels- und Dienstleistungsunternehmen sowie Handwerksbetriebe. Etwa 40 Prozent der Teilnehmer entfallen auf den Dienstleistungssektor.

Kostenloser Download der kompletten Studie über: www.ecc-handel.de